Wildtiere werden zur Plage auf Friedhöfen, weil sie Blumen und Pflanzen abfressen. Großhansdorf will sich mit verdünnter Buttermilch wehren.

Großhansdorf. Einen geliebten Menschen zu Grabe zu tragen, ist für Angehörige eine schwere Belastung. Ein regelrechtes Schockerlebnis kann es dann sein, wenn die Angehörigen das Grab wenige Tage nach der Beisetzung besuchen - und geradezu verwüstet auffinden. Diese Verwüstungen werden Jahr für Jahr wieder begangen - und zwar von Rehen, die im Frühjahr auf die Friedhöfe gehen, die Blumen von den Gestecken abfressen und die Gräber zertrampeln. "Wir haben deshalb immer wieder sehr, sehr emotionale Anrufe", sagt Kirsten Koebbel von der Großhansdorfer Friedhofsverwaltung.

Warum die Rehe gerade im Frühjahr, zwischen April und Mai, zuschlagen, erklärt Bezirksförster Reinhard Schulte: "Die Tiere finden zum Ausgang des Winters noch kein anderes Futter. Deshalb gehen sie auf die Friedhöfe. Die Blumengestecke und Pflanzen dort sind für die Rehe wie Pralinen." Großhansdorfs Friedhofsleiter Peter Berndt bestätigt: "Die Rehe sind Feinschmecker. Und besonders gerne nehmen sie Rosen und Stiefmütterchen".

In der Waldgemeinde hat man mit den ungebetenen Kostgängern besonders zu kämpfen. Der Grund: Der rund fünfeinhalb Hektar große Großhansdorfer Friedhof liegt direkt neben einem Waldstück - und die Rehe haben einen ungehinderten Zugang zum Friedhofsgelände. Sie können einfach durch das Tor spazieren, das nach dem Wunsch der Gemeindepolitiker rund um die Uhr offen bleiben soll - auch deshalb, weil es alt und nur schwer zu bewegen ist.

Wegen des Reh-Problems wurde in Großhansdorf schon darüber nachgedacht, ein elektrisches Tor anzuschaffen, das sich dann nur für Menschen öffnet. Doch die Idee wurde aus Kostengründen verworfen. Andere, einfachere Mittel scheiterten bisher: "Wir haben Vergrämungsmittel eingesetzt. Etwa einen Schaum mit einem speziellen Duftstoff, den wir in die Hecken gesprüht haben. Aber das hat den Rehen nichts ausgemacht", sagt Peter Berndt.

+++ 623 Wildunfälle pro Jahr im Kreis +++

Auch in Ahrensburg gibt es "massive Probleme" mit Rehen, sagt Joachim Gersch, Leiter der Friedhofsverwaltung. "Wir haben zwar alles eingezäunt. Aber schon ein kleines Loch im Zaun reicht, dass die Tiere sich hindurchzwängen." Aufgrund der nahen Wald- und Feldgebiete gebe es in der Gegend besonders viele Rehe. "Die Tiere haben alle Scheu abgelegt. Auch am helllichten Tag wandern sie über den Bornkampsweg und durch das offene Tor auf den Friedhof", sagt Gersch.

Um die Rehe fern zu halten, hängen Joachim Gersch und seine Mitarbeiter Tücher auf, die sie zuvor in ein Mittel gegen Wildverbiss getaucht haben. "Der Geruch schreckt ab. Dann ist erst einmal für zwei bis drei Tage Ruhe", berichtet Gersch. Aber: "Bei Regen ist die Wirkung des Mittels gleich wieder null." Mehr könne man aber nicht tun.

Andere Gemeinden haben weniger Probleme mit dem Wild. Auf dem Südfriedhof in Trittau konnten die Mitarbeiter die Gräber erfolgreich schützen. "Über unseren Zaun kommen die Rehe nicht hinüber", sagt Anika Schlauer. Die Verwaltungsmitarbeiterin gibt aber zu: "Allerdings war die Vorrichtung bis vor kurzem ziemlich löchrig. Deshalb hatten wir eine regelrechte Wildkaninchenplage." Seitdem die Löcher ausgebessert wurden, habe sich aber auch dieses Problem erledigt.

Auch Jörg Lelke, der die Friedhöfe im Bezirk Bad Oldesloe verwaltet, meint: Nur wer keine gute Begrenzung habe, müsse sich mit Rehen herumschlagen. "Bis vor zwei Jahren hatten wir auf dem Dorffriedhof in Tralau große Probleme." Seit dort ein großer Zaun errichtet wurde, sei das aber vorbei.

Was tun nun die Gemeinden, die sich nicht mit neuen Zäunen behelfen können? Zumindest eine Variante verbietet sich: die Tiere abzuschießen. Denn zum einen haben die Rehe bis zum 1. Mai Schonzeit, zum anderen sind Friedhöfe ohnehin "befriedete Bezirke", wie Förster Schulte sagt.

In Großhansdorf ist man jetzt auf eine viel einfachere, im Zweifel tierfreundlichere Variante gekommen. Laut einer Umfrage, die die Gemeinde bei anderen Friedhöfen durchgeführt hat, hilft verdünnte Buttermilch gegen die Rehe. "Man muss einen Liter Buttermilch mit fünf Litern Wasser mischen und dann auf die Blumen geben. Das schreckt die Rehe ab, weil sie die Säure nicht vertragen", sagt Peter Berndt. Die Prozedur müsse nur dann wiederholt werden, wenn es lange geregnet habe. Die Gemeinde hofft jetzt, dass viele Grabbesitzer dem Rat folgen - und dann keine bösen Überraschungen mehr erleben.