Zum Welt-Schlaganfall-Tag berichtet der Oldesloer Lothar Sternberg, wie er Symptome zu spät richtig gedeutet hat.

Bad Oldesloe. Lothar Sternberg fährt im Urlaub gerne in die Berge. Schon 19-mal war der 74-Jährige mit seiner Frau im österreichischen Serfaus. Eine dieser Reisen, die vor 14 Jahren, wird er nie vergessen. Er war wandern, machte Rast in einer Rodelhütte. "Da konnte ich plötzlich mein Bein nicht mehr richtig bewegen, und mein Arm war ganz lahm", erinnert sich der Rentner. Drei Tage später wurde bei ihm ein Schlaganfall diagnostiziert, von dem er sich bis heute nicht erholt hat.

Nur wer die Symptome kennt, kann im Notfall schnell handeln

Jedes Jahr erleiden rund 250 000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Etwa 40 Prozent der Betroffenen sterben innerhalb eines Jahres nach dem Anfall, viele bleiben pflegebedürftig. "Dabei könnten durch schnelleres Handeln viele Leben gerettet werden", sagt Liz Mohn, Präsidentin der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Darum macht die Stiftung heute am Welt-Schlaganfall-Tag auf die Krankheit und ihre Folgen aufmerksam. Vor allem sollen die Menschen für die Symptome sensibilisiert werden, um notfalls schnell handeln zu können.

"Wenn plötzlich Schlaganfall-Symptome auftreten, zögern Sie nicht und wählen Sie den Notruf 112", sagt Mohn. Die wichtigsten Symptome, das sind Seh-, Sprach- und Sprachverständnisstörungen, Lähmungserscheinungen und Taubheitsgefühl, Schwindel und starker Kopfschmerz.

Doch nicht immer sind die Anzeichen so einfach zu erkennen. Lothar Sternberg hat auf der Skihütte nicht geahnt, was da auf ihn zukommt. "Ich wusste nicht, was mir passiert", sagt Sternberg. "Meine Frau glaubte, ich hätte das Messer beim Wurstschneiden falsch gehalten, und ich dachte, ein Nerv sei eingeklemmt." Also machte sich der ehemalige Produktionshelfer keine Sorgen, beendete seinen Urlaub wie geplant am nächsten Tag, fuhr sogar noch selbst das Auto nach Hause. Es war Wochenende, und Sternberg wartete mit dem Arztbesuch bis zum Montag. Dann ging alles ganz schnell: Der Arzt überwies ihn sofort ins Krankenhaus, wo er drei Wochen liegen musste. Dann kam er in eine Reha-Klinik. Noch heute läuft er mit einem Stock, eine leichte Gehbehinderung ist geblieben.

2005 kam dann noch ein zweiter Schlaganfall hinzu. "Mir wurde plötzlich schlecht, und am nächsten Nachmittag stellte der Arzt wieder einen Schlaganfall fest", sagt der Rentner. Vom zweiten Mal habe er sich bis heute nicht wieder erholt. "Ich habe keinen Antrieb mehr, keine Lust auf irgendetwas", sagt er, "mein Motor läuft nur noch mit halber Kraft."

Die Selbsthilfegruppe ist eine lustige Truppe

"Er ist wieder zu spät zum Arzt gegangen. Je eher der Patient ins Krankenhaus kommt, desto größer sind die Chancen", sagt Karin Lippert-Krumbügel. Die 73-Jährige ist Leiterin einer Schlaganfall-Selbsthilfegruppe in Bad Oldesloe. Seit 14 Jahren treffen sich die Mitglieder jeden zweiten Dienstag im Monat um 14.30 Uhr im Alten- und Pflegeheim Forsthaus. "Wir sind eine lustige Truppe, keiner muss Berührungsangst haben", sagt Lippert-Krumbügel. Im November gehen alle gemeinsam Grünkohl essen, im Mai veranstaltet sie ein Sommerfest. Doch natürlich geht es vor allem darum, sich auszutauschen und Tipps zu neuen Therapien oder guten Ärzten zu erhalten. Katrin Lippert-Krumbügel ist selbst nicht betroffen, in die Selbsthilfegruppe ist sie "reingerutscht", wie sie sagt. Die ursprüngliche Leiterin war gegangen, ihre Schützlinge allein.

Zum Beispiel der Mann, der nach dem Tod seiner 46 Jahre alten Frau auch noch einen Schlaganfall verarbeiten musste. Oder eine junge Mutter, die bereits mit 26 vom Schicksal getroffen wurde und ihr Kleinkind nicht mehr allein wickeln konnte. "Jährlich sind sogar 200 Kinder von einem Schlaganfall betroffen", sagt die Gruppenleiterin. Sie kennt die Auswirkungen des Schlaganfalls genau und ist sich sicher: "Lieber habe ich viermal einen Herzinfarkt als einmal einen Schlaganfall, denn danach ist nichts wie vorher." Wichtig sei es aber, auf keinen Fall aufzugeben.

Auch Lothar Sternberg ist seit seinem zweiten Schlaganfall nur schwer zu motivieren, sein Sofa zu verlassen. "Wir sehen uns aber beim Grünkohlessen", sagt Lippert-Krumbügel und hilft dem 74-Jährigen auf die Beine.