Die Bauwerke sollen einen Beitrag zu mehr Sicherheit auf der Straße und weniger Inzucht im Wald leisten. Kreisumweltausschuss unterstützt die Idee

Ahrensburg. Eine Autobahn ist nicht nur eine komfortabeler Reiseweg für Autofahrer. Sie ist zugleich ein gefährliches Hindernis für Wildtiere. Ein Mittel, um folgenschwere Unfälle zu vermeiden und den Tieren zugleich einen sicheren Übergang zu ermöglichen, sind sogenannte Querungshilfen, auch Grünbrücken genannt. Sie müssen mindestens 50 Meter breit und an den Rändern mit Sträuchern oder Büschen bepflanzt sein, damit sie auch von größeren Tieren - Dam- und Rotwild etwa - genutzt werden. "Wir Jäger mahnen schon lange, dass an bestehenden Autobahnen solche Brücken errichtet werden müssen", sagt Kreisjägermeister Klaus Klemm. "Bei Neubauten ist es sowieso vorgeschrieben." Es reiche nicht, einfach nur Sperrzäune am Rande der Strecke zu errichten.

Eine geeignete Stelle im Verlauf der Autobahn 1 sei zum Beispiel der Beimoorwald bei Großhansdorf, meint der 65-Jährige. "Die Tiere wandern dort von Osten nach Westen. Laut Statistik gibt es an dieser Stelle viele Wildunfälle." Die waren auch der Grund, aus dem sich der Umweltausschuss des Kreises des Themas annahm.

Jäger wollen erst mal eine einzige Brücke durchsetzen

"Ich versuche, weder den Jägern einen Gefallen zu tun noch der Bauwirtschaft Aufträge einzubringen", sagt Wolfgang Gerstand, umweltpolitsicher Sprecher der CDU-Kreistagsfraktion. Insbesondere entlang der Bundesstraße 404 gebe es massive Probleme. Gerstand: "Die Wildschweine suchen dort ihr Futter direkt am Fahrbahnrand. Das ist eine Katastrophe."

Durch einen einstimmigen Beschluss hat der Umweltausschuss die Verwaltung beauftragt, bei Straßenprojekten in Zukunft darauf zu drängen, dass Bund und Land Grünbrücken einplanen. "Wir hängen im Kompetenzdschungel fest", beklagt Hans-Joachim Herrmann, Vorsitzender der Kreisjägerschaft. "Der Bund hat zwar im Konjukturprogramm II Gelder bereitgestellt, will sie aber nur für Neubauten ausgeben." Im Zuge des Konjunkturpakets fördert der Bund deutschlandweit 17 Querungshilfen. In Schleswig-Holstein sind in aktuellen Straßenvorhaben sieben Grünbrücken geplant. Im Kreis Stormarn gibt es bislang keine konkreten Baupläne. Dabei seien die Baumaßnahmen an A 1 und B 404 eine gute Gelegenheit, um Querungen einzurichten, so Herrmann. "Wir kämpfen erst mal für eine einzige Grünbrücke im Kreisgebiet an der A 1." Die Strecke wirke ohne jede Querungshilfe als riesige Sperre insbesondere für die Rotwildbestände.

Eine dieser Grünbrücken kostet mindestens zwei Millionen Euro. Das klinge zunächst nach einer großen Summe, gibt Klemm zu. "Aber wenn man die Baukosten für eine Autobahn nimmt, ist das nur ein geringer Prozentsatz." Und der Kreisjägermeister fügt in Hinblick auf die Kritiker hinzu: "Alle wollen Naturschutz. Er darf nur nichts kosten." Allerdings sagt Klaus Klemm inschränkend, dass die aufwendigen Bauten nicht an jeder Stelle sinnvoll seien.

Im Kreis Segeberg geborenes Wild zeigt erste Anzeichen von Inzucht

Die bestehenden Brücken in den Kreisen Segeberg und Herzogtum Lauenburg würden von den Tieren gut angenommen. Das ergebe auch die Auswertung von Kamerabildern.

Grünbrücken sollen nicht nur schwere Unfälle verhindern. Sie dienen darüber hinaus dem Erhalt der genetischen Diversität sowie der Artenvielfalt. Klemm: "Das Wanderverhalten verhindert Inzucht. Außerdem tragen die größeren Tiere in ihrem Fell und Kot Blumensamen und kleine Insekten mit und verbreiten sie so." CDU-Politiker Gerstand, der selbst Jäger ist, hat erfahren, dass im Kreis Segeberg bereits Rotwild mit Schäden geboren worden sei. Anzeichen auf Inzucht seien etwa verkümmerte Unterkiefer oder Blindheit.

Kritik, die Brücken seien zu teuer oder nutzlos, weist Gerstand zurück. Er schätzt, dass im Kreisgebiet zwei bis drei Querungshilfen nötig seien. Dass die dann auch angenommen würden, davon ist Hans-Joachim Herrmann überzeugt: "Die Tiere haben eine innere Uhr und nehmen immer die gleichen Pfade." Innerhalb von drei bis vier Wochen werde eine Brücke angenommen.