Weil zu Hause oft der Vater fehlt, haben Kinder keine männlichen Bezugspersonen mehr. Auch in der Grundschule ändert sich das nicht.

Bad Oldesloe. "Kinder brauchen auch Männer": So wirbt das schleswig-holsteinische Bildungsministerium für mehr Erzieher und Grundschullehrer. Denn nur 5,2 Prozent der Beschäftigten in den Kitas im Land sind Männer. In Stormarn gibt es fast 1000 Erzieherinnen - jedoch nur 60 Erzieher. Gemeinsam betreuen sie etwa 9000 Kinder in 144 Kindertagesstätten. Gründe für den Männermangel sind vor allem die geringe Bezahlung und die fehlende Annerkennung in der Gesellschaft.

"Wen wundert das?", sagt Birgit Willhöft, Leiterin eines privaten Kindergartens in Ahrensburg, "Männer wollen - nein: müssen - in besser bezahlte Berufe gehen. Von dem Erziehergehalt kann eine Familie nicht ernährt werden." Sie arbeitet seit 23 Jahren als Erzieherin, an dem Problem habe sich seitdem nicht viel geändert. Ein Erzieher bekommt heute rund 2200 Euro brutto im Monat, viele arbeiten aber nur in Teilzeit. Anfang November gab es 110 Euro mehr. "Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Wilhelm Hegermann, Fachsbereichsleiter für Kinder- und Jugendarbeit bei der Kreisverwaltung. "Langfristig muss sich das gesellschaftliche Bild von dem Beruf ändern." Die Anforderungen an das pädagogische Personal wachsen stetig, sagt er. Hegermann: "Die Kindergärten haben eine enorme Verantwortung. Das muss den Menschen bewusst werden."

Claus Freymuth vom Kindergarten Ehmkenberg in Bad Oldesloe ist einer der wenigen Erzieher im Kreis. Wie seine sechs Kolleginnen besucht er im Schnitt zwei Fortbildungen im Jahr, außerdem berufsbegleitende Weiterbildungen. Der 56-Jährige muss von seinem Gehalt zwar keine Familie ernähren. "Aber selbst wenn, würde ich nichts anderes machen wollen", sagt Freymuth, der seit zehn Jahren in dem Kindergarten arbeitet. Er findet es falsch, wenn von Erziehern verlangt wird, eine Art Vaterrolle auszufüllen. "Bei uns übernimmt Herr Freymuth die gleichen Aufgaben wie die Kolleginnen", sagt die stellvertretende Leiterin Monika Schneider. Auch die Kinder würden keinen Unterschied machen.

Doch im Alltag vieler Kinder fehlt häufig der Vater, weil er viel arbeitet oder von der Mutter getrennt lebt, die für die Kinder zu Hause dann die einzige Bezugsperson ist. Im Kindergarten treffen die Kinder auf Erzieherinnen und in der Grundschule auf Lehrerinnen. Deshalb fordert Henning Fillies (35) vom Kindergarten Löwenzahn in Glinde: "Auch in der Grundschule sollten mehr Lehrer tätig sein. Gerade Jungs in dem Alter brauchen auch männliche Ansprechpartner." Es gebe auch Probleme, über die Kinder mit Pädagogen besser reden könnten als mit den eigenen Eltern. Fillies arbeitet seit elf Jahren als Erzieher und hat festgestellt, dass seine männlichen Kollegen lieber in der Jugendarbeit tätig sind.

Das bestätigt Lars Bardua, Leiter einer Kindertagesstätte in Reinbek. Und auch Wilhelm Hegermann sagt: "Kinder in Tageseinrichtungen zu erziehen, gilt für die meisten Männer nun mal als klassischer Frauenberuf." Was motiviert Männer, dennoch Erzieher zu werden? Claus Freymuth hat eine einfache Antwort: "Bei einer Verabschiedung sagte ein Junge zu mir: Claus, wenn ich mit der Schule fertig bin, werde ich auch Erzieher. Dann können wir zusammenarbeiten."