Die neue Führung des Vereins Jordsand will auf Kooperation setzen. Thorsten Harder und Eckart Schrey im Gespräch mit dem Abendblatt.

Ahrensburg. Die Ära Uwe Schneider beim Ahrensburger Naturschutzverein Jordsand ist überraschend zu Ende gegangen. Der neue Vorstand mit dem promovierten Biologen Eckart Schrey an der Spitze hat das Ruder übernommen und umgehend den freigestellten Geschäftsführer Thorsten Harder wieder eingestellt. Vor Schrey und Harder liegt viel Arbeit. Sein Antrittsbesuch als Vorsitzender führt Schrey ins Ahrensburger Rathaus. Dort will er Bürgermeister Michael Sarach versprechen, dass Jordsand der Stadt in Zukunft wieder positive Schlagzeilen bescheren wird. Im Gespräch mit dem Abendblatt erzählen Schrey und Harder, was sie konkret vorhaben.

Hamburger Abendblatt: Wie haben Sie die letzten Tage vor der Mitgliederversammlung sowie deren Verlauf erlebt?

Eckart Schrey: Ich hatte im Vorfeld gehofft, dass für den Verein ein neutraler Neustart möglich wird. Die entscheidende Frage war, ob überhaupt gewählt wird oder nicht. Es gab ja rechtliche Bedenken, weil eine Abberufung nicht auf der Tagesordnung stand. Als ich mich im Raum umsah, hatte ich schon ein gutes Gefühl. Allerdings habe ich mit einer knappen Entscheidung gerechnet. Der stellvertretende Vorsitzende Jürgen Wahl ist dann zehn Minuten vor der Versammlung auf mich zugekommen und hat mich informiert, dass der Vorstand gleich zu Beginn seinen geschlossenen Rücktritt erklären werde. Ich konnte das kaum glauben. Um die Versammlung reibungslos über die Bühne zu bekommen, habe ich zugesagt, mit dafür zu sorgen, dass die Diskussion über die vielen offenen Fragen im Rahmen bleibt und es nicht in eine Schlammschlacht ausartet.

Thorsten Harder:

Die letzten Tage vor der Versammlung war ich ganz ruhig, weil ich mir sicher war, dass es zu diesem Ergebnis kommen würde. Auf keinen Fall hatte ich aber erwartet, dass es so ruhig bleibt. Die Beruhigungspille war, dass Herr Wahl gleich zu Beginn den Rücktritt des Vorstands erklärt hat. Ich bin mir aber auch im Klaren darüber, dass die Mehrheit im Falle einer formellen Diskussion über die Abwahl die Kraft gehabt hätte, den Vorstand zu diesem Schritt zu zwingen.

Wie war denn Ihr erster Tag zurück im Amt, Herr Harder?

Harder:

Der Anfang war schon komisch, da war ich unruhig. Herr Schneider und ich sehen uns aber kaum, weil er nicht in der Geschäftsstelle ist. Man sagt sich 'Hallo' und 'Moin', das war's.

Wer zieht nun in die Wohnung von Herrn Schneider im Haus der Natur ein? Oder bleibt er dort?

Schrey:

Herr Schneider hat von sich aus gesagt, dass er spätestens bis zum Jahresende ausziehen wird, hat aber darum gebeten, dass ihm kein Druck gemacht wird. Er kann nicht sofort in sein eigenes Haus umziehen, weil das noch vermietet ist. Die Übergabe der Geschäfte ist reibungslos verlaufen, er hat mit seiner Arbeit im Verein abgeschlossen. Ich selbst bleibe in unserer Altbauwohnung in Eimsbüttel. Auch Thorsten Harder würde ich einen Einzug ins Haus der Natur nicht empfehlen, weil ein einsatzfähiger Geschäftsführer seinen Feierabend braucht. Klar müssen wir aber für Notfälle rund um die Uhr in der Geschäftsstelle erreichbar sein. Das kann man aber auch mit einer Handybereitschaft machen. Was die Räume angeht, so werden wir dort Eigenbedarf haben.

Wie steht es um die Vereinsfinanzen?

Harder:

Wir haben einen defizitären Haushalt, weil einige Zuschüsse flach gefallen sind. Eine institutionelle Förderung ist ausgerechnet in dem Jahr gestrichen worden, in dem ich eingestellt wurde. Das ist natürlich ein doppelter Schlag für den Verein gewesen. Man hat 50 000 Euro an Zuschüssen verloren und gleichzeitig einen hauptamtlichen Geschäftsführer eingestellt. Wir müssen künftig wieder stärker das Potenzial der vielen Ehrenamtler heben und deren eigene Ideen aufgreifen.

Schrey:

Die genauen Zahlen kenne ich noch nicht. Aber ich weiß, dass wir haushalten und die Finanzen sanieren müssen. Es kann nicht sein, dass wir jedes Jahr mit einem Minus abschließen. Die laufenden Betriebskosten müssen in den Griff zu bekommen sein. Aber da bin ich zuversichtlich. Wo es um Strukturen, um Investitionen geht, da müssen wir auf die Suche gehen, ob es nicht Fördergeld gibt - etwa für die Schutzgebiete. Es gibt außerdem die Möglichkeit, sich an Stiftungen zu wenden.

Was sind die nächsten Schritte für Sie, um den Verein voranzubringen?

Schrey:

Wir müssen jetzt Prioritäten festlegen und dann abarbeiten. Sobald wie möglich möchte ich deshalb die Gremien einberufen, also Vorstand, Referenten und Beirat. Damit ich erfahre, wo der Schuh besonders drückt. Dann müssen wir so schnell wie möglich die Strategie für die Entwicklung der wichtigsten Aufgabengebiete erarbeiten. So sind Workshops denkbar, um Ziele zu definieren. Ich möchte den Verein auch wieder stärker in die Wissenschaft einklinken.

Harder:

Das Tagesgeschäft läuft. Das wichtigste ist die Strategie. Ich habe das ja schon versucht, habe Arbeitsgruppen gegründet, wurde dabei aber ausgebremst. Man kann nicht zehn Jahre auf der Stelle treten. Schnelle Entscheidungen zu treffen, ist mit diesem schlagkräftigen und fortschrittlichen Vorstand endlich möglich. Viele Dinge lagen über Jahre brach und wurden nicht angepackt, bis hin zur Unerträglichkeit. So haben wir eine Hütte in Schleimünde. Dort kann man im Winter keinen Freiwilligen hinschicken, weil es keinen Wasser- und Stromanschluss gibt. Eigentlich muss sie aber rund um die Uhr besetzt sein. Bisher wurde die nicht saniert, obwohl es die Unterstützung aus dem Ministerium gab. In diesem Jahr werden wir es machen.

Gibt es eine Strategie, wie man die jungen Leuten wieder an den Verein bindet?

Harder:

Wir müssen ihnen ganz einfach eine gute Arbeitsatmosphäre bieten. Die jungen Menschen müssen untereinander vernetzt sein, etwas gemeinsam machen. Das muss man einfach nur zulassen und braucht es gar nicht unbedingt zu inszenieren. Zudem wünsche ich mir, dass sie an Fortbildungen teilnehmen, wie zum Beispiel an den Seminaren der Schutzstation Wattenmeer. Das sind fachlich ganz tolle Kurse. So können wir die Fachkompetenz auch für unseren Verein nutzen.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

Schrey:

Man muss wesensgerecht führen. Es muss stimmig zur eigenen Persönlichkeit sein. Ich pflege einen möglichst kooperativen Führungsstil. Das wird nicht durchgehend kumpelhaft sein, ich muss nicht mit jedem per Du sein. Darüber hinaus halte ich das Prinzip 'Fordern und fördern' für ein gutes. Die Aufgaben müssen einfach dort erledigt werden, wo sie hingehören. Das bedeutet Delegation.

Harder:

Ich halte es genauso. Die Verantwortung muss delegiert werden. Ich setze auf Eigeninitiative, auf Motivation. Entscheidend für den Erfolg ist nicht, ob einer fünf Minuten früher oder später zur Arbeit kommt. Entscheidend ist, ob einer motiviert zur Arbeit kommt. Auch Kritik ist ganz wichtig. Kritik fördert. Sie fördert auch das Nachdenken über das eigene Handeln.

Berufen Sie in diesem Jahr noch eine weitere Mitgliederversammlung ein?

Schrey:

Ich habe das vorgeschlagen und wünsche mir das auch. Irgendwann wird sich das laufende Verfahren gegen Uwe Schneider klären, darüber konnten wir bisher nicht diskutieren, weil es keine Einzelheiten gab. Das interessiert aber die Mitglieder. Außerdem hoffe ich, dass wir im Herbst schon erste Ergebnisse unserer Arbeit vorstellen können. Das würde auf der Hauptversammlung im nächsten Jahr zu kurz kommen. Es gibt dann viele Formalien, die abgearbeitet werden müssen.