Maria und Emma brauchen rund um die Uhr Betreuung. Sänger spenden 9000 Euro für eine Petö-Therapie.

Tremsbüttel. Wenn Emma lacht, ist es so, als gäbe es nichts Böses auf der Welt. Halb sitzt, halb liegt sie bei ihrer Mutter Monika Hiibus im Arm, während ihre Schwester Maria mit der Heilerziehungspflegerin Bewegungsübungen macht: "Wir müssen heute viel schmusen. Wir haben viel nachzuholen", sagt Monika Hiibus und wiegt Emma. Die Mutter war gerade in Estland, ihrer Heimat. Dorthin fährt sie einmal im Jahr: "Ab und zu brauche ich räumlichen Abstand, um aufzutanken, sonst kann ich nicht richtig loslassen", sagt sie.

Ihre Kinder, die Zwillinge Emma und Maria, sind mehrfach behindert. Sie können sich nicht gezielt bewegen, weil Spastiken sie daran hindern. Sie können nicht sprechen, nicht gehen, sind fast blind. Eine Routineuntersuchung, drei Wochen nach der Geburt, brachte vor sechs Jahren die Ahnung, das Leben der Kinder würde anders verlaufen als normal. Per Ultraschall stellten die Ärzte bei beiden Kindern Zysten im Gehirn fest.

"Bis zu dem Zeitpunkt waren es gesunde Kinder. Das einzige Problem war, dass sie Frühchen waren", sagt der Vater. Dann kam die Diagnose. "Das ist, als würde dir jemand mit einem Balken vor den Kopf donnern", erinnert sich seine Frau.

Eine harte Zeit begann. "Im ersten halben Jahr hatten die Kinder keinen Rhythmus, das war ein 24-Stunden-Job für uns beide. Wir kannten uns ja überhaupt nicht aus. Nach anderthalb Jahren erst bekamen wir Hilfe von außen", sagt Peter Martens. Zivis, FSJler und Betreuer der Lebenshilfe unterstützen die Familie seitdem. "Wir haben menschlich viele schöne Begegnungen erlebt. Die Kinder können so vieles, geben uns viel und machen uns und andere glücklich" sagt die Mutter. Ihr Mann fügt hinzu: "Solange sie mich morgens anlachen, als wäre ich der Weihnachtsmann, sind sie heil."

Erst gerade erlebte die Familie ihr persönliches kleines Weihnachtsmärchen. Bei einem Gospelkonzert, das auf Bibel TV ausgestrahlt werden soll, wurden 9000 Euro für die Tremsbütteler gesammelt. Dem alljährlichen Benefizkonzert geht ein Workshop voraus, für den die Teilnehmer jeweils 80 Euro zahlen. Geleitet wird das Treffen von Dozenten und Gospelgrößen. Als Renate Bauer, die Organisatorin, bei der Familie anrief, konnte das Ehepaar sein Glück nicht so ganz fassen. "Wir waren überrascht, haben uns aber natürlich total gefreut", sagt die 41 Jahre alte Mutter. "Das ist etwas, das wir mit den Mädchen immer wieder erleben. Sie berühren die Menschen, viele wollen dann spontan helfen", erzählt ihr Mann.

Musik bedeutet allen sehr viel. "Als die Kinder in den Brutkästen lagen, da wollten wir ihnen etwas geben. Wir haben ihnen einfach vorgesungen. Das war das einzige, was wir tun konnten. Nur so konnten wir sie erreichen", sagt Peter Martens, der 20 Jahre in einem Chor war. Seine Frau hat Gesang und Stimmbildung studiert und leitet heute zwei Chöre.

Dass der Erlös des Gospelkonzerts in eine besondere Therapie von Maria und Emma gesteckt wird, war von Anfang an klar. Die sogenannte Petö-Therapie geht als ganzheitliche Methode individuell auf behinderte Kinder ein. Sie werden von geschulten Pflegekräften logopädisch, orthopädisch und motorisch therapiert. Krankenkassen übernehmen noch keine Kosten für die drei bis vier Wochen Therapie. "Aber dank der Unterstützung durch Frau Bauer sind die nächsten zwei Male schon sicher finanziert", sagt Peter Martens.

Einen Weihnachtwunsch hat die Familie aber noch: Sie sucht dringend eine Wohnung oder ein Haus in Hamburg mit mindestens 100 Quadratmeter Platz im Erdgeschoss und Garten. "Vielleicht hat irgendjemand eine Idee, an die wir noch nicht denken", sagt der Ingenieur, der auch Hausmeister-Tätigkeiten übernehmen würde. Auf die Frage, ob er nicht manchmal mit seinem Schicksal gehadert habe, weil er nicht erleben darf, wie seine Kinder krabbeln, laufen und sprechen, sagt er: "Natürlich. Aber dann denke ich wieder: Welche Kinder schaffen es schon, mehr als 200 Sänger auf die Bühne zu bringen und eine Kirche zu füllen?"