Die Gemeinde in Schleswig-Holstein hat von ihrer Internetseite kritische Beiträge der Gegner des Schweinemast-Projekts entfernt.

Köthel. Von der offiziellen Internetseite der Gemeinde Köthel sind alle Beiträge gelöscht worden, die sich kritisch mit dem Bau eines Schweinemastbetriebs auseinandersetzen. Die Empörung in dem 330-Einwohner-Dorf ist groß. "Ein an Nordkorea erinnerndes Demokratieverständnis", beschwert sich ein Bürger im Gästebuch der Kötheler Internetseite. Er spielt damit auf die Anordnung der Machthaber Nordkoreas an, die die Übertragung der WM-Fußballpartie gegen Portugal kappen ließen, als feststand, dass ihr Land haushoch verlieren würde.

Die Kötheler Bürger Michael Evert und Christiane-Beatrix Pausch, beide Rechtsanwälte, haben ihrem Unmut über das Vorgehen in einem offenen Brief an Bürgermeister Hans-Jürgen Bruchmann Luft gemacht. Sie fordern darin, die Kommentare umgehend wieder einzustellen. "Es kann nicht angehen, dass den Einwohnern seitens der eigenen Gemeindevertreter Maulkörbe verpasst werden", heißt es in dem Schreiben. Sie nennen das Vorgehen einen "absolut rechtswidrigen Verstoß gegen die garantierten Rechte der Einwohner auf Informations- und Meinungsfreiheit" und fragen sich, "wer sich das Recht anmaßt, auf einer kommunalen Website Zensur auszuüben".

Bürgermeister Hans-Jürgen Bruchmann verweist auf Anfrage auf die Erklärung auf der Gemeinde-Hompage. Dort steht: "Auf Wunsch der Gemeindevertretung Köthel/Stormarn, die als offizieller Betreiber dieser Seiten letztendlich für die Inhalte verantwortlich ist, wurden die Kommentare zu den Beiträgen der Schweinemastartikel deaktiviert. Leider wurde in einigen Beiträgen die Grenze des Zumutbaren überschritten. Objektive Informationen zum Thema werden im Bedarfsfall auch weiterhin an dieser Stelle veröffentlicht." Zahlreiche Bürger hatten sich in dem Forum zu Wort gemeldet, seitdem bekannt geworden war, dass der Trittauer Landwirt Rudolf Grunwald einen Schweinemastbetrieb am Rande des Dorfes bauen will.

Bürgerinitiative wird von 200 Einwohnern unterstützt

Sie kritisierten nicht nur das Vorhaben, sondern auch das Verhalten ihrer Gemeindevertreter. Ihnen warfen sie Heimlichtuerei vor, weil sie seit geraumer Zeit von den Planungen gewusst hatten, die Einwohner jedoch erst auf öffentlichen Druck hin informierten. Die nun "ausgeübte Zensur der Beiträge" sei nicht geeignet, das Vertrauen der Einwohner wiederherzustellen", schreiben Evert und Pausch in ihrem offenen Brief.

Die Bürgerinitiative "Keine Schweinemast in Köthel" lehnt die Zensurmaßnahme der Gemeinde ebenfalls ab. "Auch wir fordern die Rücknahme der Löschung von Kommentaren", sagt Sprecher Frank Kieper. Er kündigt an, dass die Initiative an einem eigenen Internetauftritt arbeite, "um dort die uneingeschränkte Meinungsbildung sicherzustellen".

Das Schweinemast-Vorhaben ist umstritten und stößt auf eine breite Front der Ablehnung. Über 200 Bürger unterstützen nach Aussagen Frank Kiepers mittlerweile die Initiative, weil sie massive Umwelt- und Geruchsbelästigungen, Verkehrs- und Lärmzunahmen sowie Wertminderung ihrer Häuser und Grundstücke befürchten. Ein weiterer Aspekt ist der Tierschutz. Kieper: "Tiere sollen weitgehend im Dunkeln auf kleinster Fläche gehalten und zügig gemästet werden, ein Auslauf in die freie Natur gibt es für sie nicht. Das ist erbärmliche Massentierhaltung."

Heute Abend (19.30 Uhr, Feuerwehrgerätehaus Köthel) werden die Gemeindevertreter über ihr Einvernehmen zum Schweinemast-Projekt entscheiden. Sie werden das Thema im nicht öffentlichen Teil der Sitzung behandeln. Ein Vorgehen, das Bürgermeister Hans-Jürgen Bruchmann damit rechtfertigt, dass "baurechtliche Angelegenheiten grundsätzlich nicht öffentlich beraten werden". Er wird im Übrigen nicht mit abstimmen, weil er als selbstständiger Lohnunternehmer für Grundwald tätig und befangen sei.

Die Bürgerinitiative appelliert nun an die Gemeindevertreter, die Entscheidung im Sinne der Einwohner abzuwägen. Sprecher Kieper: "Die Gemeinde kann so ein Vorhaben ablehnen, wenn objektive Gründe dagegen sprechen. Die Ablehnung zieht keine Amtshaftungsansprüche gegen die Gemeindevertreter nach sich."

Gemeinderat entscheidet heute Abend über Bauprojekt

Das bestätigt auch die Hamburger Anwaltskanzlei, bei der die Initiative um Rat nachgesucht hat. Die Anwälte kommen in ihrem Gutachten zu dem Schluss, dass "wegen der nicht ausgeräumten Befürchtung schädlicher Umwelteinwirkungen nachvollziehbar das gemeindliche Einvernehmen versagt werden könnte". So sei unklar, wie sich ein Schweinemastbetrieb mit dem Wasserschutz vertrage, insbesondere hinsichtlich des geschützten Oberlaufes der Bille, sagt Frank Kieper. Die Initiative wird das juristische Gutachten an die Gemeindevertreter übergeben. Die Entscheidung des Gemeinderates wird noch heute Abend bekannt gegeben.