Die Stormarn-Ausgabe geht mit dem Abendblatt-Smart auf Sommertour. In Tremsbüttel können die Bürger aufeinander zählen

Tremsbüttel. Gleißendes Sonnenlicht ergießt sich über das Dorf. In den Vorgärten blüht es in allen Farben. Über die vom Winterfrost gelöcherte Hauptstraße fließt der Verkehr nach Bargteheide und umgekehrt zur Autobahn. Heinrich Emil Wilhelm Krohn, von allen nur Willi genannt, hat das alles von seinem Gartenstuhl neben dem Eingang seines Hauses gut im Blick. "Tremsbüttel ist ein schönes, ruhiges Dorf", sagt der alte Herr und zeigt auf den leeren Stuhl neben sich. "Der ist für Besucher."

Auch mit seinen 95 Jahren nimmt der gebürtige Jersbeker noch immer Anteil am Geschehen in dem Ort, der für ihn gleich nach dem Krieg zur Heimat geworden ist. Früher hat er immer mitgefeiert bei den Veranstaltungen der Vereine. Auch zum Senioren-Klönschnack ist er gegangen. "Das hat keinen Zweck mehr. Das Gehör macht ja nicht mehr so mit", sagt Willi Krohn. Heute schauen die alten Tremsbütteler bei ihm vorbei, um ihm die Neuigkeiten zu erzählen. Oder über vergangene Zeiten zu plaudern.

Früher gab es mehrere Kaufmannsläden im Dort, ein Fahrradgeschäft auch. Sie haben alle aufgegeben, kamen gegen die Konkurrenz der großen Supermarktketten im vier Kilometer entfernten Bargteheide nicht an. Direkt neben "Dittmanns Bratkartoffelküche" aber, einer der vier Gaststätten am Ort mit Fremdenzimmern und einladendem Kaffeegarten, gibt es einen Bäcker. Brot, Brötchen, Kuchen und die tägliche Zeitung bekommt man in der Filiale der Bargteheider Bäckerei Kock.

Werktags von 5.30 bis 12 Uhr steht Mitarbeiterin Brigitte Baars hinterm Tresen in der zum Verkaufsraum umgebauten ehemaligen Bauernhausdiele, belegt Brötchen für die Handwerker oder für die Landwirte, die vor dem Melken kurz hereinschneien. Viele Kunden kennt sie mit Namen. Auch die Kinder, die am Wochenende die Sonntagsbrötchen bei ihr kaufen. "Wir sind froh über unseren Bäcker. Das ist ein neuer Treffpunkt geworden", sagt Bürgermeisterin Erika Mosel.

Das eigentliche Zentrum Tremsbüttels liegt ein paar hundert Meter weiter, wo Feuerwehrhaus, das Mehrzweckhaus, der Dorfteich, und die alte Kate dicht beieinander stehen, der Sportplatz gleich dahinter liegt, der Kindergarten integriert ist. 60 "Schlossgeister" im Alter von zwei bis sechs Jahren und 22 Hortkinder werden hier von Regina Roden und ihren sechs Kolleginnen betreut. Sie haben viel Platz zum Toben, Spielen und Basteln, für die Lernwerkstatt und die gemeinsamen Mittagessen. "Rodi" nennen sie die Kita-Leiterin. Für die Geburtstagskinder unter den Senioren, die sich einmal im Monat zum Klönschnack treffen, basteln sie Geschenke, bringen sie Ständchen. Im Gegenzug kommt immer donnerstags eine Senioren in die Kita und liest den Kindern vor. "Die lieben das", sagt Regina Roden. Das Miteinander zwischen Alt und Jung funktioniert. Die Dorfgemeinschaft ebenfalls.

"Wer sich integrieren möchte, dem wird das hier leicht gemacht. Man muss nur selber die Initiative ergreifen", sagt Gerhard Kalisch, ein Zugezogener, der 1980 im damaligen Neubaugebiet Kiebitzmoor gegenüber des Schlosses ein Haus baute, Mitglied im Sportverein und Tennisclub Tremsbüttel wurde, bei der Erweiterung des Mehrzweckhauses vor einem Vierteljahrhundert tatkräftig mit Hand anlegte und für den Verein Tremsbütteler Kate den hübschen kleinen Bauerngarten an dem historischen Kleinod pflegt. "Jeder kann sich mit seinen Fähigkeiten einbringen. So funktioniert Dorfgemeinschaft", sagt Kalisch.

Die Kate ist ein Paradebeispiel dafür. Ohne die Bürger, die sich 1985 zusammentaten, wäre das 450 Jahre alte Altenteilhaus abgerissen worden. "Das Größte hier sind der Zusammenhalt, die Kameradschaft und die Hilfsbereitschaft", sagt Marion Wittern, 55, Leiterin des Senioren-Klönschnacks, Gemeindevertreterin, Mitglied des Reiseteams der Senioren Union Hammoor-Tremsbüttel und "ein echtes Tremsbütteler Kind". Woanders leben? Das ist für sie nie eine Frage gewesen. Andere kehren zurück, wie Stefanie Stange, 29, Inhaberin des Islandpferdegestüts im Ortsteil Rehbrook.

Eine andere soziale Institution ist der Sportverein. 1065 Tremsbütteler sind Mitglied. "Vom Babyschwimmen bis zur Seniorengymnastik haben wir Angebote für jede Altersgruppe", sagt Axel Funk, 60, Vorsitzender seit 1994 und soeben für weitere vier Jahre im Amt bestätigt. "Was wir nicht abdecken, übernehmen unsere sehr aktive Feuerwehr und ihre Jugendabteilung." Funk ist froh, wenn die Halle im Mehrzweckhaus auch für sportliche Veranstaltungen wieder zur Verfügung steht. Der Raum, der den "Schlossgeistern" als Bewegungsraum dient, musste wegen Einsturzgefahr im vorigen November gesperrt werden.

Außerhalb Stormarns ist Tremsbüttel durch sein Schloss mit Hotel- und Restaurationsbetrieb bekannt. "Damit hat mich schon mein Mann geködert", sagt Bürgermeisterin Mosel und schmunzelt. 1974 war das. "Schloss bleibt Schloss, obwohl es sich eigentlich nur ein Herrenhaus ist."