Was der Unterschied ist zwischen ihrem früheren Arbeitsleben und ihrem heutigen Job als Mutter? Andrea Schröder muss nicht lange nachdenken. "Ganz einfach. Ein normaler Job endet irgendwann. Der als Mutter nicht, der geht rund um die Uhr", sagt die 33-Jährige. In einer Raffinerie im Hamburger Hafen arbeitete Andrea Schröder bis vor zwei Jahren. Die Aufgabe der gelernten Ver- und Entsorgerin: Tanklastzüge zu befüllen.

Mittlerweile ist die fröhliche, allein erziehende junge Frau in Elternzeit und verbringt ihre Tage im beschaulichen Hoisdorf, mit ihren drei Kindern Robert, 10, René, 5, und Riana, 2. Der Job ist nicht minder anstrengend, was man der jungen Frau allerdings nicht allzu sehr anmerkt. "Das Einzige, was mich nervt, ist das viele Hin- und Hergefahre", sagt Andrea Schröder.

6 Uhr: Der Wecker klingelt im Hause Schröder

Es sind sanfte, sphärische Klänge: Das Geräusch des Handyweckers signalisiert Andrea Schröder unmissverständlich, dass sie aufstehen muss. Decken und Laken kommen in den Bettkasten, das Bett wird eingeklappt - und ist wieder ein Sofa, das an der Wand im Wohnzimmer der Vierzimmerwohnung steht. Der zehnjährige Robert im Zimmer nebenan ist schon wach geworden. Andrea Schröder putzt sich schnell die Zähne, zieht sich an - dann steht die erste Autofahrt des noch dunklen Tages an. Im VW Passat geht es zum Bäcker, ein paar freundliche Worte werden gewechselt, dann schnell mit der Brötchentüte zurück nach Hause.

An der Tür wird sie lautstark begrüßt von Reika und Ricki, zwei kleinen Jack-Russel-Terriern, die ihr Futter wollen. Anschließend das Frühstück in der Küche mit Robert, der ein T-Shirt mit der Aufschrift "Hausaufgaben gefährden meine Gesundheit" trägt. Es gibt Nutellabrötchen, außerdem eine kleine Lagebesprechung zum Tag.

Andrea Schröder muss den "Subtraktionsführerschein" ihres Sohnes unterschreiben, bei dem er nur einen Fehler gemacht hat. "Ich habe eigentlich andere Lieblingsfächer. Sport zum Beispiel", sagt der noch müde wirkende Robert. Dann geht er zum Bus, der in die Schule nach Trittau fährt. "Tschüs, Maus", sagt Andrea Schröder an der Tür. Jetzt weckt sie die zweijährige Riana und den fünfjährigen René. Und das bedeutet: Wickeln, waschen, Zähneputzen - und noch ein Frühstück. Mit Nutellabroten.

7.45 Uhr: Die zweite Autofahrt am Morgen führt zur Tagesmutter

Ricki und Reika waren schon draußen, jetzt sitzen sie in ihrer Box. "Die haben mir neulich das Handy zerkaut. Deswegen lasse ich sie nicht mehr in der Wohnung rumlaufen, wenn ich nicht da bin", sagt Andrea Schröder. Die Tochter wird im Kindersitz auf der Rückbank angeschnallt, René nimmt daneben Platz. Über ländliche Straßen geht es zu einem Haus, in dessen Garten eine Schaukel und eine Rutsche stehen. Spielzeug liegt daneben, zahlreiche Rutscheautos parken in Reihe. Tagesmutter Angelika Knigge steht am Eingang. "Hallo Riana", sagt sie und nimmt ihren Gast in den Arm. Im großen Spielzimmer warten schon andere Kinder. Andrea Schröder küsst ihre Tochter zum Abschied.

