Bargteheide plant eine Windkraftanlage am Glindfelder Weg. Die Bürger sollen entscheiden - und signalisieren Zustimmung für das Projekt.
Bargteheide. Don Quixote kämpfte gegen Windmühlen, weil er glaubte, Riesen vor sich zu haben. Nichts gegen die Anlagen von heute: bis zu 175 Meter hoch, endlose Masten, riesige Rotorblätter. Moderne Giganten. Gegen sie stehen nicht Einzelkämpfer auf. Gegen sie führen die Bürger in vielen Gemeinden mit der Losung "Nicht vor unserer Haustür" einen politischen Kampf. Genau das möchte Bargteheide vermeiden. Die Politik will die Energiewende, aber sie möchte dafür vollen Rückenwind von der Bevölkerung. So fordert die SPD über den geplanten Windpark am Glindfelder Weg einen Bürgerentscheid - den ersten in der Geschichte Bargteheides.
"Man wird die Windräder von überall in der Stadt sehen können. Deshalb sollten auch die Bargteheider entscheiden, ob sie aufgestellt werden", sagt SPD-Fraktionschef Jürgen Weingärtner, der dafür mit der Unterstützung der anderen Fraktionen rechnen kann.
Während der Bürgerinformation waren kritische Töne gefallen und Sorge über optische Beeinträchtigungen, Schattenwurf und Geräuschbelästigungen laut geworden. Nur mit einem Grundsatzentscheid über das Pro und Kontra der Windkraftanlage, so Weingärtner, könnte daher der Bürgerwille ausreichend berücksichtigt, für Akzeptanz gesorgt und die Entscheidung glaubhaft umgesetzt werden. Weingärtner: "Ich bin optimistisch, dass der Bürgentscheid positiv ausgeht. Auch wenn diejenigen, die am dichtesten dran wohnen, vermutlich dagegen sein werden." Stimmt nicht - wie eine Blitzumfrage des Abendblatts ergab.
"Alternative Energien muss man fördern. Und die Fläche hier in der Feldmark wäre optimal", sagt Ingrid Braun. Die 68-Jährige wohnt am Glindfelder Weg - in unmittelbarer Nähe eines künftigen Windparks. "Dazwischen liegen ja noch Felder. Das ist in Ordnung", sagt die ehemalige Sekretärin. "Es ist gut, die Bürger zu fragen. Der Buckel wäre dann nicht entstanden."
Ein Stück weiter, im Hasselbusch, wohnt Dieter Lange. "Ich kann den Standort nicht bewerten. Dazu fehlen mir Fachkenntnisse", sagt der 59-Jährige Lehrer. "Aber es kann nicht sein, dass alle sagen: Windräder sind eine tolle Sache, aber bitte nicht bei mir." Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass für die Bürger keine übermäßigen Belastungen entstehen. Lange: "Aber wer die ökologische Wende will, muss dazu stehen, auch wenn es nicht so hübsch ist."
Dass Henry Heecks Ja zum Windpark sagt, ist nicht verwunderlich. Er ist einer der Landwirte, die Flächen für die Windkraftanlage verkaufen wollen. Was den Bürgerentscheid betrifft, ist er skeptisch. "Meistens gehen nur die zu einer Abstimmung, die gegen etwas sind", sagt der 65-Jährige. Dennoch sei Atomstrom nicht die billigste, sondern die teuerste Energie, der Mix aus Wind- und Sonnenenergie dagegen die effektivste. Heecks: "Das Einspeisen ins Stromnetz wäre hier kein Thema. In der Nähe liegt ein altes Umspannwerk."
Eine 75-Jährige Dame aus dem Hasselbusch argumentiert ähnlich: "Wer keine Atomkraft will, kann nur für den Windpark sein." Immer gegen alles zu sein, funktioniere nicht. "Im Garten möchte ich so ein Ding auch nicht haben. Aber den Buckel finde ich schlimmer. Und im Übrigen muss man Kompromisse machen", sagt die ehemalige Friseurin.
"Wir wären unmittelbar betroffen", sagt Ronald Dickmann, der Am Bargfeld wohnt. "Aber es ist gut, Energie mit den Ressourcen vor Ort zu erzeugen", sagt der Kfz-Mechaniker, der bedauert, dass aus der Bargteheider Biogasanlage nichts wurde. Hausfrau Sandra Hoop, 35, aus dem Ellernbusch: "Alle sind für regenerative Energie. Also müssen die Windräder auch irgendwo stehen. Mich würden die nicht stören."
"Das ist nicht nach unserer Mütze", sagt dagegen Paul Gerhard Nüske, der auch Am Bargfeld wohnt. Ihn stört vor allem die Optik. Kleinere Windräder würde er daher besser finden, als "monströse Dinger". Hier scheiden sich die Geister. "Wir sind für die Aufstellung von zwei hohen Windrädern. Eine Spargel-Landschaft mit mehreren kleinen Rädern, ist nicht so ansehnlich", sagt der SPD-Fraktionschef Weingärtner. Norbert Muras von der WfB, der als einziger Stadtvertreter nicht für den Windpark gestimmt hat, befürchtet dagegen Windräder so hoch wie der Kölner Dom. Bürgermeister Henning Görtz sagt: "Die Windausbeute ist bei uns nicht die allerbeste. Höhere Anlagen würden den Wind optimal abgreifen." Diese Frage und weitere Details würden im Bauleitverfahren geklärt. Der Bürgerentscheid würde sich nur um die entscheidende Frage drehen: Soll Bargteheide einen Windpark bekommen - Ja oder Nein? Görtz: "Niemand kann ein solches Projekt gegen die Mehrheit der Bevölkerung durchsetzen."
Sollte der Bürgerentscheid den Weg für die Windkraftanlage frei machen, ginge die Bürgerbeteiligung möglicherweise weiter. Im Gespräch ist eine Bürger-Genossenschaft zur Erzeugung der regenerativen Energie. Görtz: "Eine charmante Idee. Lieber das Projekt mit Geld aus der Region finanzieren und auch den Gewinn hier behalten, als überregionale Firmen einzuschalten."