Der siebte Stein im Kreis erinnert an den Bargteheider Ernst August Bastian, der achte an den Ahrensburger Magnus Lehmann.

Ahrensburg/Bargteheide. "Stalingrad, das ist das Ende, der Krieg ist aus." Das war die bittere Wahrheit. Sie auszusprechen, kostete Ernst August Bastian das Leben. Sein Gespräch in den Walther-Werken, einem Ahrensburger Rüstungsbetrieb, wurde belauscht, der Bargteheider denunziert. Er starb am 22. Januar 1945 im KZ Fuhlsbüttel. Jetzt, fast 70 Jahre nach seinem Tod, gibt es ein offizielles Gedenken in seiner Heimatstadt.

Der Bildhauer Gunter Demnig setzte für den Mann, der im Alter von 58 Jahren starb und eine Frau und drei Söhne hinterließ, einen "Stolperstein" - einen Stein gegen das Vergessen. Bürgermeister Henning Görtz: "Ein solcher Tag weckt Assoziationen an Unrecht und Leid der Nazi-Diktatur. Aber es ist auch Signal dafür, dass nicht vergessen wird - und ein Zeichen der Hoffnung."

Es ist der erste "Stolperstein" in Bargteheide, der siebte in Stormarn und einer von mehr als 22 000, die überall in Europa die Erinnerung wachhalten sollen. Fast alle hat Bildhauer Gunter Demnig selbst verlegt. "In mittlerweile 515 Kommunen", sagte der Künstler, der die Idee hatte, auf diese Weise an Vertreibung, Verfolgung und Vernichtung zu erinnern. 1993 startete der Bildhauer sein "Projekt für Europa". "Jetzt ist es mein Lebensprojekt. Da komme ich nicht mehr so schnell raus. Auch wenn nicht allen schmeckt, was ich mache. Drei Morddrohungen habe ich schon erhalten", sagte der 62-jährige Kölner, der gestern auch in Ahrensburg einen "Stolperstein" in die Erde setzte. Dort hatten sich drei Schülerinnen der Integrierten Gesamtschule Ahrensburg (IGS) während ihrer Projektwoche mit dem Schicksal des Juden Magnus Lehmann auseinandergesetzt. "Es gibt kein Foto von ihm, keine schriftlichen Zeugnisse, kein Grab. Es ist, als sei er nie da gewesen. Wir wollen ihn mit diesem Stein ins Leben zurückholen", sagte Anna Bielfeldt.

Eines bewegte die 15-Jährige und ihre beiden Freundinnen bei den Recherchen besonders: Der Naziterror hatte nicht in Auschwitz oder Buchenwald begonnen. Anna Bielfeldt: "Das Grauen begann direkt vor unserer Tür."

Der am 18. Mai 1885 geborene Magnus Lehmann verlor 1933 seine Anstellung bei AEG Berlin, kehrte nach Ahrensburg zurück und lebte bis zu seiner Deportation nach Minsk am 4. Dezember 1941 in der Großen Straße. Hier, an der Ecke zur Rathausstraße, soll der Gedenkstein nun an den jüdischen Mitbürger erinnern.

2003 war in Ahrensburg der erste Stormarner "Stolperstein" ins Trottoir an der Hagener Allee/Ecke Ernst-Ziese-Straße eingelassen worden - zum Gedenken an Anneliese Oelte, die die Nazis 1945 ermordet hatten. Bürgermeisterin Ursula Pepper: "Es sind Stolpersteine nicht in dem Sinne, dass man hinfällt, sondern, dass man wahrnimmt."

Die Schülerinnen waren bei ihren Nachforschungen von Historikerin Martina Möde unterstützt worden, die ein Buch über die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Ahrensburg geschrieben hat. So war auch der Kontakt zur Familie Lehmann zustande gekommen. Zur Verankerung des "Stolpersteins" waren Großnichte Beatriz Lehmann und deren Neffe Nicoláz aus Buenos Aires angereist. In Bargteheide hatte Archivarin Doris Volland die Initiative ergriffen. Nun liegt ein "Stolperstein" auf der Auffahrt zum Haus Nr. 6 in der Straße Am Bargfeld. Mit seinem goldgelben Messingschild geht von ihm selbst im Dunkeln ein kleines Leuchten aus. Er liegt vor dem Haus, das Ernst August Bastian gebaut hatte, das Haus, in dem seine Kinder, seine Enkelkinder geboren wurden. "Meine Großmutter erzählte mir, dass man in Fuhlsbüttel den Leichnam ihres Mannes nicht rausgeben wollte. Sie hat ihn dann selbst geholt und hier in Bargteheide begraben", sagt Birgit Dickmann, die Enkeltochter des Nazi-Opfers, die mit ihrem Mann und ihrem Sohn noch immer im elterlichen Einfamilienhaus lebt.

Die schrecklichen Tatsachen waren ihr bekannt. "Aber die Zeitungsberichte und die Stolperstein-Aktion haben mir das erst richtig bewusst gemacht", sagt Birgit Dickmann. Ihrem Sohn Dominik (31) geht es ähnlich: "Als Kind habe ich nicht viel von der Familiengeschichte erfahren. Jetzt merke ich, wie dicht das alles an einem dran ist."

Gunter Demnig setzt seine Aktion fort. Von 95 Euro pro Stein kann er nicht reich werden. Er ist Idealist. Den Vorwurf von Kritikern, mit den "Stolpersteinen" trete man das Schicksal der Opfer mit Füßen, kann er kaum ernst nehmen. "Dass Schild wird durch die Berührung blank geputzt", sagt der Künstler und fügt hinzu: "Wer lesen will, was auf dem Stolperstein steht, muss eine Verbeugung machen."