Der nächste Weg führt zum Kindergarten Hoisdorf. Viele Autos, viele Kinder, viele Eltern. Berufstätige Eltern, die weiter müssen, sich aber trotzdem Zeit nehmen für Abschiede, kleine Sorgen, gute Worte. René hängt seinen Mantel an seinen Haken, den mit dem Schlittschuh. Die "Buddelhose" behält er an. Der Kindergarten hat heute ein Problem: Die Heizung ist ausgefallen. Die Erzieherinnen frieren. Die Kinder, die wild durch die Gegend laufen und hüpfen, offenbar nicht so.

8.30 Uhr: Erst mit den Hunden auf die Wiese, dann die Wohnung aufräumen

Reika und Ricki stürmen wild über die Wiese, und für Andrea Schröder ist es die "entspannendste Zeit des Tages": der Spaziergang, der über einen Feldweg an einer Koppel entlangführt. Zeit, um ein bisschen zu sich zu kommen, nachzudenken. "Natürlich wäre mit einem Partner manches einfacher. Aber das habe ich bisher nicht so hinbekommen", sagt Andrea Schröder. Immerhin kümmert sich Rianas Vater an bestimmten Tagen mit um die Kinder, etwa an Wochenenden. Und er ist manchmal bei Ausflügen dabei, zum Beispiel zum Indoor-Spielplatz nach Ahrensburg. Zu den Vätern ihrer beiden anderen Kinder hat sie keinen Kontakt. Ihre Eltern, beide berufstätig, können nicht viel helfen. Mit Freundinnen, die auch Kinder haben, fährt Andrea Schröder manchmal ins Hallenbad nach Ahrensburg. "Dann können wir es aufteilen, wer auf die Kinder aufpasst." Ans Wasser geht's auch im Sommerurlaub: "Wir fahren eigentlich immer nach Amrum, mit der evangelischen Kirche. Und manchmal machen wir natürlich auch einen Ausflug zur Ostsee oder zum Großensee."

Nach einer halben Stunde Spaziergang steht Hausarbeit an: Tisch abwischen, aufräumen, Wäsche aufhängen, saugen, putzen. Am Computer nach wichtigen Mails schauen, Papierkram und Rechnungen erledigen. Und dann kommt noch der Vermieter vorbei, der so nett ist, Holz mitzubringen. Damit wird später der Ofen angefacht, der mitten im Wohnzimmer steht. "Wir heizen fast nur damit. Das ist billiger, außerdem ist die Wärme schöner", sagt Andrea Schröder.

12.45 Uhr: Riana macht Mittagsschlaf, René muss zur Logopädin

Roberts Schule ist heute früher beendet als sonst: Schon um 12.44 Uhr steht sein Bus an der Straße. Andrea Schröder holt ihn mit dem Auto ab. Weiter geht's zu Riana und René, deren Betreuung um 13 Uhr endet. Um 14 Uhr muss René schon bei einer Logopädin in Hoisdorf sein. Robert passt zu Hause auf seine schlafende Schwester und die beiden Hunde auf. Die Mutter fährt René zur Logopädin, dann wieder nach Hause. Nach einer Dreivierteilstunde holt sie René wieder ab. Dann ist endlich Zeit fürs Mittagessen. Nur Riana hat schon etwas bekommen, die Großen haben noch Hunger.

16.30 Uhr: Es gibt Spaghetti mit Würstchen und Tomatensoße

"Piep, piep, piep - wir haben uns alle lieb!": Die Familie, die erstmals an diesem Tag zusammensitzt, fasst sich an den Händen und beginnt mit einem fröhlichen Sprüchlein das - heute leicht verspätete - Mittagessen. René, der den Tag über Worte mit "Sch" - wie "Schrank", "Schule" und "Schlüssel" - üben muss, hat beim Kochen geholfen. "Es ist sein Lieblingsgericht. René isst die Nudeln lieber mit Würstchen, Robert mit Hack. Und heute konnte René entscheiden", sagt Andrea Schröder.

