Der Bericht der Landesregierung belegt die Zunahme des Unterrichtsausfalls. Stormarner Schulrätin ist nicht informiert.

Ahrensburg. Das Erfolgsmodell Gemeinschaftsschule hat ein Problem: Immer mehr Unterricht fällt aus. In Stormarn waren es im vergangenen Schuljahr 4,53 Prozent der Stunden. Damit liegen die Gemeinschaftsschulen im Kreis landesweit mit deutlichem Abstand an der Spitze. Und diese betrübliche Erstrangigkeit behaupten sie auch im Vergleich mit anderen Schularten in Stormarn. Auf dem zweiten Platz landen die hiesigen Gesamtschulen (3,85 Prozent Unterrichtsausfall), auf dem dritten die Gymnasien (2,74). Auch wenn man alle Schularten zusammennimmt, ist in Stormarn der Unterrichtsausfall gestiegen - vom Durchschnittswert 2,07 Prozent (Schuljahr 2008/09) auf 2,46 Prozent (09/10). Damit liegt der Kreis auf dem zweiten Platz - hinter der Landeshauptstadt Kiel (2,62 Prozent). Landesweit stieg der Unterrichtsausfall von 2,01 auf 2,13 Prozent.

Die Daten wurden jeweils im Zeitraum vom August bis April des Folgejahres erhoben. Sie stammen aus dem aktuellen Bericht der Landesregierung zur Unterrichtssituation im Schuljahr 2009/10. In Stormarn sind sie auf Überraschung gestoßen. Selbst die zuständige Schulrätin Katrin Thomas wusste noch nichts von dem deutlichen Anstieg bei den Gemeinschaftsschulen. Die Schulleiter melden ihre Zahlen über ein Online-Datensystem ans Ministerium. Die Schulrätin kann darauf nicht zugreifen. Eine Erklärung für den Zuwachs - im Schuljahr 2008/09 betrug der Ausfall an Gemeinschaftsschulen nur 3,1 Prozent - fiel ihr deshalb naturgemäß schwer. "Vermutlich haben die kurzfristigen Erkrankungen von Lehrern zugenommen", sagt sie. "Die Schulen müssen dann selbst dafür sorgen, dass sich der Unterrichtsausfall in Grenzen hält. Dazu sollte es einen Vertretungsplan an jeder Schule geben."

Schulen haben Probleme, Ersatzlehrer zu bekommen

Nur bei längerer Krankheit, also ab der dritten oder vierten Krankheitswoche, könne ein Ersatzlehrer beantragt werden, der aus einem Vertretungsfonds des Landes bezahlt werde. Dennoch sei es nicht immer einfach, einen solchen Lehrer zu bekommen - zum Beispiel bei gewissen Fächerkombinationen. "Wir sind jetzt zum Beispiel gerade dabei, einen studierten Chemiker aus Rumänien fit für den Vertretungsunterricht zu machen, weil wir sonst niemanden für dieses Fach finden", sagt Thomas.

Unterrichtsausfall könne auch eine Folge der Tatsache sein, dass es immer schwerer werde, Lehrer zu finden. "Wer in der Metropolregion Hamburg lebt und eine Lehrerstelle sucht, bewirbt sich auch in Hamburg. Und wenn Hamburg einen Monat früher als Schleswig-Holstein einstellt, dann nimmt der Bewerber die erste Zusage an. Das ist dann die aus Hamburg - und wir haben das Nachsehen." Thomas will nun zusammen mit den Schulleitern analysieren, welche Ursachen der hohe Stundenausfall an Gemeinschaftsschulen hat - und was man dagegen tun kann.

Hedda Bluschke (FDP), die Vorsitzende des Kreisschulausschusses, übte Kritik an der ihrer Ansicht nach mangelnden Fähigkeit der Schulverwaltung, auf zunehmende Unterrichtsausfälle rasch zu reagieren. "Das ist ein Unding", sagte sie. "Wir führen Statistiken, aber es gelingt uns nicht, die notwendigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen." Es sei schon "beklagenswert", dass die zuständige Schulrätin erst aus der Zeitung erfahre, dass in den Gemeinschaftsschule etwas schieflaufe. "Die Kommunikation ist nicht so, wie sie sein soll."

Und wie reagiert das Bildungsministerium auf die Zahlen? "Eine wesentliche Folge ist, dass der Vertretungsfonds stabil bleibt, obwohl die Zahl der Schüler sinkt", sagt der Pressesprecher Thomas Schunck. In diesem Schuljahr gibt es gut 7000 Schüler weniger als im Jahr zuvor. 303 852 Schüler sind es derzeit. 2019/20 sollen es nur noch rund 259 000 sein.

Gemeinschaftsschulen sind noch in der Aufbauphase

Die neuen Gemeinschaftsschulen - in Stormarn gibt es derzeit 14 - sind mitten in der Aufbauphase. Sie speisen sich aus zwei Quellen: ehemalige Haupt- und Realschulen sowie Gesamtschulen. Viele von ihnen sind erst seit diesem Schuljahr Gemeinschaftsschule. Im Schuljahr 2009/10, für das nun die Zahlen vorgelegt wurden, gab es in Stormarn acht solcher Schulen. Die ersten gingen ein Jahr zuvor an den Start, zum Beispiel die Haupt- und Realschule am Heimgartenzentrum in Ahrensburg. Seitdem trat diese neue Schulform, die das längere gemeinsame Lernen ermöglicht, einen Siegeszug an. Der Konkurrent, die Regionalschule, wurde von den Eltern verschmäht. In Stormarn ist nicht eine Regionalschule entstanden. Landesweit sind es 52 - bei 94 Gemeinschaftsschulen. Im Nachbarkreis Herzogtum Lauenburg gibt es zwei Regionalschulen, im Kreis Segeberg vier, im Kreis Pinneberg fünf.