Unternehmergeist: Sie betreiben Online-Stadtportale, bieten Sonderposten aus der IT-Branche an oder erstellen Marketing-Konzepte. Vier Stormarner berichten hier über ihre Erfahrungen.

Bad Oldesloe. 737 Existenzgründer hat die Arbeitsagentur in Bad Oldesloe im Vorjahr mit einem Gründungszuschuss gefördert und einen leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr (695) verzeichnet. Der Anteil der Frauen war mit rund 39 Prozent nahezu gleich. Für einige ist die Selbstständigkeit eine Notlösung. Andere sehen die Selbstständigkeit als Wunsch und Lebensperspektive. So wie Philipp Bethge, ein Mann mit Visionen und einem starken Unternehmergeist. Mit 18 Jahren und mitten in den Abiturvorbereitungen, gründete er seine erste Firma, einen Online-Shop für Plattentaschen für Diskjockeys. Mit 23 Jahren gründete er das Online-Stadtportals für die Kreisstadt www.in-od.de . Das war 2008, er mitten im BWL-Studium, das er jetzt an einer Fernuniversität beendet.

Acht junge Leute im Alter von 17 bis 36 Jahren beschäftigt er mittlerweile, auf 400-Euro-Basis und als freie Mitarbeiter. Bis zu 200 Besucher pro Tag klicken die Internetseite an, informieren sich über das aktuelle Stadtgeschehen und die Veranstaltungen in der Kreisstadt. Das sei ein Anfang, aber noch viel zu wenig, sagt der junge Unternehmer, Präsident des Rotaract-Clubs in Bad Oldesloe und Vorstandsmitglied der Gemeinschaft Oldesloer Kaufleute (GOK). Als Unternehmer müsse man aktiv sein, sagt Bethge. Er sei mit einem relativ kleinen Budget gestartet und im Moment stecke sein Team noch sehr viel Arbeit in das Projekt. Doch Bethge ist überzeugt, dass sich das irgendwann rentieren wird. "In Bad Oldesloe gibt es sehr viel Potenzial. Das muss hervorgeholt werden", sagt er und ist ein wenig enttäuscht, dass die Verwaltung und die Vereine die Möglichkeiten, die ihnen das Portal bietet, noch nicht nutzen.

Er möchte die Entscheider vernetzen, plant eine Zukunftskonferenz für die Kreisstadt und hat seine jungen Mitarbeiter mit dem Aufbau eines eigenen Jugendportals beauftragt. "Ich bin zwar nur einige Jahre älter als sie, aber ich spreche schon nicht mehr ihre Sprache", sagt er. Er lässt ihnen freie Hand und fördert so den Nachwuchs.

Was er sich wünscht? Dass viel mehr junge Leute die Chancen erkennen, die die Selbstständigkeit ihnen eröffnet. Bethge: "Unsere Gesellschaft wird immer älter. Die Älteren aber werden nicht mehr gründen. Also müssen wir Jungen das tun."

Bei Sonja Funke (45) war die Motivation etwas anders gelagert. Die gelernte Reprografin, Journalistin und Mutter von zwei Kindern wollte zurück in den Beruf. Bis zur Geburt der Zwillinge 1999 war sie voll berufstätig. Mit den Kindern zog die Familie aufs Land, nach Lütjensee. "Den Spagat zwischen Beruf und Familie habe ich nicht geschafft", sagt sie. Auch die Tätigkeit als freie Journalistin war zeitlich schwer zu schaffen. Als die Kleinen aus dem Gröbsten heraus waren, bewarb Sonja Funke sich für eine Bürotätigkeit. Ohne Erfolg. "Ich galt entweder als überqualifiziert oder es klappte nicht mit der Teilzeit", sagt sie. Zurück in ihren alten Beruf? Die Mitarbeiter im Jobcenter sagten, das sei aussichtslos.

Da erschien ihr die Selbstständigkeit als sinnvolle Alternative. 2006 stellte sie ihre selbst gestaltete Website ins Netz, auf der sie sich als Text-Agentur für kleine und mittlere Firmen und Handwerksbetriebe vorstellte. Das war ein Anfang, aber rund war die Sache noch nicht.

