Politiker und Bürger wollen jetzt in Kiel gegen Planungsstopp protestieren

Hammoor. Mit Fassungslosigkeit haben die Bürger in Hammoor auf die Nachricht aus Kiel reagiert, dass die Planungen für die Umgehungsstraße eingestellt werden. "Das werden wir so nicht hinnehmen", kündigt der stellvertretende Bürgermeister und Verhandlungsführer Horst Lassen an. "Die Umgehungsstraße ist für unsere Gemeinde von allergrößter Wichtigkeit." Lassen hat unmittelbar nach Eintreffen des Schreibens aus dem Ministerium ein Treffen organisiert. Die Fraktionen und Vertreter der Bürgerinitiative "Sichere Straßen Hammoor" wollen morgen Abend erörtern, wie sie gegen die Entscheidung vorgehen werden. Bürgermeister Helmut Drenkhahn hatte bereits angekündigt, persönlich im Kieler Verkehrsministerium gegen den Planungsstopp protestieren zu wollen.

Die Hammoorer Ortsumgehung bleibt ein heißes Thema. Seit einem Vierteljahrhundert fordert die 1220- Einwohner-Gemeinde die Straße, die den Ortskern vom Verkehr entlasten soll. Es gab Gespräche mit Behörden, verschiedene Planungsvarianten, drei mögliche Trassenführungen, immer wieder Verzögerungen und Vertröstungen - und schließlich das Votum für die südliche, weit ums Dorf verlaufende Trasse.

Jahrelang hatten die Bürger dafür erbittert gerungen. Bürgermeister Helmut Drenkhahn hatte damals schon gewarnt, das Projekt nicht unnötig zu verzögern. Der Sprecher der Bürgerinitiative, Wolfgang Krecker, sagt heute: "Die ortsnahe Umgehung hätte gar nicht erst geplant werden dürfen, weil von vornherein klar war, dass sie nie eine Mehrheit finden würde. Anderthalb Jahre Zeit haben wir verloren."

Die Planer, die genau diese ortsnahe Variante befürwortetet hatten, ließen sich auf den Kompromiss ein und begannen mit den Entwürfen für die ortsferne Süd-Trasse. Das war im März 2007. "Wir schaffen mehr Sicherheit für alle Hammoorer", hatte Verhandlungsführer Horst Lassen diesen Erfolg kommentiert. Auch die 1986 gegründete Initiative "Sichere Straßen Hammoor" begrüßte die Entscheidung.

Das ist nun alles hinfällig, obwohl die Planungen weit fortgeschritten sind. "Die Ausbaupläne sind fast fertig, mit den Grundeigentümern sind wir uns einig, die Ausgleichsflächen sind benannt", sagt Horst Lassen. Das Planfestellungsverfahren sollte spätestens Anfang 2011 eröffnet werden.

"Wenn das Land das Projekt jetzt versenkt, verschleudert es Steuergelder in nicht unerheblichem Maße. Dann war auch die jahrelange Arbeit der Planer umsonst", sagt Horst Lassen. Er hat dafür kein Verständnis. "Projekte in einem so fortgeschrittenen Stadium hätte das Land bei seinen Sparmaßnahmen ausklammern müssen", sagt Horst Lassen. Die Planungen hätten bisher gut 150 000 Euro verschlungen.

Enttäuscht ist auch der Sprecher der Bürgerinitiative Wolfgang Krecker. "Überrascht hat mich die Entscheidung gegen die Ortsumgehung nicht." Das sei zu erwarten gewesen. Das sei ein Politikum. "Die streichen erst einmal alles, und warten, wer schreit." Wie Lassen sieht auch Krecker wenig Sinn darin, alle bisherigen Planungen einzustampfen. "Man könnte zumindest die Planungen fertigstellen und zu einem späteren Zeitpunkt, wenn das Geld dafür da ist, mit dem Bau beginnen."

Im Ringen um die Umgehungsstraße hat die Gemeinde ihre Erfahrungen gemacht. Widerstandslos wird sie auch die neuerliche Entwicklung nicht hinnehmen. Vor allem deshalb nicht, weil der Durchgangsverkehr stetig zunimmt. 14 000 Fahrzeuge pro Tag rollen laut jüngster Verkehrszählung über die Hauptstraße. Tendenz: Steigend.

"Morgens zwischen 6 und 9 Uhr und abends zwischen 16 und 19 Uhr ist es besonders schlimm. Dann kann man die Straße gar nicht überqueren", sagt Horst Lassen. Etwa zehn Prozent der Fahrzeuge sind Lastwagen, die ins Bargteheider Gewerbegebiet fahren oder von dort zu den Autobahnen wollen. Auch ihr Anteil nimmt zu.

Wolfgang Krecker hält gerade diesen Aspekt für sehr wichtig. Er sagt: "Mit dem Bau des Aldi-Großlagers in Bargteheide werden unsere Argumente in Zukunft nur stärker." Der starke Verkehr durch den Ort sei ein Gefahrenpotenzial, das man erkennen solle. Und zwar nicht erst dann, wenn es etwas passiert ist. Krecker sei zuversichtlich, dass die Entscheidung noch nicht das letzte Wort aus Kiel sei. "Ich bin mir sicher, dass wir daran noch etwas ändern können."

Die geplante Süd-Trasse soll in einem Abstand von rund 400 Meter zu den Wohngebieten und potenziellen Entwicklungsflächen auf 3,5 Kilometern Länge um das Dorf herumführen. Sie beginnt zwischen den Pflanzenmärkten an der Chaussee zwischen Bargteheide und Hammoor und führt in leicht gekrümmter Linie in östliche Richtung. Hinter der alten Scheune am Ortsausgang von Hammoor Richtung Autobahn führt sie wieder auf die Kreisstraße 106. Baubeginn hätte eigentlich 2013 sein sollen.