Eine Glosse von Hinnerk Blombach

Seit geraumer Zeit verfolgen wir mit wachsender Begeisterung, dass es so wertvolle Einrichtungen wie die Gesellschaft für deutsche Sprache gibt, die alljährlich das "Wort des Jahres" kürt und uns in der Vergangenheit so wunderbare Schöpfungen wie "Besserwessi", "Teuro" oder sogar "Bundeskanzlerin" (!) im kollektiven Gedächtnis verankert hat.

Und damit wären wir auch schon annähernd beim Thema, nämlich beim Bundespräsidenten. Der hat, vermutlich in der ganzen Tragweite eher unbeabsichtigt, ein Wort des Tages geprägt. Und zwar ein Wort des gestrigen Dienstags, an dem der Rubikon quasi zum Nabel der Nachrichten-Welt wurde. Jener Grenzfluss also, der seinerzeit die römische Provinz Gallia cisalpina und das eigentliche Italien trennte, und den Gaius Julius Caesar im römischen Bürgerkrieg am 10. Januar 49 v. Chr. überschritt. Von diesem Zeitpunkt an wusste der Feldherr, dass es kein Zurück mehr gab.

Der Bundespräsident, für den ein Zurück zunehmend wahrscheinlich wird, hat nun dem altertümlichen Fluss mithilfe einer eher neuzeitlichen Einrichtung wie der Handy-Mailbox des "Bild"-Chefredakteurs zu neuer Berühmtheit verholfen. Es ist daher zu vermuten, dass sich der 3. Januar 2012 als Rubikon-Dienstag in unser kollektives Gedächtnis einbrennen wird. Oder, globalisiert wie wir sind, sogar in der international kompatiblen Form Rubikon Tuesday.

Womit wir bei den Rolling Stones wären, die im Jahre 1967, als es das "Wort des Jahres" noch gar nicht gab, bereits mit einem annähernd gleichlautenden Werk einen Hit des Jahres landeten. Darin geht es indes weniger um Großburgwedel und dazugehörige Kredite, als vielmehr um große Liebe und dazugehörigen Kummer.

In beiden Fällen also nicht gerade Peanuts. Womit wir beim Unwort des Jahres 1994 wären, und bei unserem ursprünglichen Ansatz, dem Grenzfluss zu langfristigen Ehren zu verhelfen: Wer Wort des (Dienst-)Tages war, sollte auch die Chance bekommen, an der Endausscheidung zum Wort des Jahres teilzunehmen. Wir schlagen Rubikon hiermit offiziell vor.