Hohe Haftpflicht-Prämien bei geringen Gebühren für ihre Leistungen führten zu finanziellem Druck. Eine Oldesloer Hebamme berichtet.

Bad Oldesloe. In dem hellen Kursraum der kleinen Hebammenpraxis, die Eva-Maria König mit fünf Kolleginnen in Bad Oldesloe betreibt, sitzen Mütter mit Kleinkindern auf roten Matten. Auf dem Boden steht eine Teekanne. Durch die großen Fenster ist die Spitze der Peter-und-Paul-Kirche zu sehen. Mit anderen Schwangeren, Müttern und den Hebammen könnten die Frauen sich austauschen, zur Ruhe kommen. "Hier in der Praxis können sie ein soziales Netz knüpfen", sagt König. Das fehle heute vielen Frauen, zudem litten sie oft unter Stress. Deshalb organisiert ihnen die Hebamme manchmal auch eine Haushaltshilfe. "Junge Frauen haben den Anspruch, alles selbst zu schaffen. Das geht aber nicht immer."

Auch bei Geburten hilft die Hebamme. Viel Geld bekommt sie dafür nicht. Für jede Hausgeburt zahlt die Krankenkasse 537 Euro, für Praxisgeburten 445 Euro. Die zweite Hebamme, die aus dem Team immer dabei ist, bekommt 141 Euro. "Dafür habe ich manchmal bis zu 13 Stunden gearbeitet", sagt König. Geburtshilfe rechne sich deshalb nicht mehr. "Ich weiß nicht, wie lange wir das noch machen können." Mit Geburten, Hausbesuchen, Vor- und Nachbereitungskursen macht Eva-Maria König etwa 5000 bis 6000 Euro Umsatz im Monat. Etwa ein Drittel bleibt ihr übrig. "Allein für die Sozialversicherung zahlt eine Hebamme etwa 1000 Euro, dazu kommen Kosten für Material, Fortbildungen und natürlich das Auto", sagt sie. Und noch einen großen Posten muss sie bei ihren Ausgaben einplanen: Die Haftpflichtversicherung. Zurzeit sind das für Hebammen 2370 Euro im Jahr, die nächste Erhöhung steht an. König: "Bei jeder Geburt kann ich etwa 100 Euro für die Versicherung einrechnen." Die letzte Steigerung betrug laut der "Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe" (QUAG) 90 Prozent. Es werde zudem zunehmend schwierig, Haftpflichtversicherer zu finden, die das Risiko der Geburtshilfe übernehmen.

Das haben auch die Hebammen in der Oldesloer Praxis erfahren. "Unser letzter Versicherer hat uns gekündigt", sagt Eva-Maria König. Denn immer häufiger sollen Versicherer für Fehler bei der Geburtshilfe zahlen und Folgekosten übernehmen. Das liege zum einen an Eltern, die vermehrt klagen, sagt Eva-Maria König und schildert ein Beispiel. Eine Frau hatte mit ihrer Hilfe entbunden, dabei kam es zu einem Dammriss. "Sie wollte zum Nähen auf keinen Fall ins Krankenhaus, deshalb haben wir genäht." Später ließ sich die Frau operieren - und forderte von den Hebammen die Kosten für die Operation. Die Hebammen bekamen Recht. Doch da Fälle aus der Geburtshilfe laut QUAG zu den teuersten Haftpflichtfällen - der höchste Einzelfallschaden betrug 4,5 Millionen Euro - gehören, steigen auch die Haftpflichtprämien. Die Versicherung sei wichtig, sagt König. "Ohne dürfen wir gar nicht arbeiten." Aber in den vergangenen fünf Jahren sei es "schmerzhaft" geworden. "Die Versicherer drehen uns den Hahn zu. Das erstickt uns langsam." Sie plädiert dafür, dass die Krankenkassen die Versicherung übernehmen.

Doch die gehen einen anderen Weg. Sie prüfen genau, ob sie Kosten übernehmen oder der Versicherer der Hebamme bezahlen müsse. "Die Krankenkassen zahlen nicht mehr einfach für alles", sagt König. "Und das ist im Prinzip auch gut so." Eine Geburt im Krankenhaus koste jedoch etwa 1500 Euro, ein Kaiserschnitt 3000 Euro. "Wir dagegen werden knapp gehalten: 1985 bekamen wir für eine Stunde Geburtsvorbereitung zehn Mark. Heute sind es 5,71 Euro.

Die Kosten steigen dagegen. "Der finanzielle Druck ist groß", sagt die Hebamme, die eine von 37 Stormarnerinnen ist, die im Hebammenverband Schleswig-Holstein organisiert sind. Viele Freiberuflerinnen arbeiteten deshalb besonders viel. "Dann bleiben aber zum Beispiel Fortbildungen auf der Strecke." Auch der Aufwand nimmt zu. "Für jede Stunde, die ich mit einer Frau arbeite, muss ich eine weitere Stunde für Vor- und Nachbereitung einplanen." Jede Leistung muss schriftlich dokumentiert werden. Dadurch habe sich der Papieraufwand verdoppelt, berichtet König. "Rechnungen verschicken wir online - zusätzlich muss aber ein Dokument zum Unterschreiben per Post rausgehen."

Niedrige Gebühren, hohe Haftpflichtprämien und doppelt so viel Arbeit, wie sie abrechnen kann - hat die Hebamme schon mal ans Aufhören gedacht? Das könne sie gar nicht, sagt Eva-Maria König. "Ich liebe die Herausforderung, die Frauen zu begleiten und in eine Richtung zu leiten. Das ist einfach mein Ding."