Geplante Reform der Rundfunkgebühren bringt Firmen auf die Palme. Es drohen Erhöhungen von bis zu 500 Prozent

Braak/Lübeck. Mit Empörung reagieren Stormarner Handwerksbetriebe auf die geplante GEZ-Reform. Bislang müssen Firmen für jedes Fernseh- und Rundfunkgerät bezahlen, künftig haben sie pro Filiale und Mitarbeiter einen Betrag aufzuwenden. Joachim Lessau, Geschäftsführer der Großbäckerei Braaker Mühle, kann den Anstieg der Beiträge nicht nachvollziehen. Schockiert reagiert er auf das Ergebnis, das der Gebührenvergleichsrechner der Handwerkskammer ausspuckt.

Zurzeit stehen in vier seiner 19 Filialen Radios. Dafür zahlt er pro Monat 74,88 Euro an die GEZ. Nach der Reform, hat Lessau ausgerechnet, müsste er im Monat 341,62 Euro bezahlen. Denn die GEZ geht nach der Reform davon aus, dass Lessau in jeder seiner Filialen mindestens ein Radio stehen hat. Pro Gerät muss der Standardsatz von 17,98 Euro entrichtet werden. Ferner soll Lessau für jedes gewerblich angemeldete und genutzte Fahrzeug Kosten in Höhe von einem Drittel des Standardsatzes berappen, also knapp sechs Euro. Und das völlig unabhängig davon, ob ein Radio vorhanden ist oder nicht. Joachim Lessau rechnet vor: Zusätzlich zu den 341,62 Euro kämen noch die Kosten für den Hauptsitz in Braak, die mit 35,96 Euro zu Buche schlagen würden. Des Weiteren entstünden durch die zwölf gewerblichen Fahrzeuge Kosten von 71,93 Euro. Mache unterm Strich einen Betrag von 449,50 Euro im Monat statt der jetzigen 74,88 Euro. Im Jahr wären das 5394 Euro. Und das bedeute eine Steigerung von 500 Prozent um rund 4500 Euro.

Lessau ist mit seinen Sorgen nicht allein. Den Betrieben in Schleswig-Holstein droht bei Inkrafttreten der Reform eine erhebliche Zusatzbelastung. Auch die Hansebäckerei Junge in Lübeck mit ihren neun Filialen in Stormarn wäre betroffen. Pressesprecher Gerd Hofrichter: "Uns träfe eine Erhöhung eisenhart." Nachfragen bei Stormarner Firmen ergaben aber, dass viele Betriebe noch nicht einmal wissen, welche Kosten auf sie zukommen. "Die Entwürfe bedeuten für die Handwerksbetriebe erhebliche Zusatzbelastungen, in Einzelfällen bis zu 56 000 Euro jährlich", sagt Andreas Katschke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Lübeck. So hätten Bäckereifilialen auf jeden Fall zu zahlen, auch wenn es dort gar kein Radio gibt.

Das Handwerk fordert ein "mittelstandsfreundliches Konzept", mit dem Zusatzbelastungen verhindert werden sollen. Folgende Änderungen sind nach Ansicht der Kammer von Bedeutung: Erstens dürften die Betriebe nicht in einzelne Betriebsstätten zerlegt werden. Diese Forderung bezieht sich besonders auf Bäckereien, Fleischereien und Friseure, die viele Filialen besitzen. Außerdem sollen gewerbliche Fahrzeuge aus der Beitragspflicht genommen werden, da viele Betriebe aus Kostengründen auf Radios in den Fahrzeugen verzichten. Ebenso müsse die geplante Mitarbeiterstaffelung überarbeitet werden, da Betriebe mit weniger Mitarbeitern in Relation mehr Geld zu bezahlen hätten als jene mit hohen Beschäftigtenzahlen. Ein Ein-Mann-Betrieb müsste ein Drittel des Betrages zahlen, also sechs Euro. Eine Firma mit 50 Angestellten nur den vierfachen Betrag, sprich 72 Euro.

Wie groß der Bedarf an Informationen zu diesem Thema ist, zeigt die Nutzung des Gebühren-Vergleichsrechners. "Bisher haben bei den Handwerkskammern in Lübeck und Flensburg mehr als 280 Mitgliedsbetriebe von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht", sagt Udo Hansen. Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Flensburg widerspricht den Aussagen der Politik, dass durch das neue Modell keine Mehrkosten entstünden: Derzeit zahlen 283 Betriebe etwa 81 700 Euro an Rundfunkgebühren. Durch das neue Modell fielen Kosten von 250 000 Euro an. Das macht pro Betrieb durchschnittlich 450 Euro mehr aus, ein Anstieg um das zweieinhalbfache.

Grundsätzlich habe das Handwerk nichts gegen eine Veränderung der Rundfunkgebühren, heißt es unisono bei den Kammern im Norden, jedoch nicht unter diesen Konditionen.