Ab September wird ein Bachelor für Wirtschaftsingenieurwesen angeboten. Die Stadt will dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Bad Oldesloe. Die Kreisstadt als Studienstandort kann ein erfolgreiches erstes Semester verzeichnen. Zu Beginn des Sommersemesters haben sich vier weitere Studenten angemeldet, sodass sich nun elf Menschen in Bad Oldesloe neben Arbeit oder Ausbildung in dem Studiengang Bachelor Wirtschaft (BWL) weiterbilden. "Das Angebot wurde gut angenommen", sagt Bürgermeister Tassilo von Bary. Im Wintersemester 2012/13 soll daher ein weiterer Studiengang beginnen, der Bachelor Wirtschaftsingenieurwesen.

Der Europäische Hochschulverband (EHV) bietet das Fernstudium in Bad Oldesloe in Kooperation mit der Fachhochschule Südwestfalen an. Die Kreisstadt ist der 15. Standort des EHV. "An diesem regionalen Standort ist die Atmosphäre familiärer", sagt der Geschäftsführer Niels Eickelberg. "Das berufsbegleitende Studium gibt den Unternehmen die Chance, die Mitarbeiter mit einem attraktiven Paket an Bad Oldesloe zu binden."

Um zugelassen zu werden, müssen Interessierte Abitur oder Fachhochschulreife vorweisen können oder mindestens drei Jahre, auf eine Ausbildung aufbauende praktische Berufserfahrung haben. Auch eine berufliche Aufstiegsfortbildung wie ein Meister ermöglicht den Einstieg ins Studium. Eickelberg: "Aufgrund des Fachkräftemangels ist es besonders wichtig, auch neue Gruppen zu erschließen."

+++ 75 Prozent der Arbeit werden zu Hause erledigt +++

Die Studierenden kommen aus Hamburg und Kiel, aber auch aus Bad Oldesloe und der näheren Umgebung. "Das Studienangebot bedeutet ein Stück mehr Lebensqualität vor Ort", sagt von Bary. Es sei für Bad Oldesloe als Wirtschaftsstandort wichtig, Mitarbeiter an die Unternehmen zu binden. "Außerdem müssen wir neue Wege finden, an die jungen Leute heranzukommen." Häufig gingen die jungen Oldesloer nach dem Schulabschluss zum Studieren in eine größere Stadt und kämen danach nicht mehr zurück.

Von Barys Tochter Charlin wird derzeit in dem Oldesloer Unternehmen Feige Filling zur Industriekauffrau ausgebildet. Geschäftsführer Andreas Hahner hofft, dass die Abiturientin zum kommenden Wintersemester ebenfalls ein berufsbegleitendes Studium beginnt.

"Der Fachkräftemangel betrifft auch unsere Firma. Wir möchten, dass unsere Mitarbeiter nach ihrer Ausbildung weiterhin im Betrieb blieben", sagt Hahner. Er ist der Meinung, dass die Studierenden an der Oldesloer Fernuni beste Ergebnisse erlangen könnten, weil sie aufgrund der Unterstützung durch den Betrieb besonders engagiert seien. "Das berufsbegleitende Studium ist eine große Chance", sagt Hahner, der auch bereit wäre, sich finanziell an einem Studium seiner Auszubildenden zu beteiligen. Rund 200 Euro kostet der Wirtschafts-Studiengang im Monat. Für den neuen Bachelor Wirtschaftsingenieurswesen werden es etwa 250 Euro sein. Einige der Studierenden erhalten finanzielle Unterstützung ihres Arbeitgebers. So auch André Stellmach aus Kiel, der bei der Deutschen Bahn tätig ist. Er selbst zahlt 50 Prozent der Kosten, die andere Hälfte übernimmt der Arbeitgeber.

Rita Westphal aus Klein Wesenberg dagegen trägt die gesamten Kosten selbst. Die 46-Jährige arbeitet selbstständig als Steuerberaterin in Ammersbek. Sie beginnt nun ihr zweites Semester an der Oldesloer Hochschule. "Ich habe in der Zeitung davon gelesen", sagt Rita Westphal, die nach dem Schulabschluss nicht studiert hat. "Ich dachte mir, wenn nicht jetzt, wann dann? Nun habe ich die Möglichkeit, in der Nähe meiner Heimatgemeinde zu studieren."

Gerade für Menschen wie Rita Westphal sieht Niels Eickelberg das Fernstudium als große Chance. "Die Leute sind hier motivierter, weil sie quasi die letzte Möglichkeit auf einen Akademiker-Abschluss bekommen", sagt er. Mindestens zehn bis 15 Stunden investiert die Steuerberaterin wöchentlich neben ihrem Beruf in das Studium. "Es ist viel Arbeit, aber das Studium gefällt mir sehr", sagt Rita Westphal. "Ich hoffe, so Zusatzqualifikationen zu erlangen, und außerdem möchte ich den Bachelor-Grad bekommen."

Alle zwei bis drei Wochen treffen sich die Studierenden an einem Sonnabend in den Räumen der Oldesloer Volkshochschule. Dann werden sie von Dozenten der Fachhochschule Südwestfalen in Modulen wie Wirtschaftsmathematik oder Wirtschaftsinformatik unterrichtet. "Wir sind auf moderne Erwachsenenbildung eingestellt und verfügen daher über die benötigte technische Ausstattung", sagt Karin Linnemann, Leiterin der VHS. "Außerdem bereichert das Studienangebot unsere VHS." Die kleinen Lerngruppen sind laut Eickelberg der Vorteil des berufsbegleitenden Studiums. "Die Studenten haben einen viel besseren Zugang zum Dozenten. Das schafft eine ganz andere Basis", sagt er.

Zum Wintersemester 2013/2014 will der EHV einen dritten Studiengang in Bad Oldesloe anbieten. Dann können Studierende sich in Maschinenbau weiterbilden. Eickelberg: "Unser Ziel ist es, insgesamt etwa 100 Studenten an den Standort Bad Oldesloe zu holen."