Mitarbeiterinnen der Einrichtung für Gewaltopfer in Ahrensburg fürchten wegen des Sparprogramms um ihre Jobs

Ahrensburg. Das Frauenhaus Stormarn steht nach 14 Jahren vor dem Aus. Denn die Sparpläne der schwarz-gelben Landesregierung sehen vor, die Gelder für die 16 Frauenhäuser in Schleswig-Holstein in den kommenden Jahren um rund 500 000 Euro zu kürzen. Die Mitarbeiter des einzigen Frauenhauses im Kreis Stormarn in Ahrensburg befürchten nun, diesen Kürzungen zum Opfer zu fallen. Bisher werden die Frauenhäuser im Land über das Finanzausgleichsgesetz (FAG) mit 4,1 Millionen Euro jährlich finanziert, das Frauenhaus Stormarn bekommt jedes Jahr 154 000 Euro.

"Es ist noch nicht klar, wo oder wem das Geld weggenommen wird. Aber das Kieler Ministerium sagt, kleine Frauenhäuser seien unrentabel", sagt Claudia Rattmann, Mitarbeiterin im Ahrensburger Frauenhaus. Denn bei kleineren Häusern mit einer geringeren Platzzahl sind die Fixkosten wie Versicherungen oder Telefon prozentual höher.

Das trifft auch auf das Stormarner Frauenhaus zu: Dort gibt es lediglich zwölf Plätze. Damit ist es neben dem in Schwarzenbek im Nachbarkreis Herzogtum Lauenburg landesweit das kleinste.

Zurzeit fällt in Stormarn auf je 18 924 Einwohner ein Frauenhaus-Platz. Schlechter versorgt sind in Schleswig-Holstein nur noch die Kreise Schleswig-Flensburg und Nordfriesland, in denen es überhaupt kein Frauenhaus gibt. Wenn die Landesregierung an ihren Sparplänen festhält, droht dieser Zustand demnächst möglicherweise auch dem Kreis Stormarn. Rattmann: "Dabei ist es wichtig, Frauenhäuser flächendeckend im Land zu haben."

Vor allem, da der Bedarf in Stormarn sehr hoch sei. "Wir sind seit Jahren sehr gut belegt", sagt Frauenhaus-Mitarbeiterin Vira Sprotte, "aufgrund der Nachfrage könnten wir sogar gut 15 Plätze gebrauchen. Genug Platz dafür hätten wir auch." Im vergangenen Jahr kamen 35 Frauen mit insgesamt 37 Kindern zu ihnen. Die Belegung lag bei 94 Prozent, 2008 sogar bei knapp 97 Prozent. Bereits, wenn ein Frauenhaus zu 75 Prozent belegt ist, gilt es als ausgelastet, weil für Notfälle Plätze freigehalten werden müssen.

"Es passiert sehr, sehr häufig, dass wir Frauen weitervermitteln oder sogar abweisen müssen. Allein während unserer Bürozeiten mussten wir im vergangenen Jahr 62 Frauen ablehnen, weil wir voll waren", sagt Claudia Rattmann. Nicht erfasst seien bei dieser Statistik all diejenigen Frauen, die außerhalb der Bürozeiten von den Bewohnerinnen nicht aufgenommen worden sind - genauso wie die dazugehörigen Kinder. "Es kann nicht sein, dass ein Haus, das so gut belegt ist, geschlossen wird", sagt Vira Sprotte. Zudem hätten kleinere Frauenhäuser Vorteile gegenüber den großen. Sprotte: "Sie sind nicht so anonym. Wir haben hier eine familiäre Atmosphäre."

Aber nicht nur die Größe des Frauenhauses sei der Landesregierung ein Dorn im Auge, sondern auch die Nähe zur Hansestadt Hamburg. "Das Ministerium glaubt, dass viele Frauen aus der Hansestadt in die hamburgnahen Frauenhäuser kommen", sagt Sprotte, "aber das stimmt nicht. Bei uns sind hauptsächlich Frauen aus Stormarn." Das belegt auch die Statistik. Im vergangenen Jahr kamen 18 der 35 Schutz suchenden Frauen aus dem Kreis Stormarn. Aus Hamburg fanden jedoch nur sieben Frauen Zuflucht.

Selbst wenn die Landesregierung dem Frauenhaus Stormarn nur einen Teil der Zuwendungen streichen würde, würde es schwierig werden, das Haus weiter zu betreiben. Rattmann: "Die Zuwendungen, die wir bekommen, sind seit 2006 unverändert. Seitdem gab es aber eine Mehrwertsteuer-Erhöhung um drei Prozent, eine Tarifumstellung, eine Erhöhung der Versicherungssteuer und stark gestiegene Energiekosten."

Dadurch habe sich der finanzielle Spielraum für Ausgaben wie Neuanschaffungen und Renovierungsarbeiten schon jetzt auf null reduziert. "Wenn es zu Kürzungen käme, könnten wir die Leistungen nicht mehr in der Form anbieten wie bisher. Wir müssten dann zum Beispiel beim Personal sparen", sagt Vira Sprotte. Zurzeit arbeiten beim Frauenhaus Stormarn drei Sozialpädagogen. Sie teilen sich zwei Stellen.

"Die Frauen kommen zu uns, weil sie von ihrem Partner bedroht werden, mit körperlicher oder psychischer Gewalt", sagt sie. "Sie fühlen sich in ihrer eigenen Wohnung nicht mehr sicher."

Auch von dem Vorschlag aus Kiel, die Frauenhäuser in Schwarzenbek und Ahrensburg zusammen zu legen, hält Vira Sprotte nichts.

"Das ist eine haarsträubende Idee", so die Diplom-Sozialpädagogin, "das Frauenhaus wird hier in Stormarn gebraucht." Durch ein kombiniertes Frauenhaus würden die Wege zudem wesentlich länger werden. Sprotte: "Die Frauen haben sowieso schon Angst, zu uns zu kommen. Wenn das Frauenhaus dann auch noch in einem anderen Kreis liegt, wird die Hemmschwelle noch größer."

Um auf die Bedrohung ihres Frauenhauses aufmerksam zu machen, haben die Mitarbeiterinnen für Dienstag, 7. September, ein Solidaritätskonzert im Marstall in Ahrensburg geplant. Dazu wollen sie auch Politiker einladen. Claudia Rattmann: "Wir wollen erreichen, dass sie sich in Kiel dafür einsetzen, dass das Stormarner Frauenhaus bestehen bleibt."