Der Oldesloer Wolfgang Bartolain hat das größte Bürgersolarkraftwerk Schleswig-Holsteins aufs Dach gebracht

Bad Oldesloe. Auf dem Dach einer Halle der Stormarner Werkstätten in Bad Oldesloe haben 23 private Investoren das größte Bürger-Solarkraftwerk Schleswig-Holsteins entstehen lassen. Dort sind in den vergangenen vier Wochen 612 Sonnenkollektoren installiert worden, die zusammen 1000 Quadratmeter Fläche ausmachen. Auf einem benachbarten Dach haben neun weitere Geldgeber zeitgleich noch mal 161 Module auf einer Fläche von 260 Quadratmetern montieren lassen. Investitionskosten: rund eine halbe Million Euro.

"Beide Anlagen zusammen speisen ungefähr 154 000 Kilowattstunden jährlich ins Stromnetz ein", sagt der Oldesloer Kaufmann Wolfgang Bartolain, 55, der die Investoren zusammengebracht und den Bau der Anlagen organisiert hat. "Das entspricht dem Bedarf von ungefähr 48 Vier-Personen-Haushalten." Dadurch lasse sich der Kohlendioxid-Ausstoß um jährlich rund 75 Tonnen reduzieren. Um diese Menge zu kompensieren, bedürfe es 3900 großer Bäume auf einer Fläche von etwa acht Hektar Größe.

Mit der Ökobilanz kann Bartolain also zufrieden sein. Er ist so etwas wie der Vater aller Stormarner Bürger-Solarkraftwerke, hat in den vergangenen Jahren kleinere Anlagen auf der Oldesloer Stadtschule und auf einem Scheunendach in Meddewade initiiert. Und er weiß aus Erfahrung, dass sich diese Idee nicht nur ökologisch rechnet, sondern auch ökonomisch. Denn der ins Stromnetz eingespeiste Strom wird mit 35 Cent pro Kilowattstunde vergütet. "Das bedeutet für die Investoren unterm Strich eine Rendite von ungefähr sieben Prozent", sagt der Geschäftsmann.

Zurzeit blickt aber die gesamte Solarbranche sorgenvoll nach Berlin. Die Bundesregierung plant eine Absenkung der Einspeisevergütung um bis zu 16 Prozent, der Bundesrat hat nicht zugestimmt, das Thema geht jetzt in den Vermittlungsausschuss. "Ich gehe aber davon aus, dass es bei der Absenkung bleiben wird", sagt Bartolain. Werden sich Bürger-Solarkraftwerke dann künftig nicht mehr rechnen? Oder werden sich die Hersteller von Solarmodulen auf die neue Situation einstellen? Sascha Jenny, 37, aus Bad Oldesloe, dessen Firma für Elektrotechnik das Bürger-Solarkraftwerk auf dem Werkstättendach gebaut hat, sagt: "Zurzeit ist jedenfalls ein Vakuum entstanden. Aus der Politik gibt es noch keine Entscheidung, und die Industrie gibt noch keine neuen Preise bekannt."

Doch die Akteure sind noch zuversichtlich, dass sich das Öko- und Geschäftsmodell auch künftig noch lohnen werde. Und darauf wollen sie vorbereitet sein. "Wir arbeiten zurzeit an einer Dachflächenbörse für Bad Oldesloe", sagt Wilfried Janson, Fraktionschef der Grünen in der Stadtverordnetenversammlung. Das sei ein Bestandteil des Oldesloer Klimaschutzkonzeptes. "So eine Börse wäre gut, weil wir Dachbesitzer dann direkt ansprechen könnten", sagt Wolfgang Bartolain. Wer sein Dach zur Verfügung stellt, bekommt Pacht.

Nach Einschätzung der Grünen sind Bürger-Solarkraftwerke ein Baustein, um Bad Oldesloe zur sogenannten 100-Prozent-Stadt zu machen. Das bedeutet, dass sich eines Tages - als Ziel haben die Grünen und der SPD-Bürgermeisterkandidat Hagen von Massenbach das Jahr 2020 ins Auge gefasst - der gesamte Energiebedarf der Stadt aus regenerativen Quellen decken lässt. "Dieser Idee liegt zugrunde, dass wir jetzt schon auf etwa ein Drittel kommen", sagt Wilfried Janson. Ein zweites Drittel werde von allein eingespart, weil zum Beispiel Kühlschränke, moderne Leuchtmittel, effizientere Heizungen und bessere Dämmungen zu einem immer geringeren Verbrauch führten. "Bleibt also noch ein Drittel, das wir einsparen müssen", sagt Janson.

Unterdessen profitieren die Stormarner Werkstätten nicht nur von der Pacht fürs Dach. Stephan Bruns, 48, Leiter der zur Diakonie gehörenden Einrichtung, sagt: "Das Projekt passt gut zur Schöpfungsgeschichte. Es gilt zu bewahren."

Am kommenden Sonnabend um 11 Uhr wird die Anlage eingeweiht. Besucher sind willkommen.