Schüler sollten den Mut haben, vorgegebene Verhaltenspfade zu verlassen - und sich ihrer eigenen Stärken bewusst werden.

Ahrensburg. Mädchen spielen mit Puppen. Sind sensibel. Fleißig in der Schule und finden Jungs blöd. Jungen kicken am liebsten auf dem Fußballplatz. Sind hart im Nehmen. Stören ständig im Unterricht und finden Mädchen zickig. Doch so weit voneinander entfernt, wie es die Rollenbilder suggerieren, sind die beiden Geschlechter gar nicht.

"Es gibt nicht den typischen Jungen und nicht das typische Mädchen", sagt Martin Karolczak, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Uni Hamburg. "Die Unterschiede innerhalb einer Mädchen- oder Jungengruppe sind viel größer als die Unterschiede zwischen den Geschlechtern." Heute Abend spricht der 42-Jährige im Schulzentrum am Heimgarten in Ahrensburg zum Thema "Jungs sind anders - Mädchen auch".

"Häufig wird nur auf die negativen Seiten bei den Jungen geschaut. Über ihre Potenziale wird viel zu wenig gesprochen", sagt Karolczak. Es herrsche immer noch eine rigide Vorstellung davon, wie Jungs sein sollten. "Schnellster, Bester, Erster. Aber das Rollenbild sollte erweitert werden." Wichtig sei, den Jungs Mut zu machen, auch ihre sozialen Kompetenzen zu entwickeln - etwa Gefühle zu zeigen.

Während Martin Karolczak heute Abend die Sichtweise der Jungen vertritt, widmet sich Ute Sauerwein-Weber, Jugendbildungsreferentin der Stadt Bargteheide, der Perspektive der Mädchen. "Das Hauptproblem ist, dass Mädchen oft nicht den Lebensentwurf leben können, mit dem sie zufrieden sind. Der gleichberechtigt ist." Zwar sei bewiesen, dass Mädchen bessere Schulabschlüsse als Jungen machten, aber im Berufsleben fände das keinen Niederschlag. "Frauen liegen mit ihrem Einkommen immer noch 20 Prozent unter dem der Männer", sagt die Mutter von vier Töchtern. "Mir ist es wichtig, Mädchen Mut zu machen, ihren Weg zu gehen - unabhängig von allen klischeehaften Bildern."

Und was sagen Kinder und Jugendliche? "Einen großen Unterschied zwischen Jungs und Mädchen gibt es nicht", sagt Max Rünzel. "Höchstens auf der emotionalen Ebene." Jungs hätten eben ein dickeres Fell. "Mädchen sind sensibler und auch rücksichtsvoller", sagt der 18-Jährige. Sein Klassenkamerad Dominic Lesinski (17) ist vor allem von einer Fähigkeit der Frauen beeindruckt: "Multitasking. Das finde ich super und würde ich auch gern können." Genervt sei er von Mädchen, wenn sie "viel Wind um nichts" machten. "Wenn sich etwa gute Freundinnen lauthals in der Öffentlichkeit streiten, und kurz darauf ist wieder alles in Ordnung."

Juliane Kirchmair (17) ist der Auffassung, dass es mehr von der Persönlichkeit als dem Geschlecht abhängt, wie jemand tickt. "Es stimmt jedoch, dass wir empfindsamer sind und uns mehr Gedanken machen als die Jungs", sagt sie. Dadurch hätten es die Jungs allerdings manchmal auch leichter. Und was könnten sich die Kerle von den Mädels abgucken? "Wir quatschen gern und viel - ich würde mir wünschen, dass Jungs mehr über ihre Gefühle reden."

Johann Scherm (14) findet Mädchen eigentlich ganz in Ordnung. "Sie sind freundlich und sehen gut aus." Doch von den Interessen her passten Jungs schon besser zusammen. "Mädchen verstehen zum Beispiel nicht, dass wir uns Boxen im Fernsehen anschauen. Für uns ist das Sport, für Mädchen sinnlose Prügelei", sagt er. Dafür seien für ihn Mode- und Glamour-Zeitschriften langweilig. "Mädchen reagieren außerdem schnell über und können nicht über das lachen, was wir lustig finden."

Das könne manchmal auch daran liegen, dass Jungs selbst in ernsten Situationen Witze machen würden, meint Tabea Theißen (14). "Aber generell gibt es nicht viele Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen. Ich spiele zum Beispiel auch Fußball und bin HSV-Fan." Zum Glück ließe es auch langsam nach, dass die Jungs so kindisch seien. "Gut finde ich an Jungs, dass sie sich beim Streiten einmal richtig zoffen, und dann ist es wieder gut. Mädchen zicken sich wochenlang an. Das ist viel anstrengender."

Auch Lilli Stenzel (11) fällt sofort ein, was sie an Jungs gut findet: "Sie behalten Geheimnisse für sich. Mädchen versprechen es zu tun, verraten aber trotzdem alles weiter." Und was nervt sie? "Jungs spielen immer nur Fußball. Das macht mich verrückt", sagt sie. "Und sie sind viel lauter als wir. Zumindest machten Jungs häufiger Quatsch im Unterricht, sagt ihr Klassenkamerad Florian. "Und wir interessieren uns mehr für Computerspiele als Mädchen", sagt der Elfjährige. Dafür könne man mit Mädchen gut reden. "Weil sie besser zuhören als Jungs." Unterm Strich verständen sich die beiden Geschlechter also ganz gut. Florian schmunzelt und sagt: "Mädchen sind eben nur ein bisschen anders als Jungs."