Der Kreis schloss sich erst zwei Jahre später, nach einem Besuch bei der Beratungsstelle Frau & Beruf in Bad Oldesloe. Während des Gesprächs sei das Wort "Marketing" gefallen, erinnert sich Sonja Funke. "Ein Wort, das einen ganzen Kosmos eröffnete." Plötzlich passte alles zusammen, ihre ehemalige Ausbildung, ihr grafisches Know-how, ihre Kreativität und Fähigkeiten als Texterin. Mit dem um die Bereiche Webdesign, Grafik und langfristige Marketing-Konzepte erweiterten Angebot startete sie Mitte 2008 mit ihrem Unternehmen "Syrfmedia" durch.

Noch arbeitet sie in Teilzeit, sitzt ab acht Uhr morgens in ihrem Büro, das sie sich zu Hause eingerichtet hat. Einen Gründungszuschuss hat sie nie beantragt - aus Sorge, zur finanziellen Belastung für die Familie zu werden. Das Geld, das sie erwirtschaftete, hat sie kontinuierlich in die Ausstattung investiert, in einen größeren Drucker, in einen leistungsfähigeren Computer. "Man muss jede Gelegenheit nutzen, für sich zu werben, auch wenn das nicht immer gut ankommt", sagt Sonja Funke. Und die Ruhe bewahren, wenn auf eine Hochphase plötzlich zwei Monate Leerlauf folgen und man nicht weiß, warum.

Ein Firmenschild möchte sie an der Straße aufstellen, die Tätigkeit zum Vollzeitjob ausbauen und ein externes Büro mieten.

"Wenn ich noch einmal ein Unternehmen aufbaue, dann nur noch das eigene." Diese Worte seiner Ehefrau Anja mögen Gerit Günther, Vertriebsleiter beim Notebook-Hersteller Acer, im Ohr geklungen haben, als er ihr von der Absicht seines Arbeitsgebers erzählte, den Sonderpostenverkauf auszulagern. "Wir hatten zwei Wochen Zeit, ein Konzept zu erstellen", sagt die 33 Jahre alte Bürokauffrau. Sie war damals hochschwanger, ihr Schwager Oliver im Studium, aber beide wussten: Das ist eine Riesenchance, da müssen wir zugreifen. Und sie bekamen den Zuschlag: Am 1. September 2006 ging der Sonderpostenmarkt an den Start, und die Umsätze nahmen unerwartet rasant zu. "Die Nachfrage hat uns überrollt", sagt Anja Günther. Ende 2006 gründeten sie und Oliver Günther die GG-Net GmbH, das Dach für die Sonderposten, den Reparaturservice und das IT-Systemhaus, das sie parallel aufgebaut hatten. Sie konnten mit ihrer Berufserfahrung in der IT-Branche auf ein fundiertes Wissen im EDV-Umfeld zurückgreifen.

Anfang 2007 eröffneten sie ihr Ladengeschäft an der Neuen Straße in Ahrensburg. "Wir haben die Kostenstruktur von Anfang an eng gesteckt und uns selber nur ein kleines Gehalt ausgezahlt", sagt Anja Günther, die für das Kaufmännische zuständig ist, während Oliver Günther den technischen Part verantwortet. Fünf festangestellte Mitarbeiter, sieben Auszubildende und sechs Aushilfen arbeiten bei GG-Net. Ihr Tätigkeitsbereich erstreckt sich von der Beratung für die optimierte IT-Infrastruktur über die Beschaffung von Hard- und Software und der Wartung bis hin zu Programmierungen, Hosting, Gestaltung und Pflege von Internetseiten. Das Team ist jung und passt perfekt zusammen, meint die junge Mutter, die jeden freien Augenblick mit ihrem Töchterchen genießt und einen guten Mittelweg gefunden, Familie und Firma unter einen Hut zu bekommen. Das Unternehmen sei auf sehr gutem Weg, aber zurücklehnen könne man sich nicht. Was der quirligen, vor Ideen und Energie übersprudelnden Frau wohl auch schwer fallen dürfte.