Verteidigung zieht den Todesraser-Prozess mit einer Flut von Anträgen in die Länge

Lübeck/Reinfeld. Der Prozess gegen Todesraser Martin L. wird für die Angehörigen des Opfers immer mehr zur Nervenbelastung. Am dritten Verhandlungstag vor dem Landgericht Lübeck mussten die verwaiste Mutter Claudia Mihm und der verwitwete Ehemann Cheikh Sene mit ansehen, wie die Verteidigung mit einem Befangenheitsantrag nach dem anderen den Prozess immer weiter in die Länge zog. Claudia Mihm: "Das ist eine Zumutung für uns."

Ihre Tochter Kira musste sterben, weil Martin L. am frühen Morgen des 14. November 2009 betrunken und ohne Führerschein mit seinem 7er-BMW auf der Autobahn 1 bei Reinfeld über die Leitplanke der Autobahn geschleudert und frontal in den Ford Ka der 22-Jährigen gerast war.

Claudia Mihm hatte gehofft, selbst aussagen zu dürfen, um etwas zum Leid zu sagen, dass Martin L. ihrer Familie angetan hat. Doch der Antrag wurde abgelehnt. "Der Tod ist die schwerste Folge, die eine Straftat haben kann", sagte die Richterin, "eine Aussage über die Auswirkungen auf die Angehörigen würde auf die Strafbemessung keine Einwirkung haben."

Die Verteidigung hatte zunächst einen Antrag auf Befangenheit der Richter und anschließend auf Befangenheit eines Gutachters gestellt. Der hatte Martin L. für voll schuldfähig erklärt.

Aber auch das Verhalten des Angeklagten macht den Prozess für die Angehörigen immer unerträglicher. Im Gerichtssaal wirkt er apathisch, draußen sehr selbstbewusst. Als er sich in der Cafeteria direkt an den Nebentisch der Angehörigen der Verstorbenen setzte, wurde Claudia Mihm von Weinkrämpfen geschüttelt. "Warum macht er das?", fragt sie immer wieder. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.