18 Jahre nach seiner Gründung ist der Stapelfelder Kulturkreis in Gefahr. Der Vorsitzende Günther Kühl (67) will kürzertreten. Seit anderthalb Jahren sucht er Mitstreiter - vergebens.

Stapelfeld. Der Weg in die Kratzmannsche Kate führt über holpriges Eis. Auf dem Reetdach liegt Schnee. Um die Ecken des Fachwerkhauses weht ein lausiger Wind. "Bei solchem Wetter fahren wir sonst gern nach Lanzarote. Kennen Sie die Insel? Die ist wunderschön", sagt Günther Kühl. Das Wörtchen "sonst" hat Gewicht. "Verreisen? Jetzt? Nein, das kriege ich nicht hin. Zuerst muss ich das hier in trockenen Tüchern haben", sagt der 67-Jährige. "Das hier" ist nicht weniger als das kulturelle Leben in Stapelfeld.

Vor 18 Jahren waren Günther Kühl und seine Frau dabei, als der Stapelfelder Kulturkreis aus der Taufe gehoben wurde. Seit 14 Jahren ist Kühl Vorsitzender des Vereins, der mittlerweile mehr als 200 Veranstaltungen in der schmucken Reetdachkate an der Reinbeker Straße organisiert hat: Konzerte, Ausstellungen, Lesungen, Kabarett und Theater für Kinder. Das darf nicht mit einem Schlag zu Ende gehen. Aber die Situation ist prekär. Seit eineinhalb Jahren wird nach einem Nachfolger für Günther Kühl gefahndet. Bisher fand sich niemand. Für den 67-Jährigen steht jedoch fest: So wie bisher kann es nicht weitergehen.

"Wir haben beide schon unseren Herzinfarkt hinter uns", sagt der Noch-Vorsitzende und meint damit sich und seine Frau, die seit 18 Jahren Schatzmeisterin ist. Die Gesundheit erlaubt es nicht, dass sie mit Volldampf weitermachen. Und mal eben so nebenbei lässt sich dieses Ehrenamt nicht ausfüllen. "Das ist wie ein Halbtagsjob", sagt der Stapelfelder und weiß schon jetzt, dass es niemanden geben wird, der so viel Zeit investieren würde.

"Wir brauchen mehrere Leute im Vorstand, die von A bis Z eigenverantwortlich einen Bereich betreuen. Leute, die Künstler ranholen, Plakate machen, Einladungen verschicken und auch mal Pressetexte schreiben", sagt der ehemalige Verwaltungsbeamte, der das Organisieren im Beruf gelernt und dem der Umgang mit Menschen immer Freude gemacht hat - in der Finanzbehörde und in der Kate.

"Wir haben hier so viele interessante Menschen kennengelernt. Maler, Bildhauer, Musiker, Kunsthandwerker. Das hat unser Leben wirklich bereichert", sagt der Stapelfelder. Und das möchte er nicht missen. Wenn sein Herz auch Schonung braucht, es schlägt mit aller Kraft für den Verein und dafür, die Kratzmannsche Kate als Kulturtreff aufrechtzuerhalten. Jetzt gibt es einen Hoffnungsschimmer.

Kühl: "Nach eineinhalb Jahren Suche haben sich vor einigen Wochen endlich fünf Interessenten gemeldet, die bei uns mitarbeiten wollen." Darunter ist auch Carolina D' Amico-Woisin aus Großhansdorf. Sie wurde im vergangenen September als 20 000. Besucherin mit einem Blumenstrauß in der Kratzmannschen Kate begrüßt. Auch ihr Mann sowie drei Interessenten aus Hamburg-Rahlstedt wollen mitmachen.

"Aus Stapelfeld ist leider niemand dabei. Schade", sagt Kühl. Fünf Interessenten - das ist immerhin ein Anfang. Das bedrohliche Aus für den Verein ist damit zunächst abgewendet. Aber noch ist "das hier" längst nicht in trockenen Tüchern, wie es sich der 67-Jährige wünscht. Denn noch ist die Arbeit nicht aufgeteilt. Noch ist der neue Vorstand nicht gewählt. Und außerdem braucht der Stapelfelder Kulturkreis dringend zwei weitere Mitstreiter, die sich um die wichtigen Sparten Musik und Literatur kümmern.

"Wenn wir Beisitzer finden, die alle diese Bereich so eigenständig führen wie ich es mir vorstelle, dann könnte ich sogar wieder für den Vorsitz kandidieren", sagt Kühl. Sein Blick sagt mehr. Er könnte gar nicht ganz loslassen. "Der Verein, die Kate, das ist eben unser Kind. Da hängt Herzblut dran", gesteht der Stapelfelder. Aber Elke und Günther Kühl müssen kürzertreten. Und so hoffen die beiden, dass spätestens nach der Mitgliederversammlung am 23. April tatsächlich alles in trockenen Tüchern ist. Dann könnte das Ehepaar im nächsten Winter wieder einmal getrost auf die geliebte Insel entfliehen.