Nach dem Essen wird der Tisch abgewischt. Zeit für ein Spiel, ein richtiges - denn Andrea Schröder schätzt es nicht, wenn die Kinder am Computer spielen. Spiele, deren englische Namen Robert viel besser kennt als Mama und die Mama "furchtbar" findet. Schablonen kommen also auf den Tisch, mit denen bunte Papageien, Schweine, Clowns und Kühe gemalt werden können. Robert hilft seinen kleineren Geschwistern. Hin und wieder findet er Zeit, auch selbst zu malen - Star-Wars- Raumschiffe und -Figuren, wie sie in seinem Zimmer stehen.

Schon in wenigen Wochen wird die Familie nicht mehr so zusammensitzen. "Robert kommt im Februar nach der Schule in eine Tagespflege in Trittau. Er ist erst um 18 Uhr wieder hier, aber es ist besser für ihn. Denn dann kann er mit Gleichaltrigen spielen", sagt seine Mutter. Bisher sei das kaum möglich, da seine Klassenkameraden in Trittau wohnen. Und Andrea Schröder will im Juli wieder in ihren Job einsteigen. Riana und René sollen dann länger betreut werden, außerdem wird ein Au-pair- Mädchen einziehen. "Ich habe eine junge Spanierin in der engeren Auswahl", sagt Andrea Schröder. Gefunden habe sie sie in einem Forum im Internet. Als "Plan B" macht Andrea Schröder gerade eine Ausbildung zur Tagesmutter an der Volkshochschule Ahrensburg.

19 Uhr: Nach dem Abendessen bleibt Zeit für Robert und ein Bad

Wurst und Käse kommt auf den Abendbrottisch, eine Gurke und Brötchen vom Morgen. Nebenbei hat die Mutter ein Auge auf ihre beiden "kleinen Mäuse": "Wenn es ruhig ist, machen sie meistens Quatsch da hinten." Ganz anders Ricki und Reika - bei ihnen hört man es, wenn sie etwas anstellen. "Eigentlich wollte Robert die Hunde haben. Zuerst nur einen, aber dann kam eben noch ein zweiter dazu", sagt Andrea Schröder. Jetzt ist sie es, die sich in erster Linie um die Hunde kümmert. Sie vergisst nicht zu sagen, dass ihr Ältester ihr ansonsten eine große Hilfe ist. Man sieht es: Mit einer für einen Zehnjährigen ungewöhnlichen Geduld kümmert er sich um die beiden Jüngeren - etwa um René, dem das "Sch" bei Worten wie "Schach" noch nicht so richtig über die Zunge gehen will. Schach, das ist übrigens auch eines von Roberts Lieblingsspielen.

Feierabend ist noch lange nicht: Tisch abdecken. Abspülen. Die Kinder waschen, umziehen, mit ihnen Zähne putzen, ins Bett bringen. "Wenn die beiden Kleinen schlafen, ist Roberts Zeit. Er erzählt mir dann, wie sein Tag war", sagt Andrea Schröder. Irgendwann schläft dann auch Robert - aber das heißt natürlich nicht, dass sie bis zum Morgen nichts mehr von ihren Kindern hört. "Sie wachen natürlich nachts manchmal auf. Und dann wollen sie auch zum Kuscheln kommen", sagt Andrea Schröder. Mutter sein - eben ein 24-Stunden-Job. Wenn sie doch einmal Ruhe hat, abends, schreibt Andrea Schröder alten Freunden auf Facebook.

Ob sie eigentlich manchmal Sehnsucht hat nach ihrem alten Leben ohne Kinder? "Nein, ich möchte nichts missen. Es ist wunderbar für mich, Mutter zu sein, die leuchtenden Augen meiner Kinder zu sehen, wenn sie sich über etwas freuen", sagt Andrea Schröder. Und wenn sie doch einmal gestresst ist, nimmt sie eben, wie vielleicht heute Abend, ein Entspannungsbad in der Wanne. Gestresst sein, das will sie schon aus einem Grund nicht. "Es würde sich ja auf meine Kinder übertragen, wenn ich immer gereizt wäre", sagt sie. Und wirkt, immer noch, fröhlich dabei.