Beratungsstelle in Bad Oldesloe registriert starken Anstieg junger Flüchtlinge

Bad Oldesloe. Barbara Schleth und ihre vier Mitarbeiterinnen vom Diakonischen Werk Plön-Segeberg haben im vergangenen Jahr 672 Menschen bei der Integration individuell unterstützt. Dass dies, bei allem Engagement, schwierig ist, zeigt der jetzt vorgestellte Jahresbericht 2009 der Migrationssozialarbeit. Eine wachsende Fremdenangst und die gegenwärtige Abschiebepraxis erschwere die Arbeit, schreibt Propst Matthias Petersen in seinem Grußwort. Auch Barbara Schleth blickt mit gemischten Gefühlen in die Zukunft, denn durch die Finanzkrise stehen die freiwilligen Leistungen von Bund und Land auf dem Prüfstand. Sie sagt: "Die Folge einer Beratungsreduzierung wäre ein gefährdeter sozialer Frieden."

Im Norden des Kreises Stormarn hat das Team um Barbara Schleth im vergangenen Jahr 477 Menschen beraten. In Bad Segeberg waren es 195 Menschen. Der Großteil der Hilfesuchenden kam aus der russischen Förderation, gefolgt von Menschen aus Kasachstan, der Türkei und dem Irak. Im Jahr 2009 zählte der Kreis Stormarn 227 343 Einwohner, davon 9392 Ausländer, Spätaussiedler nicht mit gerechnet. Die Hälfte davon ohne Aufenthaltserlaubnis. Insbesondere die Zahl der 16- und 17jährigen Flüchtlinge sei im vergangenen Jahr angestiegen.

Wie gerade die Integration unbegleiteter junger Menschen erschwert werde, schilderte Beraterin Tina Grell: "Wir stellen eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Willen deutsch zu lernen und der Möglichkeit dafür fest." Neu Zugewanderte seien hoch motiviert, die Landessprache zu erlernen. Manche bekämen diese Möglichkeit aber erst nach Jahren, da im laufenden Asylverfahren keine Sprachkurse finanziert würden. Ohne Sprachförderung scheitere indes jede Eingliederung.

In den Integrationskursen an der Volkshochschule Bad Oldesloe (242 Teilnehmer in 2009) wird ergänzend zur Sprache auch sozialpädagogischer Unterricht erteilt. Tina Grell und ihre Kollegin Monika Marklein informieren dort über soziale Sicherung, Elterngeld oder Krankenkassen. Bei Jugendlichen ist zusätzlich Bewerbungshilfe fürs Praktikum gefragt, bei Frauen können häusliche Gewalt und Familie die Themen sein. Zu den sprachlichen Barrieren kommen andere hinzu. So werden Schulabschlüsse oder Ausbildungen aus anderen Ländern hier oft nicht oder nur zum Teil anerkannt. Wenn Akademiker ihre Familien mit Hilfsjobs wie Pizzabäcker oder Produktionshelfer ernähren müssten, gehe zuviel Potenzial verloren, kritisieren die Beraterinnen. Sie wünschen sich die gezielte Nachqualifikation fehlender Bildungsbausteine.

Stolz ist das Team auf zwei Erfolgsgeschichten. Mehr als 200 Jugendliche aus dem Kreis Stormarn hatten während der Interkulturellen Woche 2008 ihre Gedanken und Gefühle zum Thema Flucht und Fluchtursachen in Form von Texten, Tagebucheintragungen und Gedichten festgehalten. Zusammen mit den Fotos von Leona Goldstein bildet das dadurch entstandene Material den Schwerpunkt der Wanderausstellung "Jetzt haben wir das Wort!" Sie ist für 2010 bereits ausgebucht. Ein Erfolg ist auch das Nordstormarner Projekt der Sprachpartnerschaften, dass 2009 mit dem Olof-Palme-Friedenspreis ausgezeichnet wurde.

Die Nordstormarner Migrationssozialarbeit hat eine Gruppe Ehrenamtlicher ins Leben gerufen, die mit Einwanderern deren neu erworbene Deutschkenntnisse in praktischen Situationen trainieren. Inzwischen gibt es 27 Sprachpartnerschaften mit 62 Personen, die sich zu zweit oder als Gruppe einmal die Woche privat treffen. Elf Migranten aus dem Iran, Afghanistan und den russischen Ländern warten noch auf einen deutschen Sprachpartner. (Kontakt Christiane Schulze, Telefon 04521-5137). Eine Möglichkeit zum Kennen lernen ist das Sommerfest der Sprachpartner am 19. Juni zwischen 15 bis 18 Uhr im Haus der Begegnung in Bad Oldesloe, mit Spielen, Clowns und russisch-deutschem Kinderchor.