Familie Quaiser ist in Großhansdorf angekommen. Zeit zum Durchatmen, denn hier ist alles, wie es immer sein müsste.

Großhansdorf. Sie sind wieder da, die Quaisers: mit ihrem Zirkuszelt, den Ponys Max und Moritz, den Ziegen, dem Mops Diva und allen Kostümen und Requisiten. So wie jedes Jahr. "Das ist wie nach Hause kommen. Großhansdorf ist immer ein Lichtblick für uns", sagt die Chefin Sonja Quaiser. Viele gibt es nicht mehr davon. Zirkusleben war immer hart. Jetzt trifft es auf EU-Bürokratie. Da haben Clowns nicht mehr viel zu lachen.

"Seit Jahrzehnten fahren wir von Ort zu Ort. Jetzt hat die EU festgestellt, dass unsere Gespanne zu lang sind. Wir dürfen die Wagen nicht mehr aneinanderhängen", sagt Sonja Quaiser. Das heißt: Sie dürften schon. Allerdings nur nach einem TÜV-Gutachten für 1000 Euro - und nach einer Fahrt im Kreis, um die Wendefähigkeit zu beweisen. Das wäre teuer gewesen, aber noch gegangen. "Aber dann sollten wir bei Tempo 60 eine Vollbremsung machen, um zu beweisen, dass das funktioniert. Aber das geht nicht. Dann fliegen unser Tiere und Sachen alle durcheinander."

Jetzt müssen die Quaisers die Wagen einzeln fahren. Das dauert doppelt so lange und kostet doppelt so viel Sprit wie bisher. "Andererseits müssen wir zum beispiel in Hamburg unsere Platzmiete jetzt für das ganze Jahr schon im Voraus zahlen. Und mit 250 Euro kommen wir da auch nicht mehr aus. Die Miete wird neuerdings nach den Quadratmetern berechnet, die wir belegen. Einmal sollten wir 1000 Euro bezahlen. Da können wir nicht mehr hin."

Hinzu kommt, dass die Quaisers nicht mehr sicher sein können, dass die zeitlichen Abstände gewahrt bleiben. So kann es sein, dass sie in Hamburg an einen angestammten Platz kommen, von dem gerade ein Puppentheater abgereist ist. Sonja Quaiser: "Die Miete haben wir dann schon bezahlt, aber ob wir noch Publikum kriegen und unser Geld reinholen, wissen wir nicht." Selbst 400 Euro Kaution wurden ihnen kürzlich abgezogen, weil Axel, das Pferd, mal "musste". "Die Wiese war voll mit Hundekot, aber wir hätten Axel ein Vlies unterlegen müssen. Was ist das für ein Irrsinn", sagt die Zirkuschefin.

In Großhansdorf ticken die Uhren anders. Miete wird nicht verlangt. Nur Strom und Wasser werden berechnet. Sonja Quaiser: "Man kennt und schätzt uns. So macht der Beruf Freude." Im kommenden Jahr macht der Zirkus ein Unterrichtsprojekt in der Grundschule am Wöhrendamm. "Diese Projekte sind unsere Zukunft", sagt die Chefin. Doch morgen wird sie erst mal wieder mit Frack und Zylinder durchs Programm führen und sich vor offenen Mündern der Zuschauer die Python-Schlange um den Hals legen. Henry wird auf der Stuhlpyramide Kopfstand machen, Ramon balancieren, Mila am Trapez durch die Luft fliegen. Ohne Zirkusluft könnten sie nicht atmen.