Alle Grundstücke sind um den Faktor 10 000 geschrumpft worden. Das Rechtsamt prüft, welche Auswirkungen die Panne hat. Umfrage zeigt: Viele Bürger akzeptieren das Vorgehen des Kreises nicht.

Ahrensburg/Bad Oldesloe. Nun sind sie da: die Bescheide aus der Kreisverwaltung, jeder einzelne eine "Heranziehung zur Mitgliedschaft im Gewässerpflegeverband Ammersbek-Hunnau". Rund 13 000 Grundeigentümer im Einzugsgebiet des Verbandes, dem Großraum Ahrensburg, haben die Post teils am Freitag, teils am Sonnabend und vereinzelt auch erst gestern in ihren Briefkästen gefunden. Die Verärgerung vieler Betroffener über die neue Zwangsmitgliedschaft ist groß. Das bestätigt eine Blitzumfrage der Stormarn-Ausgabe des Hamburger Abendblattes (siehe rechts), das bestätigen auch zahlreiche Anrufe in der Redaktion. Auf diese Bescheide werden Gebührenbescheide folgen. Es geht um sechs Euro pro Jahr.

Nun bieten die Bescheide den Kritikern der Zwangsmitgliedschaft auch noch Angriffsfläche: Sie sind allesamt fehlerhaft. Der Ammersbeker Wolfgang Scheiter berichtet: "Ich bin mit einer Grundstücksgröße von 0,0994 Quadratmetern zur Mitgliedschaft herangezogen worden." 31,5 Zentimeter im Quadrat - das wäre nicht gerade groß für ein Stück Land in Stormarn. Tatsächlich misst Scheiters Grundstück auch 994 Quadratmeter.

Die Erklärung ist ganz einfach: Statt "Quadratmeter" hätte es "Hektar" heißen müssen, und so sind die Grundstücke aller 13 000 Bescheidempfänger auf ein Zehntausendstel ihrer Größe geschrumpft worden. "Ja, das ist so", bestätigt Kreisumweltamtsleiter Hans Gerd Eissing, in dessen Behörde die Bescheide gefertigt worden sind, "da ist eindeutig was schiefgelaufen."

Ist das ein verzeihbarer Schönheitsfehler? Oder müssen jetzt 13 000 korrigierte Bescheide (Portokosten: rund 7150 Euro) verschickt werden? Eissing tendiert zu Ersterem. "Das ist doch ganz eindeutig ein Schreibfehler. Das ist etwas, das jeder richtig erkennen muss." Außerdem komme es beim Heranziehungsbescheid gar nicht auf die Größe eines Grundstückes an, sondern auf die Bezeichnung des Flurstücks. Dennoch hat er den Vorgang zur Prüfung ans Rechtsamt gegeben.

Der Ammersbeker Rechtsanwalt Rolf Finkbeiner, der sich intensiv mit der Gewässerpflegeproblematik beschäftigt hat, meint: "Welche Wirkung ein Bescheid entfaltet, hängt im Verwaltungsrecht davon ab, wie er vom Empfänger verstanden werden kann", sagt er. Und die jetzt verschickten Papiere könnten dahingehend verstanden werden, dass die Empfänger mit einem Bruchteil ihres Grundstücks zur Mitgliedschaft herangezogen werden. Es ist längst nicht der einzige Fehler, von dem Finkbeiner Kenntnis bekommen hat. "Es ist ein Bescheid an eine Frau verschickt worden, die seit acht Jahren tot ist. Es sind Bescheide an Leute verschickt worden, die seit ihrer Heirat einen anderen Namen haben. Es sind zum Teil auch falsche Angaben zu den Flurstücken gemacht worden."

Unabhängig von solchen Formfehlern will Finkbeiner auch in der Sache gegen seine Zwangsmitgliedschaft vorgehen. "Es hätte eine Einzelfallentscheidung über jedes einzelne Grundstück geben müssen. In den allermeisten Fällen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Heranziehung gar nicht vor. Und die von der Behörde getroffene Ermessensentscheidung ist inhaltlich nicht zutreffend", nennt er seine drei Ansatzpunkte. Finkbeiner will auf jeden Fall vor dem Verwaltungsgericht in Schleswig klagen.

Das hat er schon einmal getan, damals, gegen seinen Gebührenbescheid vom Gewässerpflegeverband, in der er als "Mitglied" bezeichnet wurde. Seine Argumentation: Er sei kein Mitglied. Die Richter folgten seiner Auffassung. So kam es überhaupt erst zur Geschichte mit der Heranziehung zur Zwangsmitgliedschaft.

Voraussetzung für eine Klage ist allerdings, dass zuvor Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt worden ist. Der muss binnen eines Monats bei der ausfertigenden Behörde eingegangen sein.

Schon am Montag haben viele Stormarner per Mail und Fax Widerspruch eingelegt oder das zumindest telefonisch angekündigt. "Einige Bürger sind auch schon hier gewesen", sagt Amtsleiter Hans Gerd Eissing. Er schätzt die Zahl der bis Montagnachmittag eingegangenen Anrufe auf etwa 200.