Bischöfin verspricht bei Feierstunde in Ahrensburg, mit den Geschädigten zu sprechen

Ahrensburg. Sonne, Wildblumenpracht, gut gelaunte Gratulanten, unter ihnen Landrat Klaus Plöger, Ahrensburgs Bürgervorsteher Werner Bandick, Silke Lütt vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Eberhard Schürmann von der Loki-Schmidt-Stiftung. Und Pastoren. Der perfekte Rahmen für die Einweihung eines einmaligen Projekts auf dem Ahrensburger Friedhof. Doch die Idylle trügt. Sechs "schwarze Schafe" sind unter den Gästen. Mit ihnen hält der Protest Einzug am Bornkampsweg.

Die sechs Menschen hinter den Schafsmasken sind Missbrauchsopfer eines pensionierten Ahrensburger Pastors. Sie haben T-Shirts an, die bedruckt sind: "Vorwurf: sexueller Missbrauch von Kindern. Es ist Verfolgungsverjährung eingetreten." Auch an diesem Tag überschatten die Vorwürfe gegen den Ahrensburger Geistlichen, Ende der 70er- bis Mitte der 80er-Jahre Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht zu haben, das Gemeindeleben in der Schlossstadt.

Heute informiert die Kirche über Missbrauch aus juristischer Sicht

In seiner Ansprache verweist der Vorsitzende des Ahrensburger Kirchenvorstands, Pastor Helgo Matthias Haak, auf die schwierige Situation der Kirche. "Friede, Weite, Stille wehen über die Wildblumenwiese. Doch jetzt haben wir diesen Frieden noch nicht", sagt Haak. Stattdessen lasteten Bedrückung, Bedrohung und tiefe Schuld auf der Gemeinde. "Wir müssen diese dunkle Seite ehrlich anschauen", fordert der Kirchenvorstandsvorsitzende. Er wolle sich für Wahrheit, Klarheit, Gerechtigkeit und Heilung einsetzen.

Als Bischöfin Maria Jepsen, Kirchenoberhaupt der Nordelbischen Kirche, das Wort übernimmt, verweist sie auf die Gesprächsveranstaltung heute Abend. Die Kirche lädt für 19.30 Uhr in die IGS (Wulfsdorfer Weg 71) ein. Sie will über sexuellen Missbrauch aus juristischer Sicht und aus Sicht der Beratungsstellen informieren. Jepsen mahnt in ihrer Rede, achtsam mit Kindern und Schwachen umzugehen. Mit Blick auf den stummen Protest der "schwarzen Schafe", die im Publikum stellen, sagt sie: "Heute sehen wir diese Mahnung. Die Menschenwürde ist unantastbar. Ein Verstoß dagegen darf nicht verjähren." Die Opfer seien geschädigt für ein ganzes Leben, so Jepsen. "Wir haben zu versuchen, um Entschuldigung zu bitten." Sie hoffe, dass es den Opfern gelinge, trotz der erlittenen Verletzungen wieder glauben zu können. Jepsen: "Dafür will ich tun, was ich kann." Das malerische Bild der Wildblumenwiese spiegele sich nicht in der Gemeinde wider. "Paradiesisch geht es bei uns zurzeit nicht zu, eher im Gegenteil", sagt Jepsen.

Bischöfin weiht die Wildblumenwiese auf dem Friedhof ein

"Unterstützen wir die, die sich aufgemacht haben, aufzuklären." Die Wiese möge die Güte Gottes zeigen und ein Ort werden, wo Ahrensburger gerne hingingen, so Jepsen. Und noch während sie spricht, entfernen sich die demonstrierenden Opfer so leise, wie sie gekommen sind. Im Anschluss an den Termin kündigt die Bischöfin an, sich mit dem von Opfern gegründeten Verein in Verbindung setzen zu wollen.

Die Ahrensburger Friedhofswiese ist das 87. von 90 Projekten, die zum 90. Geburtstag von Loki Schmidt 2008 initiiert wurden. Als im Herbst 2008 die Idee zur Wildblumenwiese geboren wurde, entwickelte Friedhofsleiter Joachim Gersch sie zur Begräbnisstätte weiter. Das bundesweit einzigartige Pilotprojekt bietet bedrohten heimischen Pflanzenarten 20 000 Quadratmeter Raum.

Am Rande der Wiese stehen derzeit zwölf Bäume, unter denen Urnenbeisetzungen möglich sind. Acht Urnen finden unter einem Baum Platz, ein Findling ziert die jeweilige Grabstätte. Ein Einzelplatz kostet 1100 Euro, ein Familienbaum 3300 Euro.