Oldesloes Bürgermeister zieht Absage der Ehrung für Nazi-Opfer Hans Wöltje zurück

Bad Oldesloe. Der Gedenkstein für das Oldesloer Nazi-Opfer Hans Wöltje könnte nun doch am 28. September in das Trottoir vor dem Haus Hindenburgstraße 49 gesetzt werden. Der stellvertretende Bürgermeister Horst Möller, zugleich der Fraktionsvorsitzende der CDU, hat nach den Presseberichten der vergangenen Woche einen Rückzieher gemacht. Ursprünglich hatte er die Veranstaltung mit dem Künstler Gunter Demnig absagen wollen. Grund: Die städtischen Gremien sollten sich zunächst mit der geplanten Ehrung für Wöltje befassen. Diese seien vom Bürgermeister Tassilo von Bary übergangen worden. Das sei bei einem Vorhaben mit "Außenwirkung" (so Möller) nicht statthaft.

Mit der Absage des Septembertermins wollte der stellvertretende Bürgermeister Zeit für die Beratung im Sozialausschuss - dort war in der vergangenen Woche das Verhalten der Verwaltung moniert worden - und in der Stadtverordnetenversammlung im Oktober gewinnen. Nun hat er sich für einen anderen Zeitplan entschieden. "Die Kuh ist vom Eis", sagte er. Der Hauptausschuss wird sich schon am 20. September mit dem Thema beschäftigen, danach wird in der Stadtverordnetenversammlung am 27. September entschieden. Eine Zustimmung vorausgesetzt, könnte am Tag darauf der Gedenkstein ins Trottoir gesetzt werden.

Hagen von Massenbach, der SPD-Fraktionsvorsitzende, begrüßte die Entscheidung des amtierenden Bürgermeisters. "Es ist aber betrüblich, dass es dazu erst diesen Druck der Berichterstattung hat geben müssen", sagte er.

Hans Wöltje wurde 1897 in Santos (Brasilien) geboren. Sein Vater, ein Kaffeeexporteur, war dort deutscher Konsul. Die Mutter zog, weil ihre vier Kinder eine gute Schulbildung bekommen sollten, nach Bad Oldesloe. Hans Wöltje nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Danach arbeitete er in Bad Oldesloe für Landwirtschaftskammer. 1924 wurde er Mitglied der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung, die 1931 in Zeugen Jehovas umbenannt wurde. 1933 wurde sie verboten. Im selben Jahr verlor Wöltje seine Arbeit bei der Kammer. 1935 wurde er zu zwei Monaten Haft verurteilt, 1938 zu zwei Jahren Haft. Anschließend kam er nicht frei, sondern wurde erst ins KZ Sachsenhausen, dann ins KZ Dachau gebracht, wo er 1942 starb. Die Verurteilungen erfolgten wegen seines Engagements bei den Internationalen Bibelforschern.

Das Verbot dieser Gruppierung begründete das Schleswig-Holsteinische Sondergericht unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Jüngst im ersten Urteil gegen Hans Wöltje vom 11. November 1935 so: "Die Religionsfreiheit ist im Artikel 137 selbstverständlich nur innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze gewährleistet. Gelangt die Staatsführung, wie das hier der Fall ist, zu der Feststellung, dass eine Religionsgemeinschaft oder eine religiöse Vereinigung sich in ihrer Betätigung nicht innerhalb dieser Schranken hält und etwa in Folge ihrer Vereinigungs-Verfassung vom Kommunismus missbraucht werden kann, so legt der Artikel 137 ihr keine Beschränkungen auf."