562 Unterschriften gesammelt. Ordnungsgemäßer Unterricht sei “nicht mehr gewährleistet“. Der Schulleiter sucht seit einem Jahr nach Ersatz für zwei erkrankte Pädagogen.

Barsbüttel. Seit einem Jahr sucht die Integrierte Gesamtschule (IGS) Barsbüttel neue Englischlehrkräfte. In der Gemeindevertretersitzung übergaben die Elternvertreter jetzt eine Liste mit 562 Unterschriften gegen den Lehrmangel. Ein Hilfeschrei, denn die Eltern wissen nicht mehr weiter.

Die Situation an der IGS habe katastrophale Züge erreicht, sagten Mitglieder des Schulelternbeirats. Einige Eltern erwögen schon, ihre Kinder von der Schule zu nehmen. Der Lehrermangel sei dermaßen gravierend, dass die Grundlagen für einen ordnungsgemäßen Unterricht nicht mehr eingehalten werden können. Die Politiker schlugen vor, dass Schule und Gemeinde eine Stellenanzeige schalten. "Wir werden für die Aktion spenden", kündigte der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Ebke an.

Die IGS war bisher stolz auf ihr bilinguales Angebot: Unterricht auf Deutsch und Englisch. Seit 2006 bietet man dort das Fach Weltkunde in englischer Sprache an. Die Kinder, die es wählen, bekommen dann sieben statt der üblichen fünf Wochenstunden Englisch. Doch derzeit hat die IGS Probleme damit, auch nur die Grundlagen der Fremdsprache zu vermitteln. Seit zwei Jahren fehlt eine Englischlehrerin wegen Krankheit, im Februar 2009 erkrankte eine weitere Lehrkraft dauerhaft, und im September ging eine Lehrerin in den Mutterschutz.

Bemühungen der Schule um Ersatz scheiterten. Ein angekündigter Lehrer kam nicht, eine andere Lehrkraft warf wegen der langen Anfahrt das Handtuch. In den Klassen 5 und 6 würden rund 20 Wochenstunden im Fach Englisch fehlen, klagen die Eltern. Teilweise werden andere Fächer zurückgefahren, damit Englisch unterrichtet werden kann. "In Deutsch haben einige Klassen seit Wochen keinen Unterricht mehr", sagt der Elternvertreter Arno Weisheit.

Zu Beginn des Schuljahres wandten sich Elternrat und betroffene Eltern an das Ministerium in Kiel. Sie schilderten in Briefen und per Telefonat die Missstände. Geradezu dramatisch sei die Situation der achten Klassen. Hier wurden aus drei Kursen zwei gemacht, mit mehr als 30 Schülern. Der nachzuholende Stoff sei immens. "Die Kinder, von denen einige Ende der neunten Klasse ihren Hauptschulabschluss machen, sind extrem verunsichert", heißt es in einem Brief, den die Eltern der Klasse 8 b am 7. Oktober an das Ministerium für Bildung und Frauen schrieben. Die Antwort: Man habe sich intensiv um zusätzliche Englischlehrkräfte für die IGS bemüht, schrieb Dörte Nowitzki, zuständig für die Gesamtschulen. Dass dies nicht gelungen sei, läge daran, dass für das Fach Englisch nicht ausreichend Lehrkräfte zur Verfügung stünden. Hinzu käme, dass die Region Barsbüttel " zu den peripheren und damit schwer zu besetzenden Standorten zu zählen ist".

Die direkt am Hamburger Stadtrand liegende Gemeinde ist also zu unattraktiv für die schleswig-holsteinischen Lehrkräfte. Warum sich keine Hamburger Lehrer bewerben, erklärte Martin Habersaat, Landtagsabgeordneter der SPD und selbst ausgebildeter Gymnasiallehrer, in der Gemeindevertretersitzung so: "Es gibt hier kein Weihnachtsgeld für die Lehrer, und in Hamburg muss man im Hauptfach weniger Stunden unterrichten."

Zu Beginn des neuen Schuljahres hat die IGS nun eine Planstelle frei, sie kann wohl zum 1. Februar besetzt werden. "Man hat mir heute einen examinierten Englisch- und Geschichtslehrer angeboten, der ab Februar mit einer dreiviertel Stelle einsteigen will. Außerdem bekommen wir drei neue Referendare", erklärte Schulleiter Hartmut Johann in der Gemeindevertretersitzung. Arno Weisheit will die guten Nachrichten erst glauben, wenn sie tatsächlich eingetreten sind: "Das kennen wir ja schon, dass ein Lehrer angekündigt wird, aber nicht kommt."