Oststeinbeker Thomas Wiedl und sein Freund Günter Sager radelten aus Dankbarkeit für ihr Leben zum Petersplatz

Oststeinbek. Thomas Wiedl, 65, und Günter Sager, 66, sind an ihre Grenzen gegangen. Sie hatten sich gemeinsam vorgenommen, von Hamburg bis nach Rom mit dem Rad zu fahren. Und sie haben es geschafft: nach 2420 Kilometern in 32 Tagen. Für beide war es eine Pilgerfahrt, um Danke zu sagen für Gesundheit, Familienglück und ein erfülltes Berufsleben.

Die beiden Männer kennen sich schon lange aus der gemeinsamen Zeit in Hamburg. Dann zogen sie weg - Wiedl nach Oststeinbek, Sager nach Pinneberg. Den Kontakt hielten sie aufrecht, und jetzt, im Ruhestand, sind sie noch enger zusammengewachsen.

Sie ahnten nicht, was auf sie zukommen sollte

Ein halbes Jahr lang plante Wiedl, ehemaliger Leiter fürs Einwohnerwesen im Bezirksamt Hamburg-Mitte. Er kaufte Karten und Bücher und versuchte, die Route mit einem Navigationsgerät vorzuempfinden. Aber das Gerät erwies sich als unzulänglich. Stattdessen entschied sich Wiedl kurz vor der Fahrt für ein Mobiltelefon, das ihnen die Wege vorausberechnete.

"Was tatsächlich auf uns zukommt, haben wir am Anfang nicht geahnt", gesteht Thomas Wiedl. Er ist der trainiertere Radfahrer des Duos, hatte im Bezirksamt eine Radsportgruppe aufgebaut, die elf Jahre bei den Cyclassics mitmischte. Er hat schon den Kilimandscharo bestiegen und Trekking-Touren im Himalaja und in den Anden bewältigt.

Günter Sager, der bis vor zwei Jahren fürs Vollstreckungswesen der AOK tätig gewesen war, ist mit seiner Frau Christiane ebenfalls gern auf dem Rad unterwegs. Sein Belastungstest ein Jahr vorher scheiterte, weil er eine Regel für Radfahrer missachtete: Der Po muss immer gut mit Fettcreme geschmiert sein. Das hatte der Pinneberger versäumt, und so wurde aus der sechswöchigen Schweden-Rundreise nur ein Trip zu Freunden in Uddevalla bei Göteborg.

Auf der Pilgertour passierte dieser Fehler natürlich nicht. Auch von Pannen blieb das Duo verschont. "Wir hatten in Rom noch 100 Prozent Hamburger Luft in den Reifen", sagt Wiedl.

Um nach Rom zu kommen, mussten sie Hunderte von Kilometern Höhe überwinden. "Eigentlich dachten wir, dass die Alpen der schwierigste Teil unserer Reise sein würden", sagt Günter Sager. Doch schon im Hessischen Bergland spürten die Freunde, dass sich Radwegeplaner wenig um sanft ansteigende Höhen kümmern. Steigungen um die 20 Prozent mussten sie überwinden.

"Erst zählst du die Kilometer, die du zurücklegst, dann rechnest du in 100-Meter-Schritten, dann zählst du jeden Meter ab", schildert der Pinneberg, was auf den Steigungen im Kopf passierte. "Du hast dich immer wieder super hochgetankt", lobt sein Stormarner Freund Thomas.

Sie haben unterwegs gelernt, nichts zu unterschätzen

Bei den Steigungen fuhr jeder sein eigenes Tempo. Oben angekommen, ging es wieder gemeinsam weiter. Und wenn beide in der Unterkunft geduscht hatten, waren die Strapazen "wie weggewaschen", wie Günter Sager grinsend sagt. Ruhetage gönnten sich die Rom-Fahrer kaum. "Ich habe immer wieder gesagt, dass sie doch viel zu schnell sind und sich ein paar Tage Auszeit gönnen sollten", erinnert sich Christiane Sager.

"Jeden Kilometer, den du runterfährst, bist du dem Ziel näher und hast ihn hinter dir", schildert Günter Sager die Devise der Radwanderer. Irgendwie und irgendwann nahm sich das Duo aber doch Pausen: zum Fotografieren, zum Filmen und für den Blick in die Weite, ins Tal. Sie fuhren durch blühende Olivenhaine, an leuchtenden Mohnfeldern und Kornblumen vorbei. Der Lavendel begleitete die Pilger durch die duftende Toskana.

"Ich möchte keine Sekunde missen", sagt Thomas Wiedl. Und Günter Sager nickt. Dann klatschen sich die beiden wieder ab, und ihre Augen leuchten, wenn sie ihren Frauen und Freunden berichten.

Eines haben sie auf der Strecke gelernt: Nichts zu unterschätzen. Die Apenninen in Italien wurden nach dem Hessischen Bergland die zweite große Herausforderung. Aber die Radler bestanden die persönliche Prüfung, lebten von guten Tipps anderer Radler und Einheimischer - bis zum Ziel. "Das war schon ein komisches Gefühl, als wir auf dem Petersplatz standen", sagt Wiedl.

Gemeinsam genossen die Freunde ein paar Tage Rom - erfüllt mit Erlebnissen, die ein Buch füllen könnten. Thomas Wiedl: "Erst mal ergänze ich das Tagebuch, dann sehen wir weiter."