Sie bedrohen ihre Opfer mit Schusswaffen und Messern. Die Polizei verzichtet auf Fahndung mit Fotos aus den Überwachungskameras.

Bargteheide/Glinde/Reinfeld. Eine unheimliche Überfallserie hält die Polizei in Atem. Seit Jahresbeginn wurden im Kreis sechs Spielhallen, zwei Tankstellen, zwei Lebensmitteldiscounter und ein Drogeriegeschäft ausgeraubt. Jedes Mal bedrohten die Täter die Angestellten mit einer Pistole oder einem Messer und erbeuteten Geld. In Reinfeld, Bad Oldesloe, Bargteheide, Ahrensburg, Glinde und Reinbek. Allein in der vergangenen Woche hatte es vier Raubüberfälle gegeben (wir berichteten).

Für Polizeisprecherin Sonja Kurz ist es nur "Zufall", dass es in den vergangenen Wochen zu einer solchen Häufung von Überfällen gekommen ist. Derzeit gehe die Polizei nicht davon aus, dass sie es mit einer Bande zu tun habe und die Taten von denselben Personen verübt worden seien. "Wir prüfen immer Parallelen, aber im Moment gibt es dafür keine Anhaltspunkte", sagt Kurz. "Wir haben jedes Mal völlig unterschiedliche Personenbeschreibungen." Zudem wurden die Taten zum Teil nur einer einzigen Person verübt. In anderen Fällen waren zwei oder mehrere beteiligt. Auffällig ist, dass alle Überfälle in der Nähe einer viel befahrenen Bundesstraße oder einer Autobahn passiert sind.

Bisher konnte die Polizei noch keinen der Täter überführen. Allerdings vermutet sie, dass die Überfälle auf eine Tankstelle in Reinfeld am 12. März und auf eine Spielhalle in Bargteheide am 14. März zu einer Überfallserie gehören, die Jugendliche aus dem Kreis Segeberg verübt haben. "Wir haben die Fälle der Polizei in Bad Segeberg übergeben und setzen darauf, dass es sich tatsächlich um Jugendliche aus Segeberg gehandelt hat."

Aber warum konnten die Täter bisher noch nicht festgenommen werden? Einer der Gründe sei, dass die Unbekannten bei ihren Überfällen fast immer maskiert waren. "Das macht es für die Opfer schwierig, die Täter zu beschreiben", sagt Kurz. Bisher hat die Polizei auch noch keine Fahndungsfotos veröffentlicht, obwohl es in Tankstellen, Spielhallen, Discountern und Drogeriemärkten in der Regel Überwachungskameras gibt. Weshalb nicht? Sonja Kurz: "Aus ermittlungstaktischen Gründen." Außerdem müsste für die Freigabe der Bilder aus den Videokameras die Genehmigung der Staatsanwaltschaft eingeholt werden. Das habe die Polizei bislang nicht versucht. "Wenn wir zu früh an die Öffentlichkeit gehen, kann es zur Folge haben, dass sich die Täter absetzen", sagt die Polizeisprecherin.

Und was sagt die Staatsanwaltschaft dazu? "Wenn es schnellen Erfolg verspricht, geben wir schon Fahndungsfotos heraus", sagt der Lübecker Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Schultz. Aber das Videomaterial müsse sich auch für Fahndungszwecke eignen. Das sei nicht immer der Fall: "Oft gibt es nur ein oder zwei Kameras, und die sind dann nur auf ein bestimmtes Regal ausgerichtet - zum Beispiel auf das Regal mit den Spirituosen." Hinzu komme, dass die Qualität der installierten Video-Kameras sehr unterschiedlich sei.

Staatsanwalt Schultz verweist außerdem auf den Paragrafen 131 b der Strafprozessordnung. "Die Vorschrift besagt, dass Fahndungsfotos nur dann zulässig sind, wenn die Identität des Täters nicht auf andere Weise festgestellt werden kann." Das heißt: Solange es noch andere Ermittlungsansätze gebe, werde erst einmal diesen nachgegangen, bevor Bilder aus der Videokamera dann als letzte Möglichkeit veröffentlicht würden. Deshalb sind für die Stormarner Polizei Zeugenaussagen von großer Bedeutung. Sonja Kurz: "Wir sind immer dankbar, wenn sich ein Zeuge bei uns meldet. So fügt sich ein Baustein zum anderen." Je detaillierter die Beschreibungen seien, desto größer sei auch die Wahrscheinlichkeit, die Täter zu fassen.

Bei den Überfällen wurden die Opfer immer mit einer Schusswaffe oder einem Messer bedroht. Geht die Polizei davon aus, dass die Schusswaffen echt waren? Kurz: "Solange wir die Waffe nicht sichergestellt haben, können wir das nicht beurteilen."

Die Opfer selbst könnten das auch so schnell nicht erkennen. Deshalb rät sie, den Tätern lieber das Geld zu geben, anstatt den Mutigen zu spielen. Sie sagt: "Keiner weiß, wer da vor einem steht und wie die Person reagiert, wenn nicht das gemacht wird, was sie verlangt."

Sind Tankstellen- und Spielhallenmitarbeiter den Tätern also vollkommen hilflos ausgeliefert? Haben sie gar keine Möglichkeiten, solche Überfälle zu verhindern? "Doch", sagt Polizeisprecherin Sonja Kurz. So sollten Tankstellenmitarbeiter die Kasse beispielsweise erst dann hervorholen, wenn sie die Tür abgeschlossen haben und das Geschäft nicht mehr geöffnet ist. Außerdem sollten Tankstellen konsequent ihren Nachtschalter nutzen und dann auch die Eingangstür abschließen.