Das soziale Projekt für Ein-Euro-Jobber wird bis Ende des Jahres verlängert. Wer mehrfach auffällt, wird der Schule gemeldet.

Barsbüttel/Trittau. Der Einsatz von Busbegleitern auf den Linien zur Barsbütteler Gesamtschule macht sich bezahlt. "Seit es das Projekt gibt, verläuft die Schülerbeförderung deutlich friedlicher", sagt Rathausmitarbeiter Jan Greve. Früher habe es unter den rund 330 Kindern und Jugendlichen, die jeden Tag mit dem Bus zur Gesamtschule kommen, oft Mobbing und Prügeleien gegeben. Das für die Gemeinde kostenfreie Beschäftigungsprojekt des Ausbildungsverbands Stormarn/ Lauenburg (AVB) ist gerade bis Ende 2010 verlängert worden.

"Wir haben die Randale im Bus so gut wie unterbunden, manche Schüler helfen uns jetzt sogar", sagt Wolfgang Domaschke. Der dienstälteste Barsbütteler Busbegleiter ist seit 2005 dabei und Chef der anderen. Acht Männern und einer Frau hat die Arge den Job im Bus zugewiesen. Rentner Domaschke arbeitet die Ein-Euro-Kräfte ein und leitet ihre Besprechungen jeden Montagmorgen im Bürgerhaus. "Die meisten Kinder sind nicht aggressiv", sagt Domaschke über die auffälligen Schüler, "denen hört bloß zu Hause keiner zu."

Alexander Rhein, beim AVB zuständig für das Projekt, ist froh, dass die Finanzierung steht. Schulbusbegleiter kann nicht jeder Hartz-IV-Empfänger werden. "Gesucht werden sozial starke Personen, die eigenständig arbeiten und Konflikte jugendgerecht lösen können. Die sind nicht leicht zu finden", sagt Matthias Kiebert, stellvertretender Leiter der Arge Reinbek.

Erwin Lüth und Matthias Stapel erfüllen die Kriterien. Den Job haben sie sich nicht selbst ausgesucht, aber sie machen ihn gern - er ist für beide eine Chance, wieder im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Busbegleitung ist eine "qualifizierende Beschäftigungsmaßnahme" für Langzeitarbeitslose, besser bekannt als Ein-Euro-Job. Zu zweit fahren die Begleiter morgens und mittags in den Schulbuslinien 337, 537 und 737 zwischen Barsbüttel, Kronshorst, Glinde und Trittau mit. Es ist zwölf Uhr. Die Kinder und Jugendlichen strömen aus der Gesamtschule und in den Gelenkbus der Linie 337. Erwin Lüth und Matthias Stapel achten darauf, dass nicht gedrängelt wird. Trotz der Enge ist von Aggressivität keine Spur.

Warum die Männer in den roten Westen mitfahren, weiß der elfjährige Alex aus Stapelfeld ganz genau: "Die passen auf, dass hier nichts schiefgeht. Wenn die nicht da sind, wird da hinten viel Quatsch gemacht!" Da hinten sind die Sitzreihen, die meist ältere Schüler für sich reklamieren. "Da liegen dann hinterher oft Flaschen und Müll", erzählen zwei Mädchen. Wie aufs Stichwort geht Erwin Lüth nach hinten. Dort hat ein etwa 16-Jähriger seine Füße auf die Sitzbank gelegt. Der Busbegleiter spricht ihn kurz an, die Schuhe gehen runter, und Lüth kommt zurück in die Busmitte.

Der gelernte Fahrzeugbauer und Federschmied aus Reinbek strahlt Autorität aus. 35 Jahre hat er für ein großes Unternehmen in Hamburg gearbeitet. 2002 wurde seine Abteilung aufgelöst. Seitdem hat der heute 60-Jährige sich oft umsonst beworben. "Die Firmen suchen immer 20-Jährige mit 40 Jahren Berufserfahrung", sagt er. Den Job als Busbegleiter macht Lüth seit einem Jahr, zuvor hat er den Fahrradservice an der Grundschule Tannenweg für den AVB betreut, bis die Gelder für das Projekt gestrichen wurden.

Nach 20 Minuten Fahrt hält der Bus an der Grundschule Stapelfeld. Es herrscht Gedränge, viele Schüler steigen ein und aus. Zwei Jungen beschimpfen einen dritten. Die Busbegleiter schauen genau hin, aber dann geht die Tür zu, und die Jungs beruhigen sich. Matthias Stapel freut sich, wenn die Schüler Vertrauen fassen. Der 38 Jahre alte Barsbütteler mit dem freundlichen Blick ist seit drei Jahren arbeitslos. "Mein Ausbildungsleiter sagt, ich könnte was Soziales machen." Der gelernte Drucker war früher Maschineneinrichter. Er hatte sich zum Werkstattleiter hochgearbeitet, doch die Firma bekam Probleme, und Stapel musste als einer der ersten gehen, weil er keine Familie zu ernähren hat. "Ich hatte Glück, dass ich beim AVB gelandet bin", sagt er. Dort konnte er den Auto- und den Gabelstapler-Führerschein machen. Der Ein-Euro-Job sei besser, als nichts zu tun. "Man macht was, hat Verantwortung, und auch die Busfahrer fühlen sich unterstützt."

Einige Kinder haben noch längere Tage als die Erwachsenen, müssen um 5 Uhr morgens aufstehen und sind erst am Abend wieder zu Hause. "Die sagen trotzdem fröhlich ,Guten Morgen'", sagt Matthias Stapel. Die elfjährige Vanessa aus Sandesneben hat so einen Tag. Nach der Schule geht es in den Hort. Zu Hause ist sie erst wieder um halb sechs. Ihre Freundin Isabella aus Witzhave braucht jeden Tag hin und zurück eine Stunde. Beiden macht die lange Busfahrt nichts aus. "Wir haben ja immer Gesellschaft." Um 13.15 Uhr erreicht der Bus das Trittauer Schulzentrum. Für die Rücktour steigt ein neuer Schwung Schüler ein. Alle finden einen Platz, es geht ruhiger zu als in Barsbüttel. Mit den Schulen gibt es eine Absprache, dass die Busbegleiter wiederholte Verstöße melden. "Missetäter kommen in das schwarze Buch", sagt Matthias Stapel, zeigt sein kleines Notizbuch und lächelt: "Das Argument wirkt fast immer."