Schauspieler Philipp Hochmair spielte vor Schülern Kafka - wie schon beim Altkanzler

Großhansdorf. Normalerweise steht er auf der Bühne des Hamburger Thalia Theaters und gibt den "Werther" oder Goethes "Mephisto", seine derzeitige Lieblingsrolle. Gestern dagegen spielte der österreichische Schauspieler Philipp Hochmair vor mehr als 100 Schülern des Emil-von-Behring-Gymnasiums in Großhansdorf seine Produktion von Franz Kafkas "Der Prozess". "Ich finde die Veränderung spannend. Hier habe ich einen ganz neuen Raum und ein neues Publikum, alles ist improvisierter", sagt Hochmair.

Die Theater- und Deutschlehrerin Heike Blenk hatte den Schauspieler eingeladen. "Es ist schwierig, mit einer großen Schülergruppe nach Hamburg ins Theater zu fahren. Als ich das ansprach, hat Philipp Hochmair angeboten, uns in der Schule zu besuchen", sagt Heike Blenk. Wichtig sei gewesen, dass er den "Prozess" spiele. Blenk: "Das Stück ist Abiturthema für den 12. und 13. Jahrgang." Daneben sei es für die Schüler spannend, wie ein prominenter Schauspieler auf ihrer Bühne spiele. "Gerade an einer Schule mit Theaterschwerpunkt ist es wichtig, dass die Schüler sehen, wie ein erfahrener Schauspieler die hier gegebenen Mittel einsetzt."

Philipp Hochmair hatte zuletzt auch für Altbundeskanzler Helmut Schmidt in dessen Privathaus in Hamburg-Langenhorn eine Vorstellung gegeben - ebenfalls ein Stück von Kafka.

Die Großhansdorfer Schüler konnten im Anschluss an die Vorstellung noch mit dem Schauspieler diskutieren. Er habe das Stück gewählt, weil das Thema - der hilflose Versuch, sich korrekt zu verhalten - ihn persönlich betroffen hätte. Als er zum ersten Mal an einem großen Theater engagiert war, war Hochmair 30 Jahre alt - so wie der Protagonist des Stücks. "Ich musste alles richtig machen. Das zermürbt im künstlerischen Denken." Das Stück sei ein Versuch, die abstrakte Literatur zugänglich zu machen.

Auch nach Hochmairs Weg zur Schauspielerei erkundigten sich die Schüler. Mit 16 Jahren habe er im Englischunterricht den Film "The Outsiders" gesehen. In einer Szene rezitiert ein Bandenmitglied ein Gedicht. Die Lehrerin habe gesagt: "Selbst so ein böser Junge kann das. Hier in diesem Wiener Gymnasium kennt mit Sicherheit niemand ein Gedicht auswendig." Daraufhin sei Hochmair ausgestanden und habe ein Goethe-Gedicht vorgetragen: "Seitdem bin ich Schauspieler."