Was für ein Rosenmontag: Zugausfälle, Verspätungen, Busersatzverkehr. Pendler sitzen nach einem Oberleitungsschaden 90 Minuten im kalten Zug.

Ahrensburg. Dass der Wochenanfang bisweilen beschwerlich ist - gerade Pendler wissen es. Doch dass dieser Rosenmontag wenig vergnüglich beginnen würde, hätten vermutlich die wenigsten geahnt, die gestern früh am Hamburger Hauptbahnhof den Regionalexpress 21458 Richtung Lübeck bestiegen. Schon kurz nach der Ausfahrt hörten Fahrgäste, die im oberen Teil des Zuges mitfuhren, zuerst ein Rumpeln auf dem Dach, dann ein Schleifen. Wenige Momente später ist die Fahrt, die pünktlich um 8.36 Uhr im Hauptbahnhof begann, erst einmal vorbei.

Nach etwa 300 Meter bleibt der Zug unter einer Brücke stehen. "Oberleitungsschaden", so heißt es in der Durchsage des Lokführers wenig später. Was die mehr als 100 Passagiere in diesem Moment noch nicht ahnen - ihr Zug wird sich die nächsten eineinhalb Stunden keinen Millimeter bewegen. Sie sitzen in den Waggons fest. Zudem werden an diesem Morgen Tausende andere Bahnreisende vergebens auf ihre Züge warten. Denn wegen des Schadens fielen zwischen Hamburg und Lübeck sechs Regionalbahnen aus, 18 Züge mussten über Hamburg-Horn umgeleitet werden. Zudem wurde zwischen Wandsbek und dem Hauptbahnhof ein Busersatzverkehr eingerichtet.

Jens Geißler, Leiter der Oldesloer Stadtbibliothek, gehörte zu denen, die im RE 21458 festsaßen. "Eigentlich haben wir eine Pressekonferenz wegen des neuen Ausleihsystems in der Bibliothek. Da muss sich jetzt mein Chef alleine drum kümmern", sagt Geißler, der in Hamburg-Stellingen wohnt.

Diesellok schleppt den defekten Zug nach eineinhalb Stunden ab

Auch Marcus Lakenmacher kam zu spät in die Ahrensburger Niederlassung des Hamburger Grundstückskontors. "Es ist natürlich nervig, dass es jetzt erst einmal nicht mehr weitergeht. Aber das passiert auf dieser Strecke häufiger, dass Züge Verspätung haben oder nicht weiterfahren können", so Lakenmacher, der in der Hamburger Altstadt wohnt. Immerhin hat ihn die Sache mit dem Rumpeln und dem Schleifen nicht besonders erschrocken. Nur eine Sache stört ihn nach mehr als einer Stunde: "Es wird langsam kalt im Zug."

Auslöser des Pannen-Tages bei der R 10 war ein Schaden an der E-Lok. "Die Stromabnehmer auf dem Dach des Turmtriebwagens hatten einen Defekt und haben beim Ausfahren aus dem Hauptbahnhof die Oberleitungen beschädigt", sagt Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis, "wir mussten dann eine Diesellokomotive organisieren, um den Zug abzuschleppen." Die Diesellok startete am Hauptbahnhof, musste jedoch über Wandsbek fahren, um an das vordere Ende des liegen gebliebenen Regionalexpresses anzudocken.

Um 10 Uhr, fast eineinhalb Stunden nach dem Unfall, wurden die Waggons mit der Ersatzlokomotive verbunden. Eine Viertelstunde später konnte die Fahrt in Richtung Lübeck fortgesetzt werden. "Wir haben einen unplanmäßigen Zwischenstopp in Hasselbrook gemacht, damit Fahrgäste, für die sich eine Weiterfahrt wegen der Verspätung nicht mehr lohnte, aussteigen und umkehren konnten", sagt der Bahnsprecher.

Am Ahrensburger Bahnhof müssen Reisende stundenlang warten

Um 10.40 Uhr kam die Regionalbahn mit fast zweistündiger Verspätung in Ahrensburg an. Dort standen Dutzende Reisende auf dem Bahnsteig. "Wir warten hier schon seit 9.40 Uhr. Eigentlich wollten wir den Zug um 9.51 Uhr nehmen", sagte Petra Birschel. Die Kölnerin ist in Ahrensburg zu Besuch und wollte sich am Montag Lübeck angucken. "Ich liebe Marzipan, deswegen muss ich dort hin", sagte die noch gut gelaunte Frau. Dass die Bahn Verspätung hatte, war für sie nicht so dramatisch: "Wir haben schließlich keinen Zeitdruck." Anders sah dies André Schönberg. Der 31-Jährige arbeitet in Lübeck und kam viel zu spät. "Ich fühle mich schlecht informiert. Zunächst stand auf den Tafeln, dass sich mein Zug um 15 Minuten verspätet. Jetzt wird diese Verbindung gar nicht mehr angezeigt." Entspannter waren Petra und Marlen Breitung. Mutter und Tochter wollten am Rosenmontag in Hamburg bummeln gehen. Petra Breitung: "Wir haben doch noch genug Zeit."