Die Tiere fühlen sich auf immer größeren Anbauflächen sauwohl und richten hohe Schäden an

Ahrensburg. Sie fühlen sich wohl bei uns im Norden. Wildschweine breiten sich immer weiter aus und werden in einigen Regionen zur Plage für die Landwirtschaft. Außer den relativ milden Wintern der vergangenen Jahre macht es insbesondere auch der verstärkte Maisanbau den Tieren leicht, Fuß zu fassen.

Wurden im Jahr 2007 im Kreis Stormarn auf 3700 Hektar - das sind rund zehn Prozent der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche - Mais angebaut, dürften es in diesem Jahr nach Schätzung von Peter Koll, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes, rund 5000 Hektar sein. "Dass sich das Schwarzwild bei uns so etabliert, hat aber nicht nur mit dem Maisanbau zu tun", sagt Koll.

Das sieht Kreisjägermeister Klaus Klemm ähnlich: "Der wesentliche Grund ist es auf keinen Fall, denn der Mais bietet den Tieren ja nur in den drei bis vier Sommermonaten Schutz und Futter." Dennoch ärgerten sich die Jäger über den zunehmenden Maisanbau, gibt Klemm zu. Denn die Maisfelder böten den Tieren im Sommer ideale Bedingungen, um sich zu verstecken und in Ruhe zu äsen. Und für die Schäden, die die Tiere auf den Feldern hinterließen, müssten die Jäger den Grundeigentümern Entschädigungen zahlen. Als Richtwert gilt 1000 Euro pro Hektar zerstörten Ackers.

Wie viel kreisweit insgesamt für Schäden gezahlt wird, weiß Klemm nicht. Das sei auch gar nicht unbedingt aktenkundig. "Oft einigen sich Grundbesitzer und Jäger untereinander, sodass nicht alle Schäden auch gemeldet werden." Ansonsten müssen sie dem Ordnungsamt angezeigt und anschließend von einem staatlich anerkannten Schätzer begutachtet werden. In diesem Jahr sind dem Kreisjägermeister bislang noch keine Fälle zu Ohren geworden. "Aber erst jetzt sind die Pflanzen ja auch hoch genug, um die nötige Deckung zu bieten."

Und die Anbauflächen wachsen und wachsen. "Je größer die Felder sind, desto schwerer kommen wir an die Schweine ran", beklagt der Kreisjägermeister. Selbst wenn die Jäger die Tiere im Feld hören könnten, machten die mehr als mannshohen Pflanzen eine Jagd unmöglich. Um die Schweine in den Feldern besser zu bejagen, werden Schneisen angelegt. "Aber die Schweine sind sehr intelligent. Die kommen nicht einfach so aus der Deckung."

Ein weiteres Mittel gegen die tierischen Plagegeister sind Elektrozäune. Klaus Klemm: "Diese Methode ist allerdings arbeitsintensiv und teuer. Und wenn die Tiere erst mal auf dem Feld sind, nützen die Zäune auch nichts mehr." Landwirte und Jäger denken immer wieder gemeinsam über Strategien nach. "Es gibt auf Landesebene seit längerem eine Zusammenarbeit zwischen Jägern und Landwirten", sagt Peter Koll. "Aber lokal gibt es sicher auch Fälle, in denen mehr über- als miteinander gesprochen wird." Doch Streitereien seien die Ausnahme. Auch Klemm lobt die Zusammenarbeit. "In 95 Prozent der Fälle klappt sie gut."

Entscheidend für die Ausweitung der Maisanbauflächen ist der Boom bei Biogasanlagen. Für die Energieerzeugung wird der Mais der Gülle beigemischt. "Mais ist die einzige ertragsstabile Frucht für die Anlagen", sagt Koll. Und zur Belieferung einer einzigen Biogasanlage seien etwa 800 Hektar Anbaufläche nötig. "Im Kreis laufen momentan drei Genehmigungsverfahren für weitere Anlagen." Einige Stormarner Landwirte würden zudem Biogasanlagen in den angrenzenden Kreisen Lauenburg und Segeberg beliefern. Bei dieser Entwicklung sei mit einer weiteren Ausdehnung der Anbaufläche zu rechnen. Mais verspricht den Landwirten auch dank der Subventionen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) recht stabile Einkünfte. Zudem lässt sich beim Mais die Fruchtfolge aussetzen und die Pflanze mehrere Jahre in Folge anbauen. Dagegen schwanken die Getreidepreise erheblich.

Doch in diesem Jahr könnte es mit dem Ertrag der Maisbauern gar nicht gut aussehen. Peter Koll: "Wir bangen zurzeit tatsächlich um die Ernte. In Teilen können die Trockenschäden zu Totalausfällen führen." Die Pflanzen würden keine "Kolben schieben", wie es im Fachjargon heißt. Doch genau dort steckt nun einmal die Energie der Pflanzen. Und das ist schlecht für die Energieerzeugung.