Eine Glosse von Harry Grunwald

Auf dem Fußboden im Supermarkt liegt ein etwa dreijähriger Junge und kreischt. Daneben steht der ratlose Vater. Der Knirps hat aus dem Sortiment an der Kasse ein Überraschungsei genommen, sein Vater hat es wieder zurückgelegt. Jetzt brüllt der Junge seine Wut in die Welt hinaus. Immer höher werden die Frequenzen, die Aufmerksamkeit aller Kunden und des Personals ist dem Kind sicher. Die süßen Verlockungen liegen an der Kasse genau in Kleinkinder-Griffhöhe und heißen nicht umsonst im Einzelhandels-Fachjargon auch Quengelware.

Auch ich befand mich schon einmal in der gleichen Lage wie der junge Vater, allerdings ist das Jahrzehnte her. Auch damals gab es einen Machtkampf um ein Überraschungsei. Ich hätte es meinem Sohn gegönnt, aber der Bengel hatte schon vorher reichlich Schokolade und ein Eis in sich hineingestopft. Nun musste ich mit dem Trotzanfall meines platt auf dem Boden liegenden und kreischenden Juniors fertig werden. Die Ratschläge der anderen Kunden um mich herum deckten die ganze Skala der Pädagogik ab und reichten von "Hintern vollhauen" bis "Rabenvater".

Auch diesmal muss sich der genervte Vater solche Kommentare anhören. Doch er hat zum Glück seine etwa fünfjährige Tochter an der Hand. Sie beugt sich zu ihrem Bruder herunter und sagt: "Steh auf, wir gehen weg, die Leute hier sind alle doof." Das wirkt. Der Kleine schluckt noch etwas und trottet dann brav mit Vater und Schwester davon.