Unser Dorf: Stormarn-Ausgabe des Abendblattes auf Sommertour. In Grabau lautet das Motto der Menschen: “Wir machen das klar.“

Grabau. Schlossgeister, Western-Hochzeiten, eine Dorfrallye mit rohen Eiern und ein Motto, das da lautet: "Wir machen das klar". Das gibt es in dem 770-Seelen-Dorf Grabau.

"Wir sind wohl das aktivste, kreativste und spontanste Dorf in ganz Stormarn", sagt Georg Knop. "Beispielsweise waren irgendwann mal Graubauer in Süddeutschland im Urlaub. Dort ist es üblich, einen Maibaum aufzustellen. Da dachten wir uns, warum machen wir das nicht auch bei uns im Dorf?" Seitdem wird also jährlich der Maibaum aufgestellt.

Knop fällt noch so ein Beispiel ein. "Frührer fuhren wir immer zum Adventssingen nach Bad Oldesloe in die Peter-Paul-Kirche. Irgendwann dachten wir uns, warum stellen wir nicht im Dorf eine große geschmückte Tanne auf und singen dort?" Er selbst singt im Grabauer Männerchor.

Auch Michael Friedrich, Vorsitzender des TSV Grabau weiß, dass es im Dorf nie langweilig wird. Vor rund 60 Jahren ist der Turn- und Sportverein gegründet worden, der heute rund 500 Mitglieder hat. Damals gab es lediglich eine Fußballmannschaft. Inzwischen werden auch Tischtennis, Skat, Aerobic und viele weitere Aktivitäten angeboten. "Vor einigen Monaten sprachen mich Frauen an, dass sie sich einen Yoga-Kursus wünschen", sagt Friedrich. "Ich musste mich erst schlau machen, was das ist." Doch getreu der Dorfdevise "Wir machen das klar" organisierte er schließlich eine Yoga-Lehrerin.

Die Grabauer lieben diese Spontaneität. So ähnlich ist auch vor zehn Jahren der Grabauer Jugendklub "Grajukl" entstanden. "Wir wollten den Kindern ein buntes Freizeitprogramm bieten", sagt Kirsten Pingel-Moßner. Mehrere Eltern setzten sich zusammen und schmiedeten ein abwechslungsreiches Programm. Bis heute kommen die Aktionen des "Grajukl" bei den 120 Kindern - 60 davon im Vorschulalter - gut an. "Mir macht der Waldtag immer besonders viel Spaß", sagt der elf Jahre alte Oliver. Für die zehnjährige Ronja ist das Wühlen nach Käfern in der Erde nichts. Sie liebt die Bastelstunden im Mehrzweckhaus des Dorfes. "Zu Ostern Eier bemalen macht am meisten Spaß", sagt die Schülerin. Tim, 11, schwärmt indes von den Übernachtungen in der Mehrzweckhalle des Dorfes: "Wir erzählen uns dort abends Geschichten, und morgens frühstücken wir alle zusammen."

Ob Papierfliegerwettbewerb, Kinotag im Mehrzweckhaus oder Ausflüge nach Süsel zum Wasserski-Fahren: Den Kindern und Jugendlichen wird in Grabau nie langweilig. Der Höhepunkt ist die jährliche Dorfrallye des "Grajukl", an der sich alle Grabauer beteiligen können. "Die Teilnehmer müssen sich sportlich beteiligen und auch geschichtliches Wissen über das Dorf mitbringen. Und damit es nicht langweilig wird, lassen sich die Initiatoren auch immer etwas Neues einfallen. Bei der letzten Rallye hat jede Gruppe zu Beginn ein rohes Ei bekommen. Am Ziel musste es gekocht sein", sagt Gertrud Griese, 48.

Bei historischen Fragen über das Dorf, beispielsweise über die Grabhügel am Orteingang, sind die Rallye-Teilnehmer bei Doris Moßner an der richtigen Adresse. Die 70-Jährige gehört zu den Verfassern der Grabauer Chronik und kennt sich mit der Geschichte des Dorfes bestens aus. Aber auch über das aktuelle Geschehen im Dorf ist die Rentnerin bestens informiert. Sie schreibt seit 30 Jahren die Dorfzeitung, die zweimal im Jahr erscheint und eine Auflage von 400 Exemplaren hat. "Mit unserer aktuellen 60. Ausgabe feiern wir jetzt ein Jubiläum", sagt Moßner und hält stolz das 18-seitige DIN-A-5-Heft in der Hand. "Angefangen hat alles damit, dass wir einen Veranstaltungskalender brauchten."

Wie Honig entsteht, kann ihr Mann Eckhard Moßner den Rallye-Teilnehmern zeigen. Im Garten des pensionierten Lehrers leben zwölf Bienenvölker. "Ich habe die Bienenzucht im Alter von 15 Jahren von meinem Großvater übernommen", sagt der 72-Jährige. Jährlich produzieren die Bienen in seinem Garten Honig, der rund 1200 Gläser füllt.

Was die wichtigste Zutat ist, um Brot zu backen, erfahren die Kinder vom Bürgermeister und Landwirt Hans-Joachim Wendt. Der baut außer Raps und Gerste auf seinem 150 Hektar großen Land auch Weizen an. Derzeit ist Ernte, und der 56-Jährige ist mit seinem Mähdrescher fast täglich von 12 bis 23 Uhr auf dem Feld.

In Grabau gibt es sogar Cowboys. "Ich bin ein absoluter Western-Fan", sagt Birgit Falk, die am 11. September auf der Ramm-Range ihre Hochzeit feiern möchte. "Es soll eine typische Westernhochzeit in Cowboy-Kluft sein. Mit Pferden und Cowboy-Musik."

Das Wahrzeichen von Grabau, das 102 Jahre alte Herrenhaus, liegt seit Jahren in einem Dornröschenschlaf. Dort verirrt sich auch kein Kind auf seiner Rallyeroute hin, denn der Zutritt ist den Dorfbewohnern untersagt. "Es ist so schade, was mit unserem Schloss passiert", sagt Georg Knop, der sich noch an die Zeit erinnern kann, als in dem Herrenhaus Feste gefeiert wurden und die Grabauer sich dort zum Tanzen trafen. Doch seitdem das Haus im Jahre 1984 an einen Hamburger aus dem Rotlichtmilieu verkauft worden sei, habe der Verfall begonnen, erzählen die Dorfbewohner. 1997 starb der Mann bei einem Unfall. Das Herrenhaus wurde versteigert. Für umgerechnet 715 000 Euro erwarb es ein Iraker, der in Hamburg lebt. Ein alter Mann in weißem Anzug, mit einer dicken Goldkette, großen Ohrringen und Ringen aus dem Edelmetall bewacht das Schloss, das hinter Stacheldrahtzaun steht, seitdem. "Wir kennen ihn nicht, nennen ihn unser Schlossgespenst", sagen die Grabauer.

Georg Knop hingegen gehört zu den wenigen, die noch mal hinter die Fassade blicken konnten. "Im vergangnem Jahr wurde dort ein Horror-Film gedreht. Ich war Komparse", sagt er. Das hat er mal eben klar gemacht.