Neu aufgelegt: Die Landesverfassung auf Plattdeutsch ist in vielen Punkten klarer als das Original

Ahrensburg. Die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein zählt nicht gerade zu den Werken, die man im Urlaub verschlingt. Das ist bedauerlich, liegt aber vermutlich daran, dass die Verfasser der Verfassung den Begriff der "Spannung" nicht kannten. Ergebnis sind Sätze wie dieser: "Rechtsverordnungen werden von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und, vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelungen, im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet."

Das reizt nun nicht gerade zum Weiterlesen. Aber es gibt ja eine Alternative - die plattdeutsche Version. Dort heißt derselbe Satz so: "Rechtsverordnungen warrt vun de Steed, de se rutgifft, fardigmaakt un in dat Gesetz- un Verordnungsblatt bekanntgeven, wenn dat nich dörch Gesetz anners regelt is." Weil das so schön "anners" klingt, legt man die gerade neu aufgelegte "Verfaten vun dat Land Sleswig-Holsteen" nicht so schnell wieder aus den Händen. Sondern liest und findet lauter gelungene Sätze. Zum Beispiel diesen: "Dat Land sorgt dorför, dat no de Gesetzen arbeidt warrt." Wie viel unklarer und schwammiger ist dagegen die hochdeutsche Variante: "Das Land sichert durch seine Aufsicht die Durchführung der Gesetze."

Das Plattdeutsche lässt sich auch mehr Zeit für Erklärungen. So heißt der Verfassungsartikel 48 nicht einfach "Abgabenhoheit", was im Zweifel auch die Anrede für einen zweitklassigen Prinzen sein könnte, sondern "Dat Recht vun de Kommunen, Afgaven intotrecken". Da ist schnörkellos benannt, worum es geht: ums Abkassieren nämlich. Und im Artikel 31 wird der "Öffentliche Dienst" ebenso erhellend zu den "Lüüd, de bi dat Land instellt sünd".

Was zum Teufel ist eine "Richtlinienkompetenz"? Klare Sache, sagt der Plattdeutsche: "De Ministerpräsidentin oder Ministerpräsident hett dat Seggen över de Richtsnoor vun de Politik un steiht dor ok för in." Unklare Sache, sagt der Hochdeutsche: "Die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Regierungspolitik und trägt dafür die Verantwortung."

Wer nach der Lektüre der "Verfaten" auf den Geschmack gekommen ist und noch mehr Politik auf Platt "vertellt" bekommen will, der wird bei der Kieler Landtagsverwaltung fündig. Eine kleine Broschüre über den "Landdag" beschreibt unter anderem anschaulich, wie wichtig die "Oppositschoon" und deren Chef ist. "De Vörsitter vun de gröttste Oppositschoonsfrakschoon is Oppositschoonsföhrer in den Landdag. De Geschäftsornen vun dat Parlament gifft em de Mööglichkeit, gliek na en Reed vun den Ministerpräsidenten dat Woort to nehmen." Eines gilt es dabei zu bedenken: "Kloor, de Oppositschoonsföhrer snackt nich för de ganze Oppositschoon, man eben för de starkste Grupp. Dorüm dörvt na em de Vörsitters vun de annern Frakschonen snacken."

Fazit: Die Opposition zum Hochdeutschen lohnt sich - und sie kostet nichts. Die plattdeutschen Broschüren können ebenso wie alle anderen Informationsmaterialien bei der Landtagsverwaltung bestellt werden - unter folgender Adresse: Sleswig-Holsteensche Landdag, Postfach 7121, 24171 Kiel, Telefon 0431/988-1163.