Künstlerischer Leiter des Hauses am Schüberg stellt den neuen Skulpturenpark vor, in dem nun auch zwei Stelen des Rostockers Jan Jastram stehen

Ammersbek. Monatelang hat Axel Richter mit einem Gärtnertrupp gebuddelt, geschleppt und gesät. Nun ist es geschafft. Das 20 000 Quadratmeter große Außengelände am Ammersbeker Haus am Schüberg ist komplett neu geKünstlerischer Leiter des Hauses am Schüberg stellt den neuen Skulpturenpark vor, in dem nun auch zwei Stelen des Rostockers Jan Jastram stehenstaltet: Ein Hügel ist aufgeschüttet, statt Sport- wächst bunter Blumenrasen. Brennnessel und Giersch sind einer Bienenweide gewichen, in der es jetzt sommerlich summt. "Es tun sich plötzlich ganz andere Erlebnisräume auf. Das ist ein toller neuer Anfang. Mal sehen, wo es noch hingeht", sagt Axel Richter, der keineswegs Landschaftsgärtner ist, sondern der künstlerische Leiter der evangelischen Tagungsstätte.

Der Blick fällt zwischen Mohnblüten und Malven hindurch auf ein Kunstwerk. Es steht oben auf dem neuen Hügel. Sein Metall blinkt in der Sonne durch das hohe Gras. Es ist eine Arbeit des renommierten Hamburger Bildhauers Jan Koblasa.

Auf der anderen Seite der Wiese stehen zwei übermannshohe Stelen aus Holz. "Sie und Er" heißt die gerade frisch aufgestellte Doppelplastik von Jan Jastram aus Rostock. "Ich weiß nicht. Ich glaube, dies ist die Frau", sagt Axel Richter, zeigt auf die rechte Stele mit den geschwungenen Formen, lacht und setzt die Führung über das Gelände fort.

Wo es noch hingeht? Axel Richter ist schon weit gekommen. Vor zehn Jahren hatte er die Initiative ergriffen. Er wollte das Außengelände am Schüberg zum Skulpturenpark umgestalten. Es gab Skeptiker. Er sei wohl ein Träumer. Mag sein. Aber Axel Richter, der selbst Bildhauer ist, glaubte an seine Idee und hat seinen Traum verwirklicht: für sich und für die Künstler, für das Haus am Schüberg und seine Besucher, für die Kirche und die moderne Kunst. Die Saat ist aufgegangen - auch im übertragenen Sinn. "Manchmal denke ich, es ist ein Märchen. So schön ist es hier", sagt Axel Richter und geht mit Staunen unter dem Apfelbaum hindurch zurück zum Haus, durch eine Landschaft, die Heimat für inzwischen 40 Kunstwerke geworden ist.

Wer mit seinen Arbeiten hierher will, muss was können. Eine Jury wacht über die Qualität. Billige Effekthascherei oder handwerklicher Pfusch haben keine Chance. "Wir schreiben die Plätze für den Skulpturenpark bundesweit aus und schauen uns die Bewerbungsmappen genau an. Wenn nicht wirklich alle Arbeiten gut sind, sagen wir: Schluss, aus, das hat keinen Zweck. Denn wenn die Künstler mit ihren Plastiken hier erst angekommen sind, ist es zu spät", sagt Axel Richter.

Wie streng die Auswahl ist, zeigen die Zahlen. 80 Bewerbungen gab es im vergangenen Jahr. "Drei Künstler haben wir genommen", sagt Axel Richter, der zusammen mit den Bildhauerkollegen Nicole Dormagen, Jan Koblasa und Ricarda Wyrwol in der Jury sitzt. Mit dabei sind aber auch der Kunsthistoriker Martin Schmidt - und Richters Ehefrau. "Diese Zusammensetzung ist bewusst so gewählt", sagt Axel Richter, "denn wir wollten nicht ästhetische Liebhaberei betreiben und nur alles schön im Kreis von Kollegen entscheiden."

Aber was ist neben dem handwerklichen Können das Hauptkriterium für die Auswahl? Axel Richter macht es am Beispiel des Rostocker Künstlers Jan Jastram deutlich, der mit "Sie und Er" und weiteren Skulpturen gerade Einzug in Ammersbek gehalten hat: "Jastram macht den Zufall zum Konzept. Statt an der eigentlich entworfenen Form zu schneiden, setzt er die Motorsäge immer genau daneben an. Das durchzuhalten und sich von dem Ergebnis Stück für Stück leiten zu lassen, das macht die künstlerische Qualität aus. Es muss Frische rein. Weg von der Routine." Vor der Jury beweisen musste sich der Rostocker Bildhauer allerdings nicht mehr. Axel Richter: "Wir sind auf ihn zugegangen, wir wollten ihn haben. So funktioniert es auch."

Ist die Entscheidung für einen Künstler einmal gefallen, steht das Team vom Kunsthaus am Schüberg hinter ihm. Dann geht es "durch dick und dünn". Auch finanziell gibt es volle Unterstützung. Axel Richter: "Wir übernehmen den Transport, die Unterbringung und die Verpflegung." Auch die Ausstellungen kosten Geld. "Rund 2000 Euro", sagt Axel Richter, der nicht nur die Natur als Kunstraum nutzt, sondern auch das Innere des Kunsthauses. Vier- bis fünfmal im Jahr wird der kreuzgangartige Flur zur Ausstellungsfläche. "Das sind 120 laufende Meter. Ich warne die Künstler immer schon vor, denn das ist richtig viel."

10 000 Euro stehen dem Leiter des Kunsthauses als Etat insgesamt zur Verfügung. "Das ist nicht übermäßig", sagt Axel Richter. Aber es ist immerhin ein Etat, über den er verfügen kann. Das ist neu bei der Kirche. Bestimmen darf sie deswegen aber noch lange nicht. "Wir wollen die Künstler nicht benutzen. Sie sind frei in ihrer Aussage und nur sich selbst verpflichtet", sagt der Ammersbeker, der schon seit 20 Jahren am Haus am Schüberg wirkt.

Er kam als fahrender Künstler mit dem Bauwagen, durfte auf dem Parkplatz stehen und die Dusche im Haus benutzen. So fing es an. Als es ernst wurde und er die künstlerische Leitung übernahm, machte er eines gleich klar: Die Wand über dem Altar, die wollte er als Ausstellungsfläche haben. Axel Richter: "Das ist der existenzielle Ort dieser kirchlichen Einrichtung. Da mussten wir ran, weil wir nicht am Rand Sonntagsnachmittags-Kunst machen wollten."

Zurzeit hängt dort ein Bild der koreanischen Malerin Jae-Eun Jung. "Das verlassene Bett" heißt die Arbeit. Auf den ersten Blick erschließt sich nicht, warum dies ein Altarbild sein sollte. Axel Richter sieht eine Verknüpfung zwischen weltlicher und christlicher Sicht: "Auferstehung ist hier das verschlüsselte Thema. Warum verlassen wir jeden Morgen das Bett? Warum stehen wir auf? Was ist der Sinn des Lebens?"