Stadt winkt ab. Der Preis für das denkmalgeschützte Gebäude ist Verhandlungssache. Elf weitere Bahnhöfe suchen neuen Besitzer.

Bargteheide. Erst mal die Bahnhöfe kaufen: Beim Monopoly schlagen sich die Mitspieler geradezu darum, mit ihrem Stein als erstes auf einen der begehrten Bahnhöfe zu kommen, um sie für jeweils 4000 Mark zu ergattern. Und dann nicht nur einen, sondern am besten gleich alle vier. Denn das bringt schnell viel Geld in die Immobilienanfängerkasse. Im wahren Leben aber sieht das meist ganz anders aus. Die Deutsche Bahn zumindest will sich nun erneut von vielen ihrer Bahnhöfe trennen - allein in Schleswig-Holstein sind es zwölf Gebäude, weil sie für die Bahn nicht mehr "sinnvoll nutzbar" sind (wir berichteten). Auch der 1865 gebaute Bargteheider Bahnhof steht auf der Ausverkaufsliste. Doch bisher gibt es laut Bahn keine Interessenten. Der Preis ist Verhandlungssache.

"Wer will den denn kaufen?", fragt Dieter Schröder lachend, der sich bei frühlingshaftem Wetter die Wartezeit auf seinen Zug mit einem kleinen Rundgang um den Bargteheider Bahnhof verkürzt. Viel Geld würde er dafür aber nicht auf den Tisch legen. "99 Cent vielleicht, das ist noch steuerfrei", witzelt er, "um richtig was daraus zu machen, müsste erst einmal ein Lottogewinn her." Damit könnte man das alte Haus schon aufhübschen, die vier unsanierten Wohnungen, von denen zwei seit langem leer stehen, auf den neuesten Stand bringen, vielleicht ein Café ausbauen oder so. Da gebe es ja doch eine Menge Möglichkeiten.

"Ein Restaurant, ein Tanzlokal", kommt da Thomas Fetzberger in den Sinn. "Das ist doch hier eine super Anbindung. Oder eine Jugendherberge. Na ja, das vielleicht nicht. Aber Außengastronomie?", überlegt der Bargteheider laut. Der Fantasie seien da keine Grenzen mehr gesetzt.

+++ Unter Denkmalschutz +++

Aber sind die Ideen auch umsetzbar? In Bargteheide? Hamid Rahimi bezweifelt das. Stark sogar. Der 41-Jährige betreibt erst seit wenigen Monaten den neuen Service-Store im Bargteheider Bahnhof. Viel Arbeit war nötig, um den Shop so hell und kundenfreundlich zu gestalten. Die Bahn hatte jahrelang kaum in den Standort investiert. Jetzt werden auf einer Fläche von 80 Quadratmetern Backwaren, Kaffee, Zeitschriften, Tabakwaren und natürlich Fahrkarten für den Nah- und Fernverkehr angeboten. "Das ist alles sehr überraschend jetzt", sagt Rahimi, der erst aus dem Abendblatt von den Verkaufsabsichten der Bahn erfahren hat. "Vier Jahre lang war hier nichts. Zur Eröffnung kamen dann der Bürgermeister und Herrschaften der Deutschen Bahn extra aus Berlin, die sich freuten, dass hier endlich wieder Fahrkarten verkauft werden."

Ob die Bahn einen Käufer findet, bezweifelt der Kaufmann. "Hier in Bargteheide fehlt einfach die Kundschaft. Auch wir kämpfen mit dem Standort. Für uns ist das hier ein Minusgeschäft", sagt Rahimi. 2000 bis 5000 Euro Defizit mache der Laden jeden Monat. "Das ist uns ein Dorn im Auge. Wir können das Geschäft nur halten, weil wir noch eine Reihe weitere Service-Stores im Norden haben, die besser laufen. Wir haben aber versprochen, hier den Standort aufrecht zu erhalten", sagt Rahimi, der mit der Bahn einen Vertrag über zehn Jahre habe. Gäbe es bald einen neuen Vermieter, der die Miete womöglich irgendwann erhöhe, würde Rahimi den Standort schließen. Für die Stadt wäre das ein großer Verlust. "Der Fahrkartenverkauf muss erhalten bleiben. Das hat uns so lange gefehlt", sagt Bürgermeister Henning Görtz. Der Stadt wurde das Objekt nun bereits zum zweiten Mal zum Kauf angeboten. Schon 2006 hatte die Bahn erstmals im Rathaus in der Angelegenheit vorgesprochen. Doch schon damals hatte die Stadt abgewinkt. "Wir sehen keine Verwendung dafür. Außerdem steht das Haus unter Denkmalschutz. Das wird schwierig, auch für Privatkäufer", sagt Görtz.

Gut 200 Züge rattern tagein, tagaus am Bahnhof vorbei. Gerade nachts würden zahlreiche Güterzüge mit bis zu 140 Kilometern in der Stunde über die Gleise rasen - und das noch immer lärmend, obwohl die E-Loks heute schon bedeutend leiser seien als die alten Dieselloks, verrät ein Bahnmitarbeiter, der seinen Namen nicht nennen möchte. "Da will doch keiner wohnen", sagt er.

Der Reisende Michael Wagner hat ebenfalls eine Meinung: "Die Bahn versucht, damit nur Profit zu machen. Dabei waren das mal Steuergelder. Der Bahnhof müsste an den Bund."

Einen Verkauf an einen Privatmann kann Michael Paarmann vom Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein dagegen etwas Positives abgewinnen. "Die Bahn war beim Denkmalschutz nicht immer ein guter Partner. So aber gibt es die Hoffnung, dass etwas Schönes entsteht."