Ex-Wirtschaftsminister sucht “Freiraum für andere Tätigkeiten“. Auch der Präses hört auf, er darf nicht erneut gewählt werden. Scheidendes Duo glaubt: die Konjunktur zieht an.

Lübeck/Ahrensburg. Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck zeichnet sich ein Führungswechsel ab. Der frühere schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Bernd Rohwer legt sein Amt als Hauptgeschäftsführer Ende März kommenden Jahres nieder. Auch die Tage des Präses' Bernd Jorkisch sind gezählt: Er darf laut IHK-Satzung nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren.

Bernd Rohwer hat seinen Rückzug gestern auf der Jahresbilanz-Pressekonferenz in Lübeck bekannt gegeben. Der 58-Jährige scheidet offenbar aus persönlichen Gründen aus dem Amt. Rohwer wörtlich: "Ich möchte nach dreieinhalb interessanten und arbeitsintensiven Jahren in der IHK Freiraum gewinnen für Tätigkeiten, die bei der derzeitigen Belastung zu kurz kommen." Er nannte Lehre und Forschung an der Universität (Rohwer unterrichtet in Kiel Regionalwissenschaften), Vorträge sowie Mitarbeit in strategischen Projekten zur Stärkung der HanseBelt Region, der norddeutschen Zusammenarbeit und der Ostseekooperation."

Kooperationsbestrebungen insbesondere vor dem Hintergrund, dass die geplante feste Fehmarnbelt-Querung eine große Chance für die gesamte Achse von Hamburg über Lübeck bis nach Kopenhagen bedeuten könne: Diesem Thema hat Rohwer während seiner bisherigen Amtszeit besonderes Augenmerk gewidmet. Und er will es offenbar weiter verfolgen, auch für die IHK. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung soll unterzeichnet werden, sobald sich die im Dezember gewählte IHK-Hauptversammlung - das Parlament der Wirtschaft - formiert hat. Dieses Gremium wird auch einen neuen Hauptgeschäftsführer zu bestellen haben.

Unterdessen beurteilt das scheidende Führungs-Duo die wirtschaftliche Lage recht positiv. Das Land und die gesamte HanseBelt-Region seien in der schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit mit einem blauen Auge davongekommen. Bernd Jorkisch: "Die Chancen stehen gut, dass sich die bereits begonnene wirtschaftliche Erholung 2010 fortsetzt." Die Mehrzahl der Mitgliedsunternehmen rechne für 2010 mit einer weiteren Erholung. Für den Arbeitsmarkt prognostiziert Bernd Rohwer allerdings ein uneinheitliches Bild: "Stabile Belegschaften und Neueinstellungen in einigen Bereichen werden nach dem Auslaufen der Kurzarbeit Arbeitsplatzverlusten in den von der Krise besonders stark betroffenen Branchen gegenüberstehen." Dabei drohe zugleich eine Qualifizierungslücke: "Die Zahl ausbildungsfähiger und -bereiter Bewerber wird demografisch bedingt weiter zurückgehen, und auch im Fachkräftebereich werden Stellen schwerer zu besetzen sein."

Jorkisch und Rohwer appellieren an Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung, sich über Gemeinde-, Kreis- und Landesgrenzen hinweg für eine starke Region einzusetzen. Rohwer: "Nur gemeinsam haben wir die Chance, gegenüber konkurrierenden Regionen unsere Stärke auszuspielen. Wer sich abgrenzt, fällt zurück."