Experten sehen in den neuen Medien eine große Gefahr: In der anonymen, virtuellen Welt sinke die Hemmschwelle.

Ahrensburg. Pause in einer Ahrensburger Schule: Mehrere jüngere Schüler wollen durch eine Tür, sie drängeln, schubsen, schreien sich an. Ein Bitte oder Danke ist nicht zu hören. "Solche Situationen erlebe ich mittlerweile täglich. Der Umgangston ist viel gewaltgeladener als noch vor ein paar Jahren", sagt Abiturientin Anne Overbeck.

Als Vertreterin des Stadtjugendrings ist sie Mitglied der Arbeitsgruppe "Sicherheit für junge Menschen" des Netzwerks Kriminalprävention. Mit der Konferenz "Sicherheit für junge Menschen - gemeinsam gegen Gewalt" will das Netzwerk am 27. November im Schulzentrum am Heimgarten auf Gewaltthemen aufmerksam machen, die Kinder und Jugendliche betreffen. Die Veranstaltung soll sowohl den Expertenaustausch fördern als auch betroffenen Menschen die Möglichkeit bieten, sich über Hilfsangebote zu informieren.

Im Mittelpunkt stehen vier Schwerpunkte, die zentrale Schlüsselthemen darstellen: Mobbing und psychische Gewalt, Gewalt im Zusammenhang mit Alkohol und Drogen, Sexualisierte Gewalt sowie Mediennutzung und Gewalt. Neben einem öffentlichen "Markt der Möglichkeiten", bei dem unter anderem Beratungsstellen, Jugendhäuser und Schulen über ihre Angebote informieren, gibt es eine moderierte Diskussionsrunde mit Experten. Bei einer anschließenden öffentlichen Podiumsdiskussion geht es um "Junge Menschen und Gewalt - Probleme und Handlungsmöglichkeiten vor Ort". Zuschauer bekommen zudem einen Einblick in den aktuellen Forschungsstand.

"Wir wollen das Licht auf diese Themen werfen, damit Probleme offensiver diskutiert werden", sagt Herbert Janßen, Schulleiter der Integrierten Gesamtschule. Trotz rückläufiger Kriminalitätszahlen seien auch in Ahrensburg Kinder und Jugendliche mit Gewalt konfrontiert, sagt Wolfgang Böhrs, Leiter der Kriminalpolizei Ahrensburg. "In vielen Elternhäusern ist Gewalt an der Tagesordnung, dies dringt nur oft nicht nach außen", sagt er. "Darüber machen wir uns sehr große Sorgen." Auch Gewalt, die sich nicht direkt gegen die Kinder richte, belaste sie psychisch. "Gewalt in der Familie betrifft immer die Kinder", sagt Böhrs. Das bestätigt die Gleichstellungsbeauftragte Gabriele Fricke: "Wenn im Frauenhaus Stormarn, das zwölf Plätze hat, 100 Frauen im Jahr abgewiesen werden, bedeutet das, dass ihre Kinder möglicherweise zu Hause weiterhin Gewalt erleben."

Gewalttätigkeit unter Kindern und Jugendlichen ist nicht immer so sichtbar wie beim Schubsen auf dem Schulhof. "Heute kommt es oft zu Ausgrenzung durch Handy-, Internet- oder Chatroom-Nutzung", sagt Janßen. Im vermeintlich anonymen Raum sinke die Hemmschwelle, sagt er. Die Kinder fühlten sich unidentifizierbar und sagten Dinge, die sie auf dem Schulhof nicht aussprechen würden. Viele wüssten gar nicht, dass sie sich damit am Rande der Kriminalität bewegten, sagt Kripochef Böhrs. Herbert Janßen betont deshalb: "Auch in Ahrensburg stellt sich die Frage: Wie gehen Jugendliche miteinander um, wenn sie sich im Netz begegnen?"

Laut einer Jugendstudie des medienpädagogischen Forschungsverbands Südwest von 2008 wissen 84 Prozent der jugendlichen Handybesitzer, dass Gewalt- oder Pornobilder per Handy verschickt werden. 28 Prozent haben bereits miterlebt, wie Gewaltszenen mit dem Handy aufgenommen wurden.

Dieses sogenannte "Happy Slapping", wobei die Aufnahme per Handy oder Internet verbreitet wird, sei in Ahrensburg zum Glück nicht verbreitet, sagt der Kripochef. Um zum Beispiel solche Taten auch in Zukunft zu verhindern, setzt die Arbeitsgruppe auf Prävention. Böhrs: "Die Konferenz soll helfen, dass sich aus ersten Keimzellen gar nicht erst Gewalt entwickelt."