Das Abendblatt stellt Stormarner und ihre Berufe vor. Wir begleiten sie einen Tag oder eine Schicht lang. Heute: Melanie Felix aus Hoisdorf.

Hoisdorf. Punkt 7 Uhr morgens läutet bei Melanie Felix in Hoisdorf der Wecker. Schrill und laut. „Das brauche ich, der weckt Tote auf“, sagt die 27 Jahre alte Hundetrainerin. Sie braucht nur einen kurzen Moment, dann packt sie den Tag an: dynamisch, zielstrebig – alles andere als verschlafen.

Während ihr Lebensgefährte Timo Ziegenbein für das Frühstück sorgt, kümmert sich Melanie Felix um ihre drei Hunde Apollo, Julie und Chance und ihr Frettchen Harry. Am Frühstückstisch wirft sie noch einen Blick auf den Kalender. Jede Minute des Tages ist verplant. Schnell noch ein hastiger Schluck Kaffee. Freund Timo übernimmt den Spaziergang mit Apollo und Julie. Chance, der acht Jahre alte Dalmatiner, darf heute mit zum Training nach Hoisdorf.

9 Uhr: Die erste Gruppe kommt zum Training in die Halle

Um 9 Uhr stellt Melanie Felix ihr Auto ab. „Es sieht nach Regen aus. Wir trainieren drinnen“, sagt sie – bei Stormarns erstem Indoor-Trainingsplatz für Hunde kein Problem. Bei gutem Wetter geht es auf die ein Hektar große, eingezäunte Rasenfläche und eine große Freilaufwiese.

Für die erste Gruppe ist ein Agility- Parcours aufgebaut. Labrador-Mix Butz schlängelt sich durch die roten und gelben Slalomstangen. Frauchen Heike Rehder gibt das Kommando: „Hürde hopp!“ Butz macht einen gewaltigen Satz, um gleich danach auf den Befehl „Tunnel durch!“ in einer sechs Meter langen Stoffröhre zu verschwinden. Jede Übung belohnt Heike Rehder mit einem sogenannten Klicker, einem lauten Geräusch, das dem eines Knackfrosches aus dem Spielzeugladen ähnelt. „Das ist die präziseste Methode, ein erwünschtes Verhalten für den Hund zu markieren. Danach bekommt er ein Leckerchen“, sagt die blonde Trainerin. Wenn ein Hund eine Übung lernt, wird jeder Schritt in die richtige Richtung mit dem Klicker bestätigt und mit einem Hundekeks belohnt. „Exakt bleiben, Ruhe reinbringen, klicken, keksen, klicken, keksen“, feuert die Trainerin Kerstin Schnabel an. Ihr Border Collie Merlin hat den Turbogang eingeschaltet. Die Teilnehmer dieses All-in-one-Kurses üben Elemente aus Agility, Tricktraining, Dogdancing und Longieren.

11.45 Uhr: Vor der Mittagspause führt sie Hunde einer Freundin aus

Bevor Melanie Felix in die Mittagspause geht, führt sie noch die Hunde einer Freundin aus, die in Hamburg arbeitet. Früher habe sie auch Problemund Pensionshunde in Pflege gehabt: „Leider reicht meine Zeit heute dafür nicht mehr aus.“ Felix hält vor einem weißen Bungalow mit einem hohen Zaun. „Die Hunde lassen Fremde nicht aufs Grundstück“, sagt sie. Fünf Minuten später kommt sie mit dem Briard- Rüden Jack und dem mächtigen Labbi- Boxer-Mix Paul um die Ecke. Während sie durch den Großhansdorfer Wald spaziert, erzählt sie von sich: „Ursprünglich habe ich in einer Praxis als Tierarzthelferin gearbeitet. Da habe ich viel über Hundepsychologie gelernt.“ Nebenbei habe sie sich bei Experten wie Martin Rütter, Günther Bloch und Dr. Udo Gansloßer weitergebildet.

13.15 Uhr: Beim Waldspaziergang apportiert Apollo begeistert Bälle

Als sie die Tür ihres Hauses öffnet, wird sie lautstark begrüßt. Wieder geht’s in den Wald. Apollo apportiert begeistert ein paar Bälle. Auf das Kommando „Peng“ fällt er um und bleibt regungslos liegen. Sofort wird der Rüde mit einem langgezogenen „Tüüüüchtig“ gelobt. „Die Worte Kommando und Befehl gefallen mir überhaupt nicht“, sagt die blonde Frau, „das klingt nach Zwang und Druck.“ Sie bevorzuge die Begriffe Signal- oder Markerwort. Mit Julie übt sie Figuren aus dem Dogdancing. Das ist Melanie Felix’ Leidenschaft. Sie nimmt auch sehr erfolgreich an Turnieren teil.

In ihrer Kindheit in Großhansdorf sei sie öfter im Pferdestall als zu Hause gewesen. Sie wünschte sich einen Begleithund, und mit 17 bekam sie den Border Collie Apollo. „Da hatte ich dann einen Hütehund im Pferdestall“, sagt sie. Es war harte Arbeit, den Border dazu zu bringen, die Pferde nicht zu hüten. 2006 starb dann unerwartet ihr Pferd. „Das war ein brutaler Einschnitt. Ich konnte lange keine Pferdekoppel mehr betreten“, sagt Felix und schluckt. Sie habe sich dann immer tiefer in die Hundeausbildung hineingekniet.

14.30 Uhr: Einzelstunde mit einem pubertierenden Labrador in Jersbek

Um 14.30 Uhr muss die Hundetrainerin bei einem Einzeltraining in Jersbek sein. Ein Wurstbrot muss als Zwischenmahlzeit reichen. In Jersbek wartet der schwarze Labrador Chesmo. Der acht Monate alte Hund bellt Passanten vor dem Grundstück und an der Haustür an. Doch als es an der Tür klingelt, bleibt Chesmo relativ ruhig. „Er ist ein pubertierender Jugendlicher, meint es nicht ernst“, sagt Melanie Felix. Allerdings dürfe er nicht das Gefühl entwickeln, dass er mit seinem Verhalten Erfolg hat. Sie gibt den Rat, den Hund auch im Haus mit einer Trainingsleine laufen zu lassen. „So kannst du ihn besser stoppen, wenn er dir abhauen will“, sagt sie zu Corinna Mundt. Der Hund dürfe erst nach seiner Besitzerin zur Tür. Wenn es klingelt, soll Chesmo sich zuerst auf seinen Platz legen. Erst dann wird die Tür geöffnet. Wieder begleitet Melanies „Klicken, keksen“ die Übungen.

„Mir knurrt vielleicht der Magen“, sagt Melanie Felix und greift zum Handy. „Timo, ich bin tierisch hungrig, kannst du das Essen warm machen?“, bittet sie ihren Freund. Es gibt Gulasch mit Nudeln. Hinter dem Esstisch prangt eine US-Flagge an der Wand, geschmückt mit Urlaubsfotos. Dieses Jahr fliegen die USA-Fans nach Florida. „Wir wollen uns jede Ecke in Amerika einmal ansehen“, erzählt Timo Ziegenbein.

Nach dem Essen trainiert Melanie Felix mit Julie und Frettchen Harry. Julie springt begeistert in den grünen Kastenwagen. Das Frettchenhaus sieht ein wenig aus wie das Haus von Pippi Langstrumpf im Miniformat. Harry macht es sich in einer Transportkiste bequem, dann fährt Melanie Felix zurück in die Hundeschule.

Da das nächste Dogdance-Turnier ansteht, will sie mit Julie die neue Choreografie üben. Sobald Musik erklingt, blickt die Hündin gespannt auf ihr Frauchen. Melanie Felix lässt Julie verschiedene Gangarten laufen, Verbeugungen machen und sie im Zickzack durch ihre Beine laufen. Danach muss Harry zeigen, was er kann. Auch für Harry heißt es „Klicken, keksen, klicken, keksen“. Julie hat sich inzwischen unter die Stühle zurückgezogen. Das Frettchen ist ihr nicht ganz geheuer.

17.30 Uhr: Die Tiere lernen, Befehle auch ohne Leine auszuführen

Ab 17.30 Uhr trudelt die nächste Hundegruppe ein. Longieren steht auf dem Programm. „Die Hunde sollen ohne Leine auf Distanz geführt werden“, sagt Melanie Felix. Sie trennt ein Areal mit rot-weißem Baustellenband ab. Der Hundebesitzer steht in der Mitte, sein Hund muss auf der anderen Seite bleiben. Per Handzeichen soll Susann Marsollek ihre Dogge Konrad dazu animieren, um sie herumzulaufen, ohne die Absperrung zu überschreiten. Als es nicht auf Anhieb klappt, sagt Felix: „Bau die Übung neu auf und tadele ihn nicht.“ Bei ihr gebe es kein „Nein“ und kein „Falsch“. „Das ist kontraproduktiv. Hunde lernen schneller in einer positiven Atmosphäre.“ Ein „Schade“ ist das Schärfste, das ihr nach einer missglückten Übung über die Lippen kommt. Anne Schneider und ihre Daisy sind schon länger dabei, da sitzt jeder Klick. Es folgen Konzentrationsübungen. „Kopfarbeit ist immens wichtig“, sagt Felix. Man müsse Hunde nicht nur körperlich, sondern auch geistig auslasten.

21 Uhr: Nach der Retriever-Gruppe ist endlich Feierabend

Vor der Abschlussgruppe für diesen Tag ruft Melanie Felix schnell noch Timo an: „Schatz, kannst du die letzte Hunderunde übernehmen? Es wird spät heute.“ Er kann. Obwohl die 27- Jährige schon lange auf den Beinen ist, beginnt sie die Einheit mit dem gleichen Enthusiasmus wie am Morgen. Wieder heißt es: „Klicken, keksen, klicken, keksen.“ Gegen 21 Uhr hat Melanie Felix es geschafft. Sie schaut noch schnell auf den Plan für morgen. Wieder viele Termine. Das macht ihr aber nichts aus. „Wenn man seinen Job so liebt wie ich, dann braucht man das“, sagt sie und steigt lächelnd in ihr Auto.