Bank-Geheimnisse: Anja Roßmann stammt aus der Bleibtreu-Familie und leitet eine Jugendgruppe im Kleinen Theater

Bargteheide. Wenn für das Weihnachtsmärchen im Kleinen Theater geprobt wird, sitzt Anja Roßmann oft im Zuschauerraum und guckt zu. Nicht nur, weil Töchterchen Sophie mitspielt, sondern weil Spielleiterin Kirsten Martensen ihr imponiert. "Ich bin jedes Mal total begeistert", sagt die 41-Jährige. Ein Urteil aus berufenem Munde.

Anja Roßmann stammt aus der Schauspielerfamilie Bleibtreu und spielte schon vor dem Ende ihrer Ausbildung unter anderem am Düsseldorfer Schauspielhaus und am Theater in der Josefstadt in Wien. Ihr Studium hat sie am Max Reinhardt Seminar in Wien absolviert und ging von dort aus direkt in ein festes Engagement am Thalia Theater in Hamburg. Heute führt sie ein eigenes Schauspielstudio und leitet seit Jahresbeginn eine Jugendgruppe im Kleinen Theater Bargteheide.

Sie ist mit dem Theater aufgewachsen, ihre Mutter war damals Mimin an verschiedenen deutschen Häusern, ihre Tante, Monica Bleibtreu, die Grand Dame des deutschen Films und Theaters. Wenn die Schwestern gefachsimpelt haben, nächtelang oft, war Anja dabei. Ebenso wie ihr Cousin Moritz Bleibtreu begann sie später eine Schauspielausbildung. Moritz ging nach Amerika, sie entschied sich für die klassische Schule. "Als Kind war ich eher schüchtern, als Jugendliche rebellisch", sagt Anja Roßmann. Das Ende ihrer "wilden Zeit" markierte die Besetzung für eine Hauptrolle in einem kleinen Münchner Theater sowie die Aufnahme am Mozarteum in Salzburg. Tante Moni hatte einen wesentlichen Anteil daran. Sie hatte die Nichte immer ermuntert, für die das große Vorbild die Messlatte war. Das Gefühl, du musst mindestens dreimal so gut sein wie Monica, musste sie erst überwinden, um sich wirklich freizuspielen.

Einen Versuch hatte Anja Roßmann sich zugestanden. "Hätten die mich nicht sofort genommen, hätte ich meine Schauspielpläne begraben", sagt die sympathische Frau mit den großen braunen Augen. Sie ist so gestrickt, als Widder-Geborene: Hopp oder Top, aber immer mit vollem Einsatz. Nach ihrem Engagement am Thalia Theater hat sie sich in Bharata Natyam, einem der ältesten Tanz-Stile Indiens weitergebildet, der für sie Tanz, Schauspiel und Spiritualität verbindet. "Flamenco hätte ich mir auch vorstellen können, weil mir das Temperamentvolle liegt", sagt Anja Roßmann. Sie ähnelt in dieser Hinsicht ihrer vor einem Jahr verstorbenen Tante, die temperamentvoll war, energiegeladen. Und so wie sie, posiert auch Anja Roßmann nicht gerne für Fotos. "Das ist etwas ganz anderes, als vor der Kamera zu agieren", sagt sie.

Anja Roßmann hat eine achtjährige Tochter und einen zehnjährigen Sohn. Bei beiden ist sie die ersten drei Jahre zuhause geblieben. Eine bewusste Entscheidung. "Die Zeit, in der die Kinder klein sind, ist so kurz und daher umso kostbarer." Für ihre Schauspielkarriere war die Kinderpause eine Zäsur, obwohl sie ihr Engagement am Thalia Theater damals schon beendet hatte. Aus eigenen Stücken, weil sie wegen einer plötzlichen Erkrankung nicht mehr spielen konnte. Sie sollte die Hauptrolle in dem Tschechow-Klassiker "Die Möwe" übernehmen, darum hatte sie gekämpft. , sagt Anja Roßmann. "Schade war das schon. Das Thalia war mein Zuhause."

Sie hatte an verschiedenen Häusern gearbeitet, mit Lehrern und Regisseuren wie ihre Tante Monica Bleibtreu, wie Jürgen Flimm, Samy Molcho, Hannelore Hoger. Nun musste sie sich neu definieren, ihren neuen Platz suchen. "Man ist schnell weg. Man kann nicht warten und denken, die rufen einen an." Sie fand ihren Platz in der freien Theaterszene, sie machte eigenes Collagen-Theater, gab Unterricht in indischem Tanz und gründete 2008 schließlich ihr eigenes Schauspielstudio.

Seither bereitet sie junge Talente professionell fürs Vorsprechen an Schauspielschulen und Bühnen vor. "Die Anforderungen an staatlichen Schulen sind wahnsinnig hoch." Sie studiert mit ihren Schülern auch die Klassiker ein, mit denen sie selber groß geworden ist, die sie früh gespielt hat und die sie sehr schätzt. Weil sie voller Emotionalität sind, weil sie berühren. "Man sollte nie aus dem Theater rausgehen und sich schlecht fühlen, sondern gebadet in Gänsehaut", sagt Anja Roßmann.

Für ihre erste Regiearbeit am Kleinen Theater hat sie den Shakespeare-Klassiker Romeo und Julia gewählt. Sie ist beeindruckt von dem Potenzial, das in den 15 jungen Laienspielern schlummert. Premiere ist im Februar.