200 Bewohner der Kinderstadt lernen spielerisch Wirtschaft und Politik kennen

Bad Oldesloe. Für sieben Tage hat die Kinderstadt Stormini ihre Zelte - es sind 50 - am Exer in Bad Oldesloe aufgeschlagen. Dort verbringen die mehr als 200 Kinder nicht nur einen Teil ihrer Ferien, sondern lernen bei dem Planspiel auch viele Berufe kennen, begreifen Volkswirtschaft, probieren Politik aus.

Halb zehn am Morgen vor dem Zelt der Agentur für Arbeit. Ein neuer Tag beginnt. Dicht an dicht warten die Stormini-Bürger auf einen Job. Die Agentur hat etwa 50 unterschiedliche Berufe zur Auswahl. "Wenn man zu spät beim Jobcenter aufkreuzt, bekommt man nicht immer einen guten Job ab", sagt Hannah, 13, aus Pölitz. Sie ist gerade an der Reihe. Und wird an diesem Tag Konfitürenherstellerin. Kurze Zeit später sitzt sie in einem Kleinbus, unterwegs zu einem Erdbeerfeld in der Nähe von Bad Oldesloe. Wer Marmelade kochen möchte, muss erst mal Erdbeeren pflücken.

In der Agentur für Arbeit arbeiten ebenfalls Stormini-Bürger. Sie vergeben Jobkarten an die bis dahin noch arbeitslosen Kinder. Unterstützt wird die Jobvergabe von Auszubildenden der echten Bundesagentur für Arbeit. Gesucht werden Elektriker, Hutmacher, Verwaltungsangestellte, Forscher und sogar Schauspieler. In Stormini herrscht jeden Tag Vollbeschäftigung.

Die Kinder verdienen Muscheln, mit denen sie einkaufen gehen

Agenturmitarbeiter Paul, 10, erklärt den Ablauf: "Es gibt Ganztagsjobs und Halbtagsjobs. Für jede Arbeit gibt es Geld. Ein Tag Arbeit bringt acht Stormis. Ein halber vier." Stormis sind kleine Muscheln - die Währung in Stormini. Mit den Muscheln können die Kinder auf dem Markt Waren kaufen, die andere während ihrer Arbeitszeit hergestellt haben. Agenturmitarbeiter Paul ergänzt "Überstundenjobs bringen zwei Stormis zusätzlich." Dabei grinst er. Er selbst hat einen.

Im Oldesloer Rathaus tagt gerade das Parlament von Stormini und debattiert über Probleme in der Stadt. Jedes Zelt hat einen Sprecher entsandt. Im Rathaus "arbeitet" auch der dreizehnjährige Lennart, der Bürgermeister.

Ein paar Meter weiter vor dem Schmiedezelt geht es etwas handwerklicher zur Sache. Es riecht nach Rauch, Funken fliegen. Laute Hammerschläge dröhnen über den Platz. Jonas, 10, aus Bad Oldesloe hämmert unter Aufsicht eines erfahrenen Schmieds fleißig auf eine lange, glühende Eisenstange ein. Der Stecken soll an einer Seite einen Haken bekommen und später als Gartendekoration dienen. "Zuerst muss man die Eisenstange ins Feuer halten, bis sie glüht und ganz heiß ist", erklärt er. Und was passiert mit den fertigen Gartenstöcken? "Die werden auch auf dem Markt für einen Stormi das Stück verkauft."

Sanitäter haben eine Heimweh-Kiste dabei

Die Sanitäter des DRK aus Großhansdorf sind auf dem Exer-Gelände rund um die Uhr im Einsatz. Jan Grotepasz: "Wir haben extra eine Stormini-Kiste für Heimweh, Bauchschmerzen und andere Wehwehchen zusammengestellt." Inhalt: Fieberthermometer, Stofftiere, Wärmflaschen. Bei einigen von Heimweh geplagten Kindern sei sie schon zum Einsatz gekommen.

Erdbeerpflückerin Hannah Weisbach ist mittlerweile zurück vom Pflücken. "Der Job macht Spaß", sagt sie. Ihre Freundin Lina, 13, ist ebenfalls zufrieden mit ihrem Job. "Und beim Pflücken auf dem Feld haben wir auch schon ganz viele Erdbeeren genascht", sagt die Dreizehnjährige. Dann kochen die Mädchen die Marmelade. "Nach dem Mittagessen verkaufen wir sie auf dem Markt. Tagesverdienst für jede acht Stormis.

Abholen können sie sich das Geld in der Sparkasse der Kinderstadt "Dafür können wir uns dann Muffins und andere Naschereien kaufen."

Aber auch Freizeitangebote können sie mit dem Geld bezahlen, zum Beispiel das Spielen mit dem Tischkicker. Besonders beliebt ist das Kartfahren.

Bei der Agentur für Freizeit können die Aktivitäten gekauft werden - aber natürlich gibt es auch eine Menge kostenloser Spiele. Besonders toll finden die Kinder den Bezug zum richtigen Leben. Sie verdienen Geld und können es nach Belieben ausgeben oder eben sparen.

So lernen sie auch gleich, wie sie mit Geld umgehen und haushalten sollten. Verena Zwikirsch ist eine der mehr als 140 Betreuer, die sich um die Kinder kümmern und das Programm gestalten. Sie freut sich über den bisher so reibungslosen Ablauf. Sie sagt: "Die meisten Kinder sind auch zufrieden mit ihren Jobs."

Es gibt da aber auch noch andere Möglichkeiten für die Kinder, an Geld zu kommen. Jonas weiß auch wie: "Gestern Abend haben die Betreuer gesagt, wer zuerst einschläft, kriegt eine Jokerkarte. Das ist eine Art Wertgutschein. Man kann damit auch Sachen kaufen." So seien alle Kinder ganz schnell leise gewesen. Doch Jonas hatte Pech: Der Junge neben ihm war schneller eingeschlafen.