Buhl stellt sich in Ahrensburger Schlosskirche vor. Der Umgang mit dem Missbrauchs-Thema sei Hauptaufgabe, so der Kandidat.

Ahrensburg. Es ist ein hohes Amt in der Kirche - und eines, dessen Besetzung viel über den zukünftigen Umgang mit den Missbrauchsfällen in der Ahrensburger Gemeinde bedeuten wird. Die Rede ist vom Amt des Propstes im Bezirk Rahlstedt-Ahrensburg. Pastor Hans-Jürgen Buhl, zurzeit Leiter einer Stabsstelle im Kirchenkreis Hamburg-Ost, ist der einzige Kandidat für dieses Amt, über dessen Besetzung die Kirchenkreissynode am 29. Februar entschiedet. Am gestrigen Sonntag hat sich Hans-Jürgen Buhl als Kandidat der Ahrensburger Kirchengemeinde vorgestellt - und einen Schritt auf die Opfer sexueller Gewalt zu gemacht.

"Der Umgang mit dieser Frage ist ein Hauptthema. Da für gute Arbeit zu sorgen, ist das erste Ziel meiner Arbeit", sagte Buhl bei der Diskussion mit Gemeindemitgliedern im Saal der Kirchengemeinde. Zuvor hatte der 57-Jährige den Gottesdienst in der Schlosskirche geleitet, die bis auf den letzten Platz gefüllt war. Buhl ging auch in seiner Predigt auf das Missbrauchs-Thema ein, indem er eine alttestamentarische Bibelstelle auslegte. In der fraglichen Stelle aus dem Buch Jeremia wird der König als Machthaber angegriffen. Buhl bezog die Stelle auch auf "Pastoren, Lehrer und alle, die mit Jugendlichen zu tun haben" und ergänzte: "Vielleicht entsteht da eine Atmosphäre, in der Macht zu haben eine viel zu große Rolle spielt". Viele Gemeindemitglieder verstanden das als Anspielung auf die Fälle des sexuellen Missbrauches, die der ehemalige Ahrensburger Pastor Dieter Kohl in den 1980er-Jahren begangen hat. Seit etwa zwei Jahren werden diese Fälle aufgearbeitet. Hans-Jürgen Buhl war bereits eng mit dieser Arbeit betraut. Er leitete im Jahr 2010 einen Krisenstab in Ahrensburg, der sich mit dieser Frage beschäftigte.

Buhl wäre in seiner Funktion als Propst Nachfolger von Margit Baumgarten, die für das Amt nicht mehr zur Verfügung steht. Buhl wäre auch Vorgesetzter jener Ahrensburger Pastoren, die mit der Aufarbeitung des Themas beschäftigt - oder in Bezug auf diese Frage befangen sind. Würden ihm bestimmte Dinge anvertraut werden, könnte die kirchliche Schweigepflicht gelten, weil er auch Seelsorger für diese Pastoren ist. Anselm Kohn, Vorsitzender des Vereins "Missbrauch in Ahrensburg", sprach auf der Diskussion im Gemeindesaal diesen möglichen Zwiespalt an. Buhl sagte dazu: "Ich würde in bestimmten Fällen klar sagen, dass ich der Vorgesetzte bin und dass sich die fragliche Person an einen anderen Propst als Seelsorger wenden müsste." Buhl sagte auch, dass er erkannt habe, dass "Schweigepflicht eine Fessel" sein könne. Sebastian Isert, der selbst Missbrauchsopfer ist und Mitglied der Krisen-AG ist, die die Kirche zu dem Themen gebildet hat, sagte dazu gegenüber dem Abendblatt: "Für mich ist Buhls Aussage eine sehr wichtige Abgrenzung gegenüber den Tätern. Denn ein seelsorgerisches Gespräch kann für diese wie ein Ablass wirken." Seiner Meinung nach ist Hans-Jürgen Kuhl "auf jeden Fall der richtige Mann", weil er sich gut mit dem Thema der Missbrauchs-Fälle auskenne.

Auch Anselm Kohn sagte am Sonntag zur Personalie Buhl: "Sein guter Wille ist erkennbar". Er sagte aber auch: "Er wird jetzt an seinen Taten gemessen". Kohn hatte während der Diskussion im Gemeindesaal darauf gedrungen, dass die 240 Fragen an die Kirche, die Teilnehmer einer Veranstaltung in der Selma-Lagerlöf-Schule im Jahr 2010 stellen konnten, noch einmal veröffentlicht werden. Buhl entgegnete, er wolle sich darum kümmern.

Von vielen Gemeindemitgliedern wurde Buhls Auftritt in Ahrensburg positiv bewertet. "Ich hatte Zweifel. Aber jetzt ist mein Eindruck sehr gut. Er hat offene Worte gefunden", sagte etwa das Gemeindemitglied Edith Neubauer. Auch Anja Botta, Pastorin im Kirchsaal Hagen sagte: "Ich würde es sehr begrüßen, wenn Herr Buhl mein Vorgesetzter werden würde. Ich glaube, er kann die Lage in Ahrensburg und die Menschen gut einschätzen."

Bleibt die Frage, wie die Kirchensynode auf die Tatsache reagieren wird, dass sie, anders als in den Kirchenstatuten vorgesehen, nur über einen Kandidaten entscheiden kann. Der Ahrensburger Pastor Helgo Matthias Haak, der in der Sache der Missbrauchs-Fälle ein Kritiker der Kirchenleitung ist, hatte ebenfalls kandidiert, das aber entgegen der Gepflogenheiten öffentlich gemacht. Der kircheninterne Ausschuss hat ihn für die Wahl nicht vorgeschlagen. Dieses Vorgehen hatte Haak als "äußerst undemokratisch" bezeichnet.