Heide Emse kontra Pastor Haak: Im Ahrensburger Missbrauchsskandal liegen nun gegensätzliche Aussagen vor

Ahrensburg. Am Tag nach der Erklärung des Ahrensburger Pastors Helgo Matthias Haak hat der Kampf um die Meinungsherrschaft über die Ereignisse rund um die Kirchenvorstandssitzung vom 31. August 1999 begonnen. Wie genau hatte die damalige Pröpstin Heide Emse den Vorstand darüber informiert, warum Pastor Dieter Kohl versetzt wurde? Haak, damals stellvertretender Vorsitzender des Gremiums, will von Emse bei einem Treffen im Vorfeld erfahren haben, dass Kohl "eine sexuelle Beziehung zu einer jüngeren Frau" gehabt habe. Mehr nicht. Auch in der Vorstandssitzung habe Emse dann nichts weiteres mitgeteilt, so Haak.

Die damalige Pröpstin, längst im Ruhestand, reagierte umgehend mit einer Presseerklärung. Darin steht, sie habe den Vorstand damals über "grobe Verfehlungen des Pastors gegenüber Jugendlichen im sexuellen Bereich" informiert. Mehr nicht. Aber sie habe vor der Sitzung dem Kirchenvorstandsvorsitzenden Dietrich Seemeyer alles erzählt, und der habe auch Haak eingeweiht. Was Haak wiederum bestreitet: "Das ist eine Lüge."

Worum geht es in dem Streit? Dieter Kohl, Pastor im Kirchsaal Hagen, hatte jahrelang Minderjährige aus seiner Kirchengemeinde sexuell missbraucht. 1999 war eines der Opfer zu Emse gegangen und hatte ausgepackt. Dem Pastor hat das nicht wirklich geschadet. Er wurde nach Neumünster versetzt und tat dort als Gefängnisseelsorger Dienst. Ein Jahr später musste er in den vorzeitigen Ruhestand gehen.

Das schreibt sich Heide Emse auf ihre Fahnen. Aber was damals genau geschehen ist, lässt sich heute nicht mehr überprüfen. Die Unterlagen, die im Kirchenamt vorhanden sein müssten, sind verschwunden.

Das erschwert noch heute die Aufklärung des Skandals. Die Kirche hat sie offenbar schon abgeschlossen - auch das ist eine Erkenntnis der Verhandlung vor dem Kirchengericht, die am Ende dazu führte, dass Pastor Haak jetzt seine Version der Ereignisse erzählen darf. Denn weil sie abgeschlossen seien, schreibt die Nordelbische Kirche in einer Presseerklärung, habe man Helgo Matthias Haak schon im Juni 2011 signalisiert, dass er eine Genehmigung für eine öffentliche Äußerung bekommen könne.

Auf einer anderen Ebene hat die Aufklärung noch gar nicht begonnen. Henning Offen und Dorothee Schenking haben unlängst, ermüdet von den weitgehend im Geheimen stattfindenden und weitgehend ergebnislosen Ermittlungen der Nordelbischen Kirche, einfach mal Anzeige erstattet. Vielleicht, so ihre Überlegung, ist ein ganz und gar weltliches Gericht ja besser geeignet, um Klarheit zu schaffen. Die Anzeigen wegen Strafvereitelung gegen Ex-Bischöfin Maria Jepsen, Ex-Bischof Karl Ludwig Kohlwage, Ex-Pröpstin Heide Emse und einen Mitarbeiter des Kirchenamts sind nach einem Umweg über Kiel mittlerweile in Lübeck eingetroffen. Das hat die dortige Staatsanwaltschaft bestätigt.

Henning Offen freut sich über den Vergleich, der Haak das Reden ermöglicht. "Das ist eine Bestätigung unseres Vorgehens. Wir wollen mit unseren Anzeigen bewirken, dass das Gericht alle Mitglieder des Kirchenvorstands befragt", sagt Offen. Auch Pastor Detlev Paschen, derzeit Chef des Ahrensburger Kirchenvorstands, findet: "Es ist gut, dass Helgo Matthias Haak sich jetzt äußern darf."

Anselm Kohn, der Sprecher der Opferinitiative, ist mit seinem Urteil deutlich zurückhaltender. "Das Verfahren ist ein Baustein im Aufklärungsprozess. Keiner hat dabei gewonnen, keiner verloren", sagt er. Was ihm nicht gefalle, sei dieses "Draufdreschen auf Emse". Der "Schwachpunkt Emse" sei längst bekannt. Das Problem sei nicht, dass sie den Kirchenvorstand nicht informiert habe. "Das Problem ist, dass sie dem Kirchenamt alles berichtet, das aber nicht dokumentiert hat." Dass Kohl ein Triebtäter gewesen sei, hätten in Ahrensburg viele gewusst. "Nicht offiziell. Aber inoffiziell."