Kosten steigen um 435 000 Euro. Betriebsstart der Notrufzentrale in Bad Oldesloe verzögert sich

Bad Oldesloe. Der Umbau der Rettungsleitstelle in Bad Oldesloe dauert länger und wird fast doppelt so teuer wie geplant. 550 000 Euro sollte die Erweiterung kosten. Jetzt wird mit 986 000 Euro gerechnet. Der Kreistag muss sich heute mit der Frage beschäftigen, ob die zusätzliche Ausgabe von rund 435 000 Euro genehmigt wird.

Eine neue DIN-Norm für "Alarmempfangsstellen" ist der Grund für die Kostensteigerungen. Die "DIN EN 50518-1" gilt seit Ende 2010. In Stormarn war die Existenz dieser Norm lange unbekannt. Im Dezember vergangenen Jahres hatten die drei Landräte Klaus Plöger (Stormarn), Gerd Krämer (Herzogtum Lauenburg) und Reinhard Sager (Ostholstein) den Kooperationsvertrag für die Notrufzentrale unterzeichnet. Ostholstein war damit als neuer Partner der Oldesloer Einrichtung hinzugekommen. Ab dem 1. Oktober dieses Jahres sollten dort auch alle Notrufe aus Ostholstein eingehen.

Und das alles sollte Stormarn auch noch weniger Geld kosten. Eine jährlich Einsparung von 90 000 Euro hatten die Fachleute errechnet. Jetzt wird es erst mal teurer. Und es dauert länger. Klaus Kucinski, Chef der Stormarner Bauverwaltung, rechnet damit, dass die Leitstelle im Dezember fertig sein könnte. Zunächst aber muss der Kreistag heute (16 Uhr, Kreistagssitzungssaal in Bad Oldesloe) das Geld bewilligen.

Unter anderem verlangt die DIN-Norm, die Folge einer EU-Norm ist, dass die Leitstelle aufwendig mit Eingangsschleusen gesichert wird, um das gewaltsame Eindringen zu verhindern. Außerdem muss eine Videoüberwachung installiert werden. Die Eingangstüren und Fenster müssen den Beschuss mit Handfeuerwaffen aushalten und einem Feuer längere Zeit widerstehen können. Aus Kapazitätsgründen muss der Kreis zu allem Überfluss auch noch ein neues Notstromaggregat beschaffen, denn die erweiterte Leitstelle benötigt mehr Energie als die alte.

Bei den Kreistagsabgeordneten hat die Kostensteigerung für Unmut gesorgt. Sie hoffen, dass die Krankenkassen und der Kreis Ostholstein zumindest einen Teil der Kosten tragen. Reinhard Mendel, der Chef der SPD-Kreistagsfraktion, war überrascht von der Kostensteigerung. "Wenn diese DIN-Norm schon damals existiert hat, dann wäre es sehr ärgerlich, dass wir darüber nicht informiert worden sind." Und Stefan Kehl, Mendels Amtskollege von den Grünen, sagt: "Ich war überrascht, als ich das hörte." Auch Kehl hofft auf Ostholstein als Geldgeber.

Der Kreis im Norden Lübecks hat sich in dem Kooperationsvertrag allerdings schon dazu verpflichtet, die ursprünglich errechneten 550 000 Euro für den Umbau allein zu tragen. Wie die Ostholsteiner Kreistagsabgeordneten zu den Kostensteigerung stehen, ist noch unklar: Sie wissen nichts davon. "Wir werden in der kommenden Woche ein Gespräch mit den dort zuständigen Mitarbeitern führen", sagt Markus Hilchenbach.

Die Bonner Sicherheitsberatungsfirma VZM geht davon aus, dass die neue DIN-Norm zu massiv erhöhten Betriebskosten auch bei kleinen privaten Notruf- und Service-Leitstellen führt - und hält die Vorgaben für unnötig. "Es drängt sich der starke Verdacht auf, dass eine Norm von der Industrie für die Industrie geschaffen wird, die den eigenen Verkaufsinteressen gilt", schreibt Peter Loibl, Geschäftsführer von VZM, in einer Stellungnahme.

Sowohl Loibl als auch der Oldesloer Leitstellenleiter Hilchenbach bemängeln, dass es keine Übergangsregelung zur Umsetzung der Vorschriften gibt. "Wir müssen das sofort machen", sagt Hilchenbach. Bei der Deutschen Kommission Elektrotechnik (DKE), die für die Norm zuständig ist, klingt das anders. Diplom-Ingenieur Henryk Sieradzki sagt: "Es gibt keine gesetzlichen Sanktionen gegen die, die die Norm nicht erfüllen."