Wenn Lastwagenfahrer die vorgeschriebenen Lenkzeiten nicht einhalten, drohen hohe Bußgelder. Doch an der Raststätte Buddikate suchen sie oft vergebens nach einer freien Stellfläche

Todendorf/Buddikate. 20 Uhr auf der Raststätte Buddikate-Ost an der Autobahn 1 Richtung Lübeck. Lastwagenfahrer Helge Haberer hat sein heutiges Fahrpensum erledigt. Feierabend. Der 61-jährige sitzt im Führerhaus und schaut Fernsehen. Auf seinem Lastwagen ruhen 26 Tonnen nasser Sand, den er morgen nach Mecklenburg-Vorpommern bringen muss. Er sagt: "Ich habe Glück gehabt und bin früh reingekommen." Andere Fernfahrer, die erst jetzt auf die Raststätte fahren, haben weniger Glück. Sie müssen nach erfolgloser Suche wieder Gas geben und weiterfahren. Denn schon jetzt sind alle 87 Stellplätze für die Lastwagen an der Buddikate-Ost besetzt.

Die Buddikate ist oftmals schon am frühen Abend voll belegt

Viele von Ihnen müssten aber eigentlich Rast machen, weil das Gesetz es so vorschreibt. Nach viereinhalb oder neun Stunden müssen die Fahrer Pause machen. Haberer sagt: "Das ist oft gar nicht möglich. Was sollen wir denn machen, wenn alles voll ist?"

Haberer, der seit 40 Jahren "rollt", sagt: "Entlang der A 1 ist es besonders schlimm. Zwischen 7 und 21 Uhr biste einfach aufgeschmissen." Das berichteten auch seine Kollegen beim regelmäßigen Trucker-Stammtisch im niedersächsischen Sittensen.

Der Fernfahrer kennt alle Stellplätze an der Strecke Hamburg-Lübeck. Er fährt die Strecke regelmäßig. "Wenn hier alles voll ist, dann ziehe ich noch nach Reinfeld durch." Dort gibt es zwar keinen Rastplatz, aber die Straße durch das neue Industriegebiet direkt an der Autobahn entwickelt sich immer mehr zum Stellplatz für Fernfahrer. Wohl auch, weil Ortsfremde, die einen Stellplatz suchen, das Gelände schon von der Autobahn gut sehen können.

Ein Kraftfahrer aus Osteuropa verbringt hier eine Nacht. Auf die Frage, warum er ausgrechnet hier steht, reagiert der Litauer mit einem Achselzucken, sagt: "Wo?" Ja, wo sonst soll er mit seinem 40-Tonner stehen? Auf dem Weg bis nach Fehmarn gibt es nur noch eine weitere Raststätte. Auch die ist, wie die meisten Rast- und Parkplätze, restlos überfüllt. Viele Fernfahrer fahren daher auch solange, bis sie einen Platz bekommen.

Wer die Lenkzeiten aber nur um eine halbe Stunde überschreitet, muss mit einem Bußgeld von 400 Euro rechnen, so Haberer. Ein Fahrtenschreiber kontrolliert die Zeiten genau. Bei Kontrollen würden nur wenige Beamte der Autobahnpolizei ein Auge zudrücken. Sie können auf dem Fahrtenschreiber sehen, wann der Fahrer versucht hat, einen Rastplatz anzusteuern. Im Fahrtenschreiber ist dann eine geringere Geschwindigkeit ablesbar. Einigen bleibt daher nichts anderes übrig, als Gewerbegebiete anzusteuern. Doch dort würden immer häufiger Halteverbotsschilder aufgestellt. Viele Trucker stellen ihren Lastwagen aus der Not heraus einfach in zweiter oder dritter Reihe auf einem Rasthof ab. Die Autobahnpolizei hatte auch auf der Buddikate schon häufiger Fahrer wecken müssen, weil sie Zufahrten blockierten. Fernfahrer Helge Haberer hat da schon heftige Sachen erlebt. Er sagt: "An einigen Raststätten stehen die Kollegen die ganze Nacht mit Warnblinklicht an der Einfädelungsspur. Das ist lebensgefährlich."

Die Bundesanstalt für Straßenwesen geht nach einer Untersuchung davon aus, dass bundesweit etwa 14 000 Stellplätze für Fernfahrer fehlen. Bis zum Jahre 2012 will die Bundesregierung 8000 neue Plätze schaffen. In Schleswig-Holstein sollen in diesem Jahr gerade mal 100 neue Stellplätze entstehen. Viel zu wenig für die etwa 9000 Lastwagen, die die A 1 in Stormarn täglich nutzen. Privatinvestoren von Autohöfen sollen den Mangel jetzt beheben und viele Stellplätze, gastronomische Betriebe und sanitäre Anlagen zur Verfügung stellen. Ein Projektentwickler hat bereits bei der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) ein Konzept für den Bau eines Autohofs an der Abfahrt Bad Oldesloe vorgelegt. Fernfahrer Helge Haberer hält Autohöfe für eine gute Alternative. Er sagt: "Die sieben bis acht Euro je Nacht zahle ich gern. Fünf Euro davon können meist als Verzehrgutschein eingelöst werden." Dafür steht er meist auch wesentlich ruhiger und nicht direkt an der Autobahn, hat bessere sanitäre Anlagen und vor allem eines: einen Platz. Bis so ein Projekt in Stormarn eröffnet werden könnte, dürften allerdings noch zwei Jahre vergehen.

"Wenn die Fehmarn-Belt-Querung kommt, wird alles noch schlimmer"

Die Buddikate, so meint der erfahrene Trucker Haberer, sei von der Lage der Parkplätze eigentlich gut angelegt, weil die Lastwagen nicht mit dem Führerhaus zur Fahrbahn stehen müssen. Andernorts sei das anders. "Das ist dann so laut, als würden die Autos durchs Führerhaus fahren. Kein Wunder, dass die Jungs nach sechs Stunden Schlaf total gerädert sind." Einen anderen Fernfahrer, der ebenfalls die Nacht auf der Buddikate verbringt, ärgern die Preise auf den Raststätten. Er sagt: "Die Rasthöfe nutzen das voll aus. Aber ich kann nicht anders - ich muss ja her."

Wenn die Fehmarn-Belt-Querung kommt, wird der Verkehr noch zunehmen. Haberer: "In den vergangenen Jahren wurde es immer schlimmer. Wenn die Brücke kommt, wird's richtig heftig." In diesem Moment parkt hinter seinem Laster ein russischer Fernfahrer sein Fahrzeug in der Parkgasse. Helge Haberer rümpft die Nase, sagt: "Ein Kühltransporter." Das Gebläse summt laut. Auch diese Nacht wird für die Fernfahrer auf der Buddikate unruhig werden. Aber wenigstens haben sie einen Platz gefunden. Andere Lastwagenfahrer suchen noch.