Familie führt eine 5000 Hektar große Ranch mit 5000 Rindern. Jetzt ist der Fleischermeister mit seiner Frau in der alten Heimat.

Ahrensburg. Paul-Friedrich Eggert war 18 Jahre alt, als er mit seinen Eltern und den Geschwistern aus dem mecklenburgischen Heimatort floh. Er war 38 Jahre alt, als er mit Frau und zwei Töchtern seiner Wahlheimat Ahrensburg den Rücken kehrte und nach Kanada auswanderte. Nun ist der mittlerweile 69-Jährige wieder hier: Gut 24 Stunden, nachdem er von seiner Ranch in der kanadischen Provinz Alberta aufgebrochen war, ist er in der Parkklinik Manhagen in Großhansdorf angekommen. Dort wird Paul-Friedrich Eggert am Knie operiert. Arthrose auf der Innenseite, so lautet die Diagnose.

Ehefrau Anna ist mitgekommen. "Wir sind fast 47 Jahre verheiratet, aber ich kann nicht ohne sie sein", sagt der Rancher und Viehhändler, dessen Vorfahren seit 1845 im Fleischerhandwerk tätig waren. "Was vier Generationen aufgebaut hatten, war mit einer Bahnfahrt vorbei", sagt Eggert und meint die Flucht aus der DDR 1958. Hals über Kopf, nachdem man seinen Onkel eingesperrt hatte. Sieben Jahre saß er in der Haftanstalt Bautzen.

In Ahrensburg beginnt für Paul-Friedrich Eggert ein neues Leben. Der junge Mann führt die Tradition weiter, erlernt das Fleischerhandwerk, macht sich damals als jüngster Fleischermeister Schleswig-Holsteins selbstständig. Zunächst in einem Laden an der Neuen Straße, dann baut er an der Manhagener Allee das Geschäftshaus mit Arztpraxen in der oberen Etage und zieht in eine 100 Quadratmeter großen Laden ein. "Heute ist da ein Optiker drin", sagt Eggert.

Der damals 30-Jährige hat seine Nachbarin, Anna Margarete Johanna Kobrock, Bauerstochter aus Wulfsdorf, geheiratet und zwei Töchter bekommen. Er sitzt für die CDU in der Stadtvertretung, die Fleischerei läuft prima, und Eggert beschließt, nicht nur in Ahrensburger Immobilien, sondern auch in kanadisches Weideland zu investieren. Das sollte ein zweites Standbein werden. Doch Eggert erkannte bald, "dass man immer nur auf einem Pferd reiten kann". Mit Ehefrau Anna trifft er die Entscheidung: "Wir wandern aus." Der Entschluss hat nichts Romantisches: Die klassischen Auswanderer sind sie nicht, ihr Glück haben sie schon in Ahrensburg gemacht. Der Schritt ist wohlüberlegt und gut vorbereitet. Bereut haben sie ihn nie.

Paul-Friedrich Eggert holt Fotos von seinen Ländereien aus der Brieftasche. Die Bilder lassen die Weite der 5000 Hektar in Süd-Alberta nur im Ansatz erahnen. Das aus ganzen Baumstämmen gebaute Wohnhaus, das Gästehaus, der Swimmingpool, die Ställe - auf der Ostseite der Rocky Mountains, 180 Meilen südlich von Calgary, der größten Stadt in der Provinz, hat sich die Familie ein Stück Heimat geschaffen. Der nächste Nachbar ist zehn Kilometer entfernt, zur Stadt Pincher Creek sind es 30 Kilometer. "Man muss schon mit sich selber im Reinen sein, die Gewissheit haben, nichts zu verpassen", sagt Eggert. 5000 Rinder weiden auf seiner Ranch. Gut ein halbes Dutzend Leute beschäftigt er. Die jüngere Tochter lebt mit Mann und Kind auf dem Anwesen, ist Viehhändlerin wie der Vater und setzt die Familientradition fort.

Wäre ein Zurückkommen nach deutschland denkbar? "No!", sagt Anna Eggert, und in ihrem Tonfall schwingt ein unausgesprochenes "nie und nimmer" mit. Sie braucht die schier unendliche Weite, das Klima, die Sonne, den Indian Summer, den Schnee im Winter. Einmal im Jahr Familienbesuch in Ahrensburg - das genügt ihr voll und ganz. Sie seien schnell akzeptiert worden in ihrer neuen Heimat, auch wenn die Alteingesessenen anfangs manches kritisch beäugt hätten. "Weil wir das Land anders bewirtschaftet haben", sagt Anna Eggert. Den Weideumtrieb etwa, den kannte man damals in Alberta noch nicht.

Alte Kontakte pflegen sie dennoch. Zu politischen Wegbegleitern und Innungsfreunden von damals. Gut zwei Dutzend Weihnachtsgrüße trudeln jedes Jahr bei den Eggerts in Kanada ein. Die meisten Freunde waren im Laufe der Jahre auch schon Gast auf der Ranch in Alberta.

Dass Paul-Friedrich Eggert sich ausgerechnet in Großhansdorf operieren lässt, liegt an seinen Brüdern. Er sagt: "Sie haben mir die Ärzte empfohlen, bei denen sie selbst schon in Behandlung